Biographie

Troplowitz, Oscar

Herkunft: Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Apotheker, Unternehmer, Mäzen, Nivea-Schöpfer
* 18. Januar 1863 in Gleiwitz
† 27. April 1918 in Hamburg

Geboren als Sohn des assimilierten jüdischen Baumeisters Ludwig (Louis) Troplowitz zog Oscar Troplowitz 1870 mit seinen Eltern nach Breslau, wo er das Maria-Magdalenen-Gymnasium sowie eine dreijährige Lehrzeit als Apotheker bei Gustav Mankiewicz, seinem Onkel, absolvierte. Anschließend arbeitete Troplowitz bei verschiedenen Apotheken in Berlin und Posen als Gehilfe. 1884 hatte er das Pharmaziestudium an der Schlesischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Breslau aufgenommen, das er in Heidelberg fortsetzte, wo er 1888 zum Dr. phil. promoviert wurde.

1890 wechselte Troplowitz nach Hamburg über, wo er die 1882 von Paul Carl Beiersdorf (1836-1896) begründete Fabrik dermotherapeutischer Präparate (11 Angestellte) mit finanzieller Unterstützung seines Onkels für 60.000 Mark erwarb. Beiersdorf hatte den damals führenden Dermatologen Paul Gerson Unna (1850-1929) als Kooperationspartner seiner Firma gewinnen können. Auf dessen Empfehlung stellte Troplowitz den Chemiker Issac Lifschütz (1852-1938) ein, der den Emulgator Eucerit entwickelte, mit dessen Hilfe günstig und in großen Mengen die Salbengrundlage Eucerin hergestellt werden konnte. 1911 erwarb Troplowitz die Eucerit-Patentrechte von Lifschütz. Damit war Troplowitz in der Lage, gemeinsam mit Lifschütz und Unna in der Folgezeit eine Creme zu entwickeln, die wegen ihres weißen Aussehens den Namen Nivea erhielt (lat. niveus, schneeweiß) und ein überaus erfolgreiches Produkt der Firma Beiersdorf werden sollte. Hauptbestandteil dieser ersten stabilen Fett- und Feuchtigkeitscreme war neben Wasser, Glyzerin und Zitronensäure das Eucerit. Bereits im Dezember 1911 kam Nivea auf den Markt. Auch aufgrund dieses Produktes entwickelte sich die Firma Beiersdorf stetig weiter. Bereits 1918 hatte sich die ursprünglich kleine Fabrik zu einem weltweit agierenden Unternehmen mit über 500 Mitarbeitern entwickelt. Zu diesem großen Erfolg trugen neben Nivea weitere Produkte bei wie der von Troplowitz entwickelte medizinische Klebeverband Leukoplast (1901), der 1909 auf den Markt gekommene Lippenpflegestift Labello mit Drehhülsengehäuse, das 1922 erstmals verkaufte medizinische Pflaster Hansaplast sowie das Klebeband Tesafilm (1896 erstmals vorgestellt, 1936 Marktdurchbruch) und die 8 x 4-Marken­grup­pe (Badeseife, Deo-Pro­dukte). Die Nachfahren von Troplowitz sind noch heute als drittgrößter Teilhaber am Beiersdorf-Konzern beteiligt.

Troplowitz war ein Unternehmer, der sich auch intensiv um die sozialen Belange seiner Arbeiter und Angestellten kümmerte. So führte er in seinem Unternehmen ein kostenloses Mittagessen ein, schuf eine Stillstube für Arbeiterinnen, eine Vorform des Betriebskindergartens, und führte 1897 den Mutterschutz ein. Ferner gewährte er als einer der ersten Unternehmer in Hamburg die 48-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich – üblich war damals die 60-Stunden-Woche –, zahlte Urlaubs- und Weihnachtsgeld und gründete eine Pensionskasse (1916). So konnte Troplowitz die unbedingte Loyalität seiner Mitarbeiter sicherstellen.

In seinem letzten Lebensjahrzehnt erwachte Troplowitz‘ Interesse für die zeitgenössische Kunst. Als Mäzen förderte er beispielsweise den expressionistischen Maler Franz Nölken (1884-1918), der ihn 1916 auch porträtierte. Des Weiteren war Troplowitz auch als Kunstsammler tätig. Er besaß Gemälde u.a. von Auguste Renoir, Max Liebermann, Max Slevogt, Pablo Picasso und Alfred Sisley. Nach seinem Tod erhielt die Hamburger Kunsthalle von ihm als Vermächtnis 26 Gemälde mit Hauptwerken deutscher und französischer Künstler des 19. und 20. Jahrhunderts.

Seit 1903 war Troplowitz auch in der Hamburger Kommunalpolitik tätig. So war er von 1906 bis 1917 Mitglied der Hamburger Baudeputation. Des Weiteren war er Mitbegründer des Hamburger Stadtparkvereins und somit dafür verantwortlich, dass mitten in Hamburg der Stadtpark geschaffen wurde. Als Mäzen unterstützte Troplowitz finanziell sowohl das evangelische, katholische wie auch das jüdische Krankenhaus seiner Stadt. Als Abgeordneter der Fraktion Linkes Zentrum, in der vorwiegend Industrielle vertreten waren und deren Namen nichts über die politische Gesinnung aussagt, war Troplowitz von 1904 bis 1910 Mitglied der Hamburger Bürgerschaft.

Troplowitz war mit Gertrud Mankiewicz (1869-1920), seiner Cousine, verheiratet. Sie hatten keine Kinder. Er starb im Alter von 55 Jahren an einem Gehirnschlag. Sein Grab befindet sich auf dem Hamburger Hauptfriedhof Ohlsdorf. Die künstlerisch gestaltete Grabanlage steht unter Denkmalschutz. Eine nach ihm benannte Straße in Hamburg-Eimsbüttel erinnert an den großen Unternehmer und Mäzen.

Lit.: Ekkehard Kaum, Oscar Troplowitz. Forscher, Unternehmer, Bürger. Eine Monographie, Hamburg 1982. – Oscar Troplowitz. Sozialer Unternehmer und Kunstmäzen, Ausstellung Jüdisches Museum Rendsburg, 4. Juli bis 3. Oktober 2010, hrsg. v. Christian Walda im Auftrag des Jüdischen Museums Rendsburg und der Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen Schloss Gottorf, Schleswig 2010. – Oscar Troplowitz. Ein Leben für Hamburg. Ausstellung, Hamburger Kunsthalle, 18. Januar bis 30. Juni 2013, hrsg. v. Leonie Beiersdorf u. Christine Clausen, Ostfildern 2013.

Bild: Franz Nölken, Oscar Troplowitz (Ausschnitt), 1916, Wikipedia Commons/ Gemeinfrei.

Werner E. Gerabek