Er war der Sohn des Rigaer Bürgermeisters Friedrich Timm und der Pastorentochter Julianna geb. von Zimmermann. Er wuchs in einem hochkultivierten Elternhaus auf, in welchem die Künste gepflegt wurden. Ersten Zeichenunterricht erhielt er bei Johnn Karl Bähr, dem späteren Dresdener Akademieprofessor, der zwischen 1829 und 1832 als Zeichenlehrer in Riga tätig war und der in dieser Zeit Vater Bürgermeister Friedrich Timm porträtierte. Nach dem Besuch der Landesschule Birkenruh ging Timm 1835 als freier Zuhörer an die St. Petersburger Akademie und studierte als Gastschüler bei dem deutschbaltischen Schlachtenmaler Alexander Gottlob Sauerweid, bei dem er anfangs wohnte. Sauerweid war auch Zeichenlehrer bei der kaiserlichen Familie und so machte er Timm mit Kaiser Nikolaus I. bekannt, welcher ihn durch Aufträge förderte. Mit einem Gemälde von einer Gruppe Ulanen erwarb er 1837 die Kleine Silberne Medaille, 1839 die Große Silberne Medaille und den Künstlerrang. Nach einer Deutschlandreise 1839 wohnte er in St. Petersburg bei dem Schriftsteller Nicolai Gretsch. 1844 studierte er in Paris bei dem französischen Schlachtenmaler Horace Verent, den er bereits 1835 in St. Petersburg kennen gelernt hatte. Mit ihm unternahm er eine Künstlerreise nach Algier, wo u.a. zahlreiche Studien aus dem Volksleben entstanden. Seine Schwester Emilie, seit 1839 verheiratet mit dem Maler Karl Brüllow, war in Paris Schülerin von Frédéric Chopin, dessen Bekanntschaft er machte. Diese zwei Jahre waren eine Zeit reicher Ernte, mehrere Gemälde, Ölstudien, Zeichnungen und Skizzen entstanden, davon er manches im Pariser Salon 1846 ausstellte, auch arbeitete er für Pariser Journale. Ein Spiegel seines treuherzigen Wesens sind die Briefe an seinen Vater aus den Jahren 1841-1846 (s.a.O.). 1846 kehrte er nach St. Petersburg zurück, wo er die Verlängerung seines Reisestipendiums erreichte. Einige Zeit lebte er in Riga. Dort heiratete er die Rigenser Kaufmannstochter Emilie Pfab. Mit ihr reiste er 1847 wieder nach Paris, kehrte aber durch den Ausbruch der Revolution nach Rußland zurück. 1849/50 war er bei einem Armeeeinsatz im Kaukasus, um dort Studien für militärische Zwecke zu machen. Er begründete die „Russischen Kunstbriefe (Russkij Chudožestvennyi Listok)“, die von 1851 bis 1862 mehrmals im Monat erschienen, wo „alles was im Laufe dieser 12 Jahre in Russland und auch im Auslande Wichtiges passiert, in künstlerischer Wiedergabe dem Publikum vorgeführt wird“ (Briefe). Ein Mitarbeiter war sein Landsmann August Daugull, der eine große Anzahl von Holzstichen nach Vorzeichnungen von Timm anfertigte. Auch Zeichnungen anderer Künstler wurden dort veröffentlicht, ebenso Gemälde bekannter Meister der Vergangenheit. Timm hatte in Frankreich Kenntnisse zu den neuesten Entwicklungen in der Reproduktions- und Drucktechnik erworben, was seinem vielfältigen Schaffen in Rußland wirksame Umsetzung ermöglichte.
Im Gefolge des Kaisers reiste er 1852 nach Hapsal, Reval und Finnland. 1855 wurde Timm von der St. Petersburger Akademie zum Akademiker ernannt. Eine große Ehre wurde ihm zuteil, als er die jungen Großfürsten 1855 zu dem Kriegsschauplatz auf der Krim zu begleiten hatte und um zugleich als Kriegsmaler die Geschehnisse festzuhalten. Er wurde daraufhin mit der „Medaille für die Verteidigung Sewastopols“ ausgezeichnet. Zur Aufnahme zahlreicher baulicher Details, historischer Innenräume, besonderer Gegenstände u.a. im Kreml, in Kirchen und Klöstern arbeitete er 1865 einige Zeit in Moskau. Ein Augenleiden zwang ihn jedoch sein vielfältiges Schaffen, welches ihn beziehungsreich in seiner Zeit und im Besonderen im russischen Kunstleben wirken ließ, aufzugeben. 1867 ließ er sich in Berlin nieder. Nach Wiederherstellung der Sehkraft beschäftigte er sich erfolgreich mit Porzellan- und Fayencemalerei „und es gelang ihm auf diesem Gebiet viel Neues und Interessantes zu schaffen.“ (Neumann). 1868 reiste er nach Livland und 1871 nach Italien. In Deutschland bekannt wurde besonders die Fayence-Malerei Eine Antilopenjagd nach Paul Meyerheim als eine Übertragung des beliebten Gemäldes im Antiopen-Haus des Berliner Zoos, das der Witterung nicht stand gehalten hatte und von Timm auf über 350 Fayence-Kacheln übertragen wurde, was wohl auch als eine nähere Verbundenheit zu dem damals beliebten Berliner Maler zu deuten ist, obwohl sich Timm immer, von seiner journalistischen Arbeit her, uneigennützig für die Künstlerschaft eingesetzt hatte.
