Biographie

Thomson, Erik

Herkunft: Baltikum (Estland, Lettland, Litauen)
Beruf: Redakteur, Schriftsteller
* 12. Februar 1915 in Dorpat/Estland
† 15. Dezember 1990 in Lübeck

In den baltischen Staaten Estland und Lettland herrschte seit dem 13. Jahrhundert eine deutsche Oberschicht, die das Bürgertum in den Städten und die Kaste der Großgrundbesitzer auf dem Land stellte. Dass es neben der deutschen auch eine schwedische Minderheit gab, ist weithin unbekannt. Diese schwedische Minderheit in Estland zählte in der Zwischenkriegszeit noch 9.000 Köpfe, heute leben nur noch 300 Schweden in Estland. Dass Erik Thomson, dessen Namen offensichtlich schwedischen Ursprungs sind, aus dieser Minderheit kommt, ist anzunehmen.

Geboren wurde er in Dorpat/Tartu, der zweitgrößten Stadt Estlands, deren Universität 1632 vom Schwedenkönig Gustav II. Adolf gegründet worden war. Von 1924 bis 1933 besuchte er die Domschule in der estnischen Hauptstadt Reval/Tallinn und studierte nach dem Abitur bis 1935 in seiner Heimatstadt Dorpat Landwirtschaft. Seine praktische Ausbildung in der Landwirtschaft erhielt er 1936/37 auf zwei estnischen Gütern, danach bewirtschaftete er den Rest des großelterlichen Gutes in Estland, bevor er am 1. März 1941 im Zuge der Aussiedlungsaktion der deutschen Minderheit seine Heimat verlassen musste. Er und seine deutsch-baltischen Landsleute aus Estland und Lettland wurden im „Warthegau“ angesiedelt, einem annektierten Gebiet, das bis zum Kriegsbeginn 1939 zu Polen gehört hatte. Hier wurde Erik Thomson das Gut Gallwiese zugewiesen, das er von 1942 bis 1944 bewirtschaftete, im Dezember 1944 wurde er noch, knapp fünf Monate vor Kriegsende, einzogen und geriet in Bayern in amerikanische Gefangenschaft, aus der er schon im Juni 1945 entlassen wurde. Er wurde in Gunzenhausen/Mittelfranken ansässig und war Mitbegründer der Heimatortskartei der Deutsch-Balten im Nachkriegsdeutschland, 1948 wurde er zum Beauftragten des „Hilfskomitees der Evangelisch-Lutherischen Deutsch-Balten“ für den Regierungsbezirk Mittelfranken ernannt. Vier Jahre nach Kriegs­­ende begann er, die 1932 in Kiel gegründete „Carl-Schirren-Gesellschaft“, die 1933/45 in Deutschland verboten war, zu reaktivieren und wurde ihr Vertreter in der amerikanischen und der französischen Besatzungszone. Der Historiker Max Hildebert Boehm (1891-1968), der 1951 in Lüneburg die „Nordostdeutsche Akademie“ gegründet hatte, nahm sich seiner an und machte ihn zum Geschäftsführer der „Carl-Schirren-Gesellschaft“, noch im gleichen Jahr 1951 wurde er Mitarbeiter des „Nordostdeutschen Kulturwerks“ und der „Ost-Akademie“. Die Geschäftsführung der Gesellschaft gab er 1969 ab, 1978 ging er in Rente.

Von Erik Thomson liegen 39 selbständige Veröffentlichungen vor, besonders in deutsch-baltischen Zeitschriften und Jahrbüchern. Für seine wissenschaftlichen Arbeiten ist er auch mehrfach ausgezeichnet worden, so mit dem „Goldenen Ehrenzeichen des Estnischen Nationalfonds“ (Stockholm 1965), mit dem „Goldenen Ehrenzeichen der Estnischen Volksgemeinschaft in der Bundesrepublik Deutschland“ (Münster 1968), mit der Ehrengabe des „Georg-Dehio-Preises“ der „Künstlergilde Esslingen“ (1968), mit dem „Goldenen Ehrenzeichen des Bundes der Vertriebenen“ (Bonn 1975), mit dem „Estnischen Orden vom Roten Kreuz“ (Stockholm 1980).

Werke: Das Baltikum in alten Ansichtskarten, Frankfurt/Main 1980. – Meine 960 Tage im „Reichsgau Wartheland“, Lüneburg 1985. – Schloss Ratshof, Lüneburg 1985. – Korps. Ein Herrenhof in Estland im Wandel der Zeiten, Lüneburg 1986. – Die Esten und ihr Land, Stockholm 1988.

Bild: Kulturstiftung.

Jörg Bernhard Bilke, 2017