Biographie

Tank, Kurt

Herkunft: Posener Land, Westpreußen
Beruf: Flugzeugkonstrukteur
* 24. Februar 1898 in Bromberg/Posen
† 5. Juni 1983 in München

Kurt Tank wurde als Sohn eines Strombauwartes der wasserbautechnischen Kanalverwaltung im Bromberger Stadtteil Schwedenhöhe geboren. Er besuchte in Nakel, einem westlich von Bromberg gelegenen Städtchen, das Gymnasium, das er 1914 nach bestandenem Abitur verließ. Als Kriegsfreiwilliger trat er in das Grenadier-Regiment zu Pferde in Bromberg ein, wurde aber 1915 in das Infanterie-Regiment Nr. 71 versetzt und in diesem 1916 zum Leutnant befördert. Im April 1919 schied er aus dem Heeresdienst aus und arbeitete von Mai bis November desselben Jahres in der Berliner Maschinenfabrik Orenstein & Koppel als Praktikant. Anschließend studierte der technisch interessierte und flugbegeisterte Bromberger bis 1924 an der Technischen Hochschule in Berlin-Charlottenburg (Elektrotechnik und Maschinenbau) und an der Berliner Universität bei Albert Einstein (Theoretische Physik). Der Start in das Berufsleben im April 1924 war für Tank zugleich der entscheidende Schritt: Er wurde Leiter der Aerodynamischen Abteilung und der Flugerprobung beim Rohrbach-Metallflugzeugbau. Von nun an war der Flugzeugbau sein Lebensinhalt. 1930 bis 1931 war er bei den Bayerischen Flugzeugwerken tätig. Im November 1931 wechselte er als technischer Leiter und Chefkonstrukteur zu Focke-Wulf in Bremen, wo er bis 1945 blieb. Hier entstand die große Reihe seiner erfolgreichen Flugzeugtypen, die er alle selber testete. Von seinem Reißbrett stammte das viermotorige Großverkehrs- und Langstreckenflugzeug „Condor" (FW 200/C), das 1938 als erste Passagiermaschine im Nonstopflug in 45 Stunden den Atlantik überquerte. Er konstruierte das Übungsflugzeug „Weihe" mit dem ersten Einziehfahrwerk, die FW „Stieglitz", „Stößer" und die Kriegstypen FW 187, 189 und 190. Die FW 189 war der bis 1941 modernste Aufklärer mit Doppelrumpf. Das seinerzeit schnellste Jagdflugzeug der Welt wurde die Ta 152, der gegen Ende des Krieges eingesetzte erste „Düsenjäger". Mit dieser Konstruktion eines Höhenjägers mit Druckkabine gelang ihm der Sprung ins Zeitalter der Strahlflugzeuge. Die fertigen Baupläne für eine Weiterentwicklung dieses Jägers (Ta 183), die in Berlin zur Entscheidung vorlagen, fielen dort bei Kriegsende den sowjetischen Truppen in die Hände. Nach Ansicht deutscher Fachleute wurden sie zur Grundlage der MiG 15, die im Koreakrieg verwendet wurde. Am 12. Januar 1940 wurde Tank durch die Verleihung der Lilienthal-Gedenkmünze besonders ausgezeichnet, 1943 bekam er den Professorentitel verliehen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg, als in Deutschland an Flugzeugbau zunächst nicht zu denken war, wurde Tank von der Sowjetunion eingeladen, für diese zu arbeiten. Er lehnte aber ab und ging stattdessen nach Argentinien. Dort entwickelte er im Auftrag der Regierung den Düsenjäger „Pulqui II" („Pfeil"), der eine Geschwindigkeit von 1035 km erreichte. Kurz nach dem Sturz des Präsidenten Juan Perón wechselte Tank mit 14 deutschen Mitarbeitern nach Indien. Von 1956 bis 1967 konstruierte er in Bengalore den „Hindustan Fighter HF 24", einen Überschalljäger, dessen Prototyp er ebenfalls selbst erprobte, obwohl er damals bereits über 60 Jahre alt war. Nach dem Urteil westlicher Militärfachleute war dieses Flugzeug dem damals in der NATO geflogenen Typ Fiat G 91 durchaus ebenbürtig. Von der HF 24 erhielt die indische Luftwaffe nur 95 Stück, da die Serienherstellung unter dem damaligen russophilen Verteidigungsminister Krishna Menon eingestellt und dafür die sowjetische MIG 21 in Lizenz nachgebaut wurde. Da man die HF 24 zusammen mit Ägypten weiterzuentwickeln beabsichtigte, ging Tank nach Ägypten, wo er auch eine Luftfahrtindustrie aufbauen sollte. Aber beide Pläne scheiterten infolge des Sechstagekrieges im Juni 1967. Tank kehrte nach Deutschland zurück und nahm in München seinen Wohnsitz. Noch im Alter befaßte er sich mit der Konstruktion eines Hybridflugzeugs, halb Hochgeschwindigkeitsflugzeug, halb Helikopter.

Professor Tank war einer der erfolgreichsten und bekanntesten deutschen Flugzeugkonstrukteure. Er begleitete alle wesentlichen Entwicklungen im deutschen Flugzeugbau vor 1945, vom Segelflieger bis zum ersten Düsenjäger der Welt, und hatte über fünfzig Jahre lang maßgeblichen Anteil an der Entwicklung der deutschen und internationalen Luftfahrt.

Lit.: H. Conradis: Nerven, Herz und Rechenschieber. Kurt Tank, 1955. – H. Winter: Kurt Tank, in: Zeitschrift für Flugwissenschaft 11 (1963). – Der Westpreuße 20 (1968), Nr. 4, S. 4; 30 (1978), Nr. 4, S. 10; 35 (1983), Nr. 12, S. 2. – Bromberg 20 (1978), Nr. 56, S. 11; 25 (1983), Nr. 71, S. IV. Bild: Pressearchiv „Der Westpreuße«, Münster i. W.