Als Nicodemus Tessin dreizehn Jahre alt war, wurde seine Heimatstadt Stralsund vergeblich von Wallenstein im Dreißigjährigen Krieg belagert. Als er fünfzehn Jahre alt war, landete König Gustav von Schweden in Vorpommern. Mit dem Westfälischen Frieden von 1848 fiel ganz Vorpommern, Stettin und ein Teil östlich der Oder an Schweden. Viele begabte Söhne aus dieser Region Pommerns gingen in schwedische Dienste, so auch Nicodemus der Ältere, der eine Lehre als Baumeister hinter sich hatte. Seine Auftraggeber, der schwedische Adel, durch Kriegsgeschäft und reiche Beuten wohlhabend geworden, ließen sich prachtvolle Landschlösser bauen. Nicodemus verschmolz in seinen Bauten niederländische, italienische und französische Baustile, die er auf zahlreichen Reisen kennenlernte und trug schöne Bauvorbilder aus seiner hansischen Heimatstadt Stralsund in sich. Das schwedische Königshaus war auf ihn aufmerksam geworden. Die Witwe Karls X., Königin Hedwig Eleonore aus dem Hause Holstein Gottorp, gab ihm den Auftrag, das 1661 einem Feuer zum Opfer gefallene Schloß Drottningholm (an der Ostseite der Insel Lofö, unweit von Stockholm) wieder aufzubauen. Aber es sollte ein prachtvolles Lustschloß werden. So baute Nicodemus Tessin das „Schwedische Versailles“, das schönste und größte Lustschloß des Landes mit Glanz und Prunk, umgeben von einem weitläufigen Park; bis heute noch der größte bauliche Anziehungspunkt unter Schwedens Profanbauten. Aber auch der Dom zu Kalmar gibt berühmtes Zeugnis von der überragenden Baukunst des Stralsunders Tessin neben anderen Kirchen und Adelspalästen. Nicodemus Tessin der Ältere starb als schwedischer Hofarchitekt und hinterließ seinen Sohn Nicodemus d. Jüngere, 1654 in Nyköping geboren, in den schwedischen Grafenstand erhoben, der als Baumeister Hauptvertreter des schwedischen Barocks wurde und 1728 in Stockholm verstarb.
