Biographie

Teutsch, Friedrich

Herkunft: Siebenbürgen
Beruf: Theologe
* 16. September 1852 in Schäßburg/Siebenbürgen
† 11. Februar 1933 in Hermannstadt/Siebenbürgen

Friedrich Teutsch gehört zu den repräsentativsten Gestalten des siebenbürgisch-sächsischen Kulturlebens in den Jahren von 1880-1930. Er vereinigt in seiner Person und in seinem Werk die Bestrebungen und Tätigkeiten, die für die geistige Struktur des sächsischen Volkes zu dieser Zeit charakteristisch sind. In ihm sind die Tätigkeiten des Historikers, des Publizisten, Pädagogen, Rechtsgelehrten, Volksführers, Pfarrers und Bischofs eng flochten.

Als Sohn des Gymnasialdirektors und nachmaligen Bischofs Georg Daniel Teutsch wurde Friedrich Teutsch 1852 in Schäßburg  geboren.  Nach Absolvierung des Gymnasiums in seiner Heimatstadt, lernte er auf der Rechtsakademie in Hermannstadt die geltenden Gesetze und die Verfassung Siebenbürgens kennen. 1870-1872 studierte er in Heidelberg Geschichte und Theologie, wobei ihn besonders Heinrich von Treitschke, dessen Vorlesungen über die Reformation er hörte, tief beeindruckte. 1872/73 hielt er sich zur Fortführung seiner Studien in Leipzig auf; er trat mit bedeutenden Männern des dortigen geistigen Lebens, so mit dem Dichter Gustav Freytag, in Verbindung und vervollkommnete sich in der Methode der historisch-kritischen Geschichtsforschung. Während seines Aufenthaltes in Berlin 1873/74 galt sein Interesse vor allem dem politischen und kirchenpolitischen Leben, an dem er regen Anteil nahm. Mit einer Dissertation über „Die Union der drei Nationen in Siebenbürgen“ schloss Teutsch seine Studien in Heidelberg ab. In die Heimat zurückgekehrt, wurde er Lehrer an der Seminarabteilung des Hermannstädter Gymnasiums, auf der die Volksschullehrer ausgebildet wurden. Seit 1889 war er Rektor der Lehranstalt, die unter seiner Führung 1894 zur zentralen Ausbildungsstätte für alle Lehrer im Bereiche der Siebenbürgisch-sächsischen Landeskirche umgebildet wurde. Mit der Erziehung und Vorbereitung der Volksschullehrer hat Teutsch einen hervorragenden Beitrag auf dem Gebiete des Schulwesens und der Volkserziehung geleistet. Durch seine gründliche Kenntnis des Schulrechts konnte er auch in späterer Zeit entscheidend für die Verteidigung der von der Kirche erhaltenen und ihr unterstehenden Schule eintreten.

Teutsch war auch ein regelmäßiger Mitarbeiter in der Redaktion des „Siebenbürgisch-Deutschen Tageblattes“, der führenden Zeitung der Siebenbürger Sachsen. Seine publizistische Tätigkeit stellte er in den Dienst des Volkstumskampfes und der Förderung des kulturellen Innenlebens. Gleichzeitig entfaltete er eine rege Tätigkeit in den verschiedensten Vereinen, die viel zur Stärkung des Nationalbewußtseins beitrugen.

