Biographie

Stoob, Heinz

Beruf: Historiker
* 3. Dezember 1919 in Hamburg
† 13. März 1997 in Münster

Heinz Stoob ist in Hamburg geboren und auch während seiner langen Tätigkeit im westfälischen Münster Hamburger und Hanseat geblieben, doch sein wissenschaftliches Werk ist auf vielfache Weise mit dem deutschen Osten verbunden.

Der Grund dafür wurde wohl bereits während seines Studiums gelegt, das er nach dem Abitur an der Oberrealschule St. Georg schon 1942 an der Universität seiner Vaterstadt begann und nach kriegsbedingter Unterbrechung 1950 durch die Promotion mit einer Arbeit zur Geschichte der dithmarsischen Geschlechterverbände abschloß. Mit dieser Themenwahl blieb er – wie auch später mit der Habilitationsschrift, die wiederum Dithmarschen, dieses Mal seiner Geschichte im Regentenzeitalter galt – im norddeutschen Küstenbereich seiner engeren Heimat. Doch bereits in dieser Hamburger Studienzeit erfolgten die entscheidenden persönlichen Begegnungen, die ihm den Weg zur wissenschaftlichen Beschäftigung mit der Geschichte Ostmitteleuropas wiesen. Es war wohl allen voran der aus dem böhmischen Reichenberg stammende, frühere Breslauer Ordinarius Hermann Aubin, sein Doktorvater, der hier die Weichen gestellt hat. Aubin ist es auch gewesen, der 1947 Walter Kuhn nach Hamburg geholt hat, der hier eine lebendige Schule der Erforschung der deutschen Ostsiedlung begründete. Doch in Hamburg arbeitete damals für einige Zeit auch der Danziger Erich Keyser, und er ist es auch gewesen, der in seiner 1949 begründeten Forschungsstelle für Städtegeschichte in Marburg a.d. Lahn Heinz Stoob die materielle Grundlage für die Ausbildung für den Archivdienst bot und ihn gleichzeitig an die vergleichende Städteforschung heranführte. Mit diesen drei Namen – Aubin, Kuhn und Keyser – verbindet sich im methodischen Bereich der interdisziplinäre Zugriff der Kulturraumforschung, die kartographische Methode und die Stadtplanforschung. Heinz Stoob hat all dies sehr früh im Rahmen seiner allgemeinen Forschungen zum europäischen Städtewesen gezielt auf Ostmitteleuropa angewandt, als er für den 1959 erschienenen „Atlas Östliches Mitteleuropa“ eine Kartenfolge zur Ausbreitung der abendländischen Stadt in diesem Bereich erarbeitete und die darin vorgelegten Ergebnisse in mehreren Aufsätzen theoretisch untermauerte. Nach den Marburger Lehrjahren bei Erich Keyser und auf der Archivschule ist Heinz Stoob 1954 in den Archivdienst der Hamburger Landeskirche getreten, habilitierte sich daneben 1958 unter der Ägide Otto Brunners an der Hamburger Universität, war dort als Privatdozent tätig und wurde schließlich 1964 auf den Lehrstuhl für Westfälische Landesgeschichte und Mittelalterliche Geschichte an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster i.W. berufen. Von diesem Lehrstuhl aus hat Heinz Stoob starke Impulse auf die europäische geschichtliche Städteforschung ausgeübt, nicht zuletzt durch das von ihm 1969/70 begründete „Institut für vergleichende Städtegeschichte“, das die Arbeit der Keyserschen Forschungsstelle fortsetzte, und durch den ebenfalls auf Stoobs Initiative zurückgehenden Sonderforschungsbereich „Vergleichende geschichtliche Städteforschung“, der von 1976-1986 an der Universität Münster bestanden hat und in dem zahlreiche Projekte des Instituts gefördert wurden.

In diesem Forschungsambiente hat Heinz Stoob sich immer wieder mit Fragen und Problemen des östlichen Mitteleuropa befaßt. Die Arbeiten am „Deutschen Städteatlas“ schließt die Dokumentierung ostdeutscher Städte mit ein, und der 1987 erschienene erste Teil einer „Bibliographie zur deutschen historischen Städteforschung“ erfaßt das Schrifttum über insgesamt 132 Städte in Ost-und Westpreußen, Pommern und Schlesien. Das sind Ergebnisse der Grundlagenarbeit des von Heinz Stoob gegründeten Instituts, aber auch seine eigenen Einzelarbeiten behandeln in einer langen Reihe von Aufsätzen immer wieder Themen vom hansischen Ostseebereich bis hin nach Siebenbürgen. Nicht wenige davon verdanken ihre Entstehung dem besonderen Interesse ihres Verfassers an Kaiser Karl IV., aber der zeitliche Rahmen spannt sich weiter: von der Edition der Chronik des die Anfänge der Ostsiedlung schildernden Helmold von Bosau im 12. Jahrhundert bis hin zur siebenbürgischen Geschichtsschreibung des 19. und 20. Jahrhunderts. Publiziert hat er einige dieser Arbeiten in den Sammelbänden der von ihm herausgegebenen Reihe „Städteforschung“, die die Ergebnisse der regelmäßigen Jahrestagungen des „Instituts für vergleichende Städtegeschichte“ der wissenschaftlichen Öffentlichkeit zugänglich macht. Auf diesen Tagungen, die zur Begegnungsplattform der an der europäischen Stadtgeschichtsforschung Interessierten geworden ist, hat Heinz Stoob sich seit vielen Jahren bemüht, die Kontakte der Forscher in der Bundesrepublik mit ihren aus Polen, der Tschechoslowakei und aus Ungarn zu fördern. Dem Bemühen um wissenschaftliche Kommunikation hat Stoob sich auch in den mannigfachen wissenschaftlichen Organisationen verschrieben, die ihn zu ihrem Mitglied beriefen und denen nur die Internationale Kommission für Städtegeschichte, die Historische Kommission für Schlesien und der Herder-Forschungsrat genannt seien. Auch nach seiner Emeritierung fahre 1985 ist Heinz Stoob unermüdlich tätig gewesen, und die Erforschung von Geschichte und Kultur des östlichen Mitteleuropa bleiben weiterhin in seinem Blickfeld.

Zum Werk Heinz Stoobs vgl. das Schriftenverzeichnis in: Civitatum Communitas. Studien zum europäischen Städtewesen. Festschrift Heinz Stoob zum 65. Geburtstag, mit Friedrich Bernward Fahlbusch und Bernd-Ulrich Hergemöller herausgegeben von Helmut Jäger, Franz Petri, Heinz Quirin, Köln/Wien 1984, S. 875-883, sowie die dort vorgetragenen Würdigungen von Helmut Jäger und Franz Petri.