Aus Timms riesigem Skizzenfundus entstanden für die KPM „Porzellandekore mit Motiven von Flora und Fauna, Porträts, Genrekompositionen, historische Sujets und Jagdszenen, auch Entwurfszeichnungen zur Bemalung von Tellern, Bierkrügen, Vasen etc.“ (N. Kalugina). Wiederholt wurde ihm die Leitung der Kgl. Porzellan-Manufaktur angetragen, aber er wollte seine künstlerische Unabhängigkeit nicht aufgeben. Von Kaiser Wilhelm I. wurde er zum Professor ernannt.
Timm war ein vielseitiger Künstler, der in seiner frühen Schaffensperiode auch „eine ausgesprochene Neigung zur satirischen Darstellung zeigte“ (Briefe); bemerkenswert sind mehrere Lithographiefolgen, wie sie zur damaligen Zeit beliebt waren: Costumes russes, Croquis russes und Attelages russes von 1844. Besonders mit seiner Zeitschrift erwarb er große Verdienste um das Genre des Ereignisbilds. Er schuf fein ausgeführte Aquarelle zur russischen Geschichte sowie Landschaftsaquarelle. In die russische Kunstgeschichte ging sein Gemälde Der Aufstand vom 14. Dezember 1825 ein, das 1853 im Auftrag Kaiser Nikolais I. entstand, zur Erinnerung an die Niederwerfung des Dekrabristen-Aufstands. Bekannt wurde er mit seiner Landschafts- und Genremalerei, mit Porträts und besonders mit vielfigurigen, lebendigen Gemälden. Seine Gemälde und Gouachen sind von ausdrucksvoller Farbigkeit und seine aussagestarken Zeichnungen von charakteristischer Linienführung. Mit seinem Landsmann Karl Theodor Huhn schuf er die Illustrierung des großen Paulyschen Folio-Werks Les peuples de la Russie mit 61 Chromolithographien, auch an dem Prachtwerk zur Krönung von 1856 Desciption du sacre et du couronnement de leurs majéstes imperials L’Empereur Alexandre II et l’Imperatrice Marie Alexandrovna, es erschien sowohl in einer russischen als auch in einer französischen Version, war er beteiligt, zusammen mit u.a. Bagantz, Blanchard, Breze, Gejin, Sorieul, Teichel und Zichy. Bemerkenswert sind seine Illustrationen zu Werken der russischen Literatur. Davon ist einiges, ebenso wie die rezeptionelle Literatur in russischer Sprache von N. Kalugina im Allg. Künstlerlexikon (s.a.O.) aufgeführt.
Den Nachlass gab seine Witwe nach Riga, wo 1906 eine Retrospektive stattfand. Zahlreiche Werke sind in den großen russischen Kunstmuseen, wie Tretjakoffgalerie Moskau, Eremitage und Nationales Kunstmuseum St. Petersburg sowie in zahlreichen Spezialmuseen zu graphischen Künsten, zur Militärgeschichte, zur Literatur (u.a. Puschkin, Tolstoi, Dostojewsky), zur Volkskunde und in Gedächtnisstätten.
Lit.: Thieme-Becker. – Friedrich von Boetticher, Malerwerke des 19. Jh., Lpz. 1901 S. 892. – Wilhelm Neumann, Baltische Maler und Bildhauer des XIX. Jahrhunderts, Riga 1902 S. 101-102. – ders., Lexikon Baltischer Künstler, Riga 1908, ND Hannover-Döhren 1972 S. 160-161. – Julius Genss, Briefe Wilhelm Timm‘s an seinen Vater aus den Jahren 1841-1846, Tartu/ Dorpat 1931. – Deutsch-Baltisches biographisches Lexikon, hrsg. v. Wilhelm Lenz, Köln usw. 1970, S. 803. – N. Kalugina in: Allgem. Künstler-Lexikon Bd. 109 2020, S. 223-225.
Bild: Abbildung aus Briefe an seinen Vater.
Helmut Scheunchen