1894 übernahm Teutsch die Leitung des Vereins für Siebenbürgische Landeskunde, in dessen Zeitschrift die Geschichts- und Naturwissenschaftler ihre Arbeiten veröffentlichten. Teutsch konnte schon auf viele eigene wissenschaftliche Arbeiten zurückblicken. Als Geschichtsschreiber setzte er das Werk seines Vaters fort, indem er dessen Geschichte der Siebenbürger Sachsen, die bis zum Jahre 1699 reichte, überarbeitete und bis zur Gegenwart fortführte. Mit zahlreichen wertvollen Einzelarbeiten zum sächsischen Humanismus, zur Reformation und zur Schul- und Bildungsgeschichte, vor allem auch durch seine umfangreiche, zweibändige Kirchengeschichte wurde Fr. Teutsch zum fruchtbarsten Geschichtsschreiber der Siebenbürger Sachsen. Seine Darstellung ist durch Einfachheit und Sachlichkeit gekennzeichnet. Von 1896-1903 war Teutsch Landpfarrer in Großscheuern neben Hermannstadt, doch stand er auch seit 1899 als „Superintential“ (Bischofsvikar) an verantwortlicher Stelle in der Gesamtleitung der Kirche. In die Zeit seines Großscheuerner Pfarramtes fällt auch seine Wahl in den Zentralvorstand des Gustav-Adolf-Vereins. Bei zahlreichen Tagungen machte Teutsch auf die Lage der siebenbürgischen evangelischen Kirche aufmerksam und erreichte dadurch manche wertvolle Anteilnahme der deutschen evangelischen Kirchen. Die kurze Zeit seiner Wirksamkeit als Pfarrer von Hermannstadt, der größten Pfarrgemeinde der Kirche, ist durch die Neuordnung des gottesdienstlichen Lebens, den Ausbau der Schule und die Einteilung der Seelsorgebezirke gekennzeichnet. Somit trat Teutsch, als er 1906 zum Bischof gewählt wurde, in einen Wirkungskreis ein, der ihm schon reichlich bekannt war. Die Kirche hatte seit der Einführung ihrer neuen Verfassung von 1861 einheitliche Organisation erhalten, in der die Mitglieder der einzelnen Körperschaften in Gemeinde, Bezirk und Gesamtvertretung durch Wahl hervorgingen. Die Kirchenverfassung konnte auch an die Stelle einer völkerrechtlichen Organisation treten, da sie sämtliche sächsischen Gemeinden erfaßte. Das wurde von besonderer Bedeutung, als die jahrhundertealte  sächsische Universität, die bis 1876 die Verwaltungs- und Gerichtsbehörde der Sachsen bildete, im Jahre 1876 durch Parlamentsbeschluß aufgelöst wurde. Für Fr. Teutsch war es eine Selbstverständlichkeit, daß die Kirche die Volksinteressen wahrzunehmen habe. Er wehrte sich gegen, in ihr bloß die Rechtsnachfolgerin der Nationaluniversität zu sehen. Vielmehr hat sie den äußeren Rahmen mit religiösem,  innerem Leben zu erfüllen. Teutschs Wirksamkeit als Bischof ist bestimmt durch seine Glaubenshaltung und seine theologische Gesinnung. Entscheidend ist der Glaube und das Vertrauen in Gottes Führung, die Gewißheit der Gotteskindschaft und die Nächstenliebe. Der persönliche Glaube muß seine Verwirklichung in der Gemeinde finden. Die Güter der Kultur und Wissenschaft, das Brauchtum des Volkes müssen in das Licht der Ewigkeit gestellt und von dorther geheiligt werden.

Als Siebenbürgen nach dem Weltkrieg dem rumänischen Staat eingegliedert wurde, stellten sich für die von Teutsch geführte Kirche neue Aufgaben. Der Bestand der Schulen war gefährdet, weil durch die großen wirtschaftlichen Schädigungen des Gesamtvermögens des Sächsischen Volkes die nötigen Mittel zu ihrer Erhaltung kaum aufgeboten werden konnten. Es gelang mit viel Mühe, die Schularbeit im bisherigen Rahmen weiterzuführen. Zum andern kam es darauf an, durch Umarbeitung der Kirchenverfassung die evangelische Kirche in die neuen staatlichen Verhältnisse einzufügen. Es gelang, die bisher vorwiegend sächsische-evangelische Kirche zur evangelischen Landeskirche in Rumänien, zu der nun auch die evangelischen Glaubensgenossen der übrigen Siedlungsgebiete gehörten, zu erweitern.

Die Berichte über das fünfzigjährige Dienstjubiläum Teutschs im Jahre 1926 bringen die Überzeugung zum Ausdruck, daß die schwersten Zeiten überwunden worden sind und daß sich trotz allen Gefahren im Innern das volkskirchliche Gefüge in seinen Grundzügen erhalten konnte. Das von Teutsch in Treue bewahrte und vermehrte Erbe hatte sich in seinen Grundzügen behauptet. Am 17. September 1932 dankte Fr. Teutsch vom Bischofsamt ab. Damit ging wohl auch eine besondere Periode im Leben des sächsischen Volkes und seiner Kirche zu Ende.