Biographie

Bethlemfalva, Johann Thurzo von

Herkunft: Ungarn, Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Montaningenieur, Handelsherr
* 30. April 1437 in Leutschau
† 10. Oktober 1508 in Nagybánya

Die Ahnen der Familie sind österreichischen Ursprungs, und der Großvater von Johannes zog unter Kaiser Sigismund (1410-1437) nach Ungarn. Schon sein Vater Georg Thurzo wohnte in Leutschau, der damaligen Hauptstadt der deutschen Zips, und trieb Handel mit Kupfererzen. Die Familie gehörte dem ungarischen Kleinadel an und nannte sich seit 1430 nach dem Familienstammsitz„von Bethlemfalva“ (auch Bethlenfalva oder Bethlensdorf).

Johann Thurzo studierte in Padua und übernahm nach dem Tode seines Vaters das Geschäft als Handelsherr in Leutschau. Im Jahre 1463 zog er nach Krakau. Die Beziehungen zwischen dem damaligen Handelszentrum Krakau und der Zips waren vielfältig, seit 1412 die 13 Zipser Städte an Polen verpfändet worden waren. Krakau, damals eine fast deutsche Stadt, war seit 1370 sogar Mitglied der Hanse. Johann von Thurzo erwarb sich in Krakau das Bürgerrecht, wurde 1477 Ratsherr und wohnte in der reichsten Gegend der Stadt am Markt. Er war der Wissenschaft und der Kunst sehr zugetan und soll den berühmten Nürnberger Veit Stoß nach Krakau geholt haben. So brachte er mit anderen Handelsherren den höchsten Betrag für den Bau des großartigen Hochaltars in der Marienkirche in Krakau durch Veit Stoß auf. Er wurde als „erector et aedificator tabulae in Ecclesia V. Mariae“ bezeichnet, als der „Bauherr und Verweser der großen Toffel“. Von Johann Thurzo und seiner Familie wurden in Krakau viele bedeutende Stiftungen und Vermächtnisse für die Kirchen, Klöster und Spitäler der Stadt begründet.

Mit seiner Heimatstadt Leutschau hielt aber Thurzo stets Verbindung. Er unterhielt hier eine Zweigniederlassung und bis heute zeugt das Thurzo-Haus am Markt in Leutschau vom Stil eines vornehmen städtischen Kaufmannshauses. Es könnte sein, dass der Bildhauer Meister Paul, der in Leutschau Bürger war und hier und in der Umgebung reichliche und großartige Kunstwerke schuf, über Krakau aus der Schule von Veit Stoß durch die Vermittlung von Johann Thurzo nach Leutschau gekommen ist. Die St. Jakobskirche in Leutschau und andere Kirchen in Neusohl und der Umgebung bedachte Thurzo mit reichlichen Stiftungen, so dass Meister Paul seine Kunst entfalten konnte. <p >Johann Thurzo betrieb einen umfangreichen Rohstoffhandel mit Kupfer, Silber und Blei in ganz Europa. Aber er verbesserte auch die Hüttentechnik. In Mügeln bei Krakau legte er mit seinem Schwager Johann Teschner eine Schmelzhütte an, um die Schmelztechnik von Erzen nach dem Seiger-Verfahren zu verbessern. Außerdem entwickelte er Methoden, um mit Gopelwerken das Wasser aus den Bergwerken das Wasser aus den Bergwerken zu heben. Die sieben niederungarischen Bergstädte Schemnitz (Silber), Kremnitz (Gold), Neusohl (Kupfer), Königsberg, Pukkanz, Libethen und Dilln schlossen mit Johann Thurzo 1475 einen Vertrag, um die Verhüttung ihrer Erze mit großem Erfolg zu fördern. So war Johann von Thurzo der beste Montantechniker seiner Zeit. <p >Im Jahre 1478 schloss Thurzo mit der Stadt Goslar einen Vertrag für das Rammelsberger Silberbergwerk, so dass der Bergbau hier wieder erblühen konnte. Nach kurzen Erfolgen zog er sich 1487 teilweise und 1496 endgültig wieder zurück.

Seit 1480 pflegte Johann Thurzo Kontakte zum großen Handelshause Jakob Fugger in Augsburg. In einem Vertrag 1494 kam es zum sogenanntenungarischen Handel. Es entstand damit das größte Montan-Unternehmen Europas. Da Thurzo für die Erzförderung in den sieben Bergstädten der Mittelslowakei vom ungarischen König Schutzbriefe erhalten hatte, konnte sich der Handel frei entfalten. So hieß es damals „Der Reichtum des Hauses Fugger ruht auf dem goldenen Kremnitz, dem silbernen Schemnitz und dem kupfernen Neusohl“ oder „Die goldenen Dächer von Augsburg ruhen auf dem kupfernen Neusohl“.

In Fortentwicklung der Unternehmung wurde 1503 der Fugger-Thurzo’sche Gesellschaft gegründet und die Interessen reichten bis in das Montanrevier von Siebenbürgen (Rumänien). In jenen Jahren stieg die Produktion von Kupfer aus Oberungarn auf 1.900 Tonnen jährlich, die von Silber auf ca. 3 Tonnen; der Gewinn der Gesellschaft lag bei ca. 800.000 Gulden bei getätigten Investitionen von 200.000 Gulden. Zwischen den beiden Häusern Fugger und Thurzo gab es durch Heirat auch familiäre Bindungen.

Johann Thurzo starb 1508 in Nagybánya (heute Baia Mare, Rumänien) und sein Sohn Georg trat seine Nachfolge an. Im Jahre 1526 schied das Haus Thurzo aus der Gesellschaft mit dem Hause Fugger aus. <p >Johann von Thurzo war im deutschen Leutschau und in den deutschen Bergstädten ein großer Förderer der Wirtschaft und der Kunst und damit auch ein bedeutender Beförderer des deutschen Elements in ganz Oberungarn.

Lit.: Karpatendeutsche Lebensbilder S. 13. – Sudetenland 1/1999, S. 63.

Bild: Epitaph in der Jakobskirche zu Leutschau.

Hans Kobialka