Biographie

Trunz, Hansheinrich

Herkunft: Ostpreußen
Beruf: Agrarjounalist, Kulturhistoriker
* 16. September 1908 in Norkitten, Kr. Insterburg
† 23. November 1994 in Clausthal-Zellerfeld

Hansheinrich Trunz wuchs in Allenstein auf, wo der Vater August Trunz (1875-1963) in den Jahren 1907-1935 Generalsekretärdes Landwirtschaftlichen Zentralvereins war. Hansheinrich besuchte zunächst die Kopernikus-Oberrealschule in Allenstein, wechselte dann aber bis zum Abitur Ostern 1931 an die Herder-Oberrealschule in Mohrungen. Nach praktischer landwirtschaftlicher Tätigkeit als Eleve studierte er an der Universität Königsberg Landwirtschaft. Sein Studium schloss er dort am 3. Februar 1938 mit der Promotion zum Dr. rer. nat. bei Prof. Werner Kirsch (1901-1975) ab, wofür er die DissertationDer Einfluss der staatlichen und privaten Körordnungen auf die ostpreußische Pferdezucht vorlegte. Um nicht bei der von den Nationalsozialisten beherrschtenLandesbauernschaft, der früheren Landwirtschaftskammer, arbeiten zu müssen, die seinen Vater 1935 aus politischen Gründen zwangspensioniert hatte, legte er 1939 an der Hochschule für Lehrerbildung in Lauenburg (Pommern) die Staatsprüfung für das Lehramt der Landwirtschaft ab. Nach kurzer Tätigkeit an den Landwirtschaftsschulen in Sensburg und Preußisch Holland wechselte er zur Landwirtschaftlichen Beratungsstelle der Thomasphosphat-Fabriken in Königsberg, musste aber bereits 1939 Soldat werden. Vom Juli 1944 bis April 1948 befand Trunz sich in sowjetischer Kriegsgefangenschaft, aus der er krank entlassen wurde. Ab 1. Oktober 1948 konnte er wieder bei seinem alten Arbeitgeber, den Thomasphosphat-Fabriken in Düsseldorf, als Werbeleiter arbeiten und blieb dort bis zur Pensionierung (1973). In dieser Zeit verfasste er Fachaufsätze und Werbeschriften und war 1951 (1949?) Mitgründer des Verbandes Deutscher Agrarjournalisten. Er lebte in Mettmann bei Düsseldorf, zog nach dem Tod seiner Frau (1989) aber zu seinem älteren Sohn nach Clausthal-Zellerfeld.

Trunz war in einem kulturell sehr regen Elternhaus aufgewachsen und durch die Prussica-Bibliothek seines Vaters schon früh zur ostpreußischen Kulturgeschichte hingezogen worden. Als Schüler regte ihn sein Allensteiner Deutschlehrer zur Beschäftigung mit der Heimatkunde an. So verfasste Trunz bereits 1928 einen Jahresschulaufsatz über die Kirchen im Landkreis Allenstein, den er in gekürzter Form 1968 imHeimatbuch des Kreises Allenstein veröffentlichte.

Durch glückliche Umstände konnte 1945 die Prussica-Bibliothek des Vaters nach dem Westen gebracht werden und wurde dann von den Brüdern Prof. Erich Trunz (1905-2001), dem Germanisten, besonders Goethe- und Barockforscher, und Hansheinrich Trunz gepflegt und benutzt und besonders durch Hansheinrich mittels Ankäufen ständig erweitert. Mit Hilfe dieser Sammlung begann Hansheinrich Trunz Abhandlungen zu schreiben, besonders zu kulturgeschichtlichen Fragen. Ihn reizten der Inhalt der alten Bände und ihre Autoren, aber auch die Papiermacher und das Papier, auf dem die Bücher gedruckt waren. Gern widmete er sich der Alltagskultur und Kulturtechniken, berichtete auch immer wieder über die Pferdezucht und die Landwirtschaft in Ostpreußen.

Lange veröffentlichte er seine Aufsätze in Zeitungen und Zeitschriften, bevor er Monographien herausbrachte, beginnend mit dem BandPferde im Lande des Bernsteins (1967, 2. Aufl. 1979), in dem er 4.000 Jahre Geschichte der Pferde in Ostpreußen darstellt. Eine Art Ergänzung hierzu bildete der dünne BandLandstallmeister Wilhelm von Burgsdorff-Trakehnen (1814-1842) (1988). Mit dem Werk Apotheker und Apotheken in Ost- und Westpreußen 1397-1945 (Band 1 1992, Band 2 zum Druck vorbereitet, erschienen 1996) betrat er „historisches Neuland“ und schuf die erste umfassende Darstellung dieses Berufsstandes für eine östliche deutsche Provinz. Der Band enthält im Wesentlichen Quellenangaben; die Quellen selbst sind in einer umfangreichen Materialsammlung zusammengestellt, die er noch zu Lebzeiten an Vesters Archiv für Pharmazie abgab, das sich heute in der Universität Basel befindet. Ausführliche Darstellungen über die Apotheken und ihre Besitzer hat Trunz für die Kreise Angerapp-Darkehmen, Bartenstein, Braunsberg, Lyck, Osterode, Sensburg und Wehlau veröffentlicht. Aufgrund dieser Veröffentlichungen erhielt er viel neues Material, so dass er einen zweiten Band noch zum Druck vorbereitete und weitere Unterlagen einem Nachfolger übergab. Als einziger befasste er sich nach 1945 auch mit den Papiermühlen und Papiermachern in Ost- und Westpreußen. Nach Veröffentlichungen über die Papiermühlen in Kutzburg (Kr. Ortelsburg) und Domkau (Kr. Osterode, beide 1974) folgte ein größerer Beitrag überDie ermländischen Papiermühlen Wusen und Wadang (Zeitschrift für die Geschichte und Altertumskunde Ermlands, 38, 1976, S. 53-79). Seine weiteren Unterlagen übergab er seinem Nachfolger Dr. Klaus Roemer, mit dem zusammen er den BandDie Geschichte der Papiermühlen Westpreußens einschließlich des Netzedistrikts noch zum Druck vorbereitete (erschienen 2000).

Da die Prussica-Sammlung Trunz im Laufe der Jahrzehnte zu einer der größten privaten Sammlungen dieser Art angewachsen war, die Hansheinrich und Erich Trunz auch der allgemeinen Benutzung zugänglich machen wollten, übergaben sie diese 1978 der Universitäts-Bibliothek Münster, doch sammelte Hansheinrich weiter und ließ 1991 einen Katalog der gesamten Sammlung erscheinen. Auch die ursprünglich von seinem Bruder Erich begonnene Familiengeschichte der mütterlichen Linie hat Hansheinrich in den Jahren 1978 bis 1988 unter dem Titel Chronik der Familie Fähser zu einem dreibändigen Werk mit reichem Quellenmaterial erweitert.

Obwohl Hansheinrich Trunz im Laufe der Jahre insgesamt etwa 240 Arbeiten veröffentlichte, war er zu bescheiden, um seine Leistung in den Vordergrund zu stellen. Die Landsmannschaft Ostpreußen ehrte ihn aber 1992 mit ihrem Kulturpreis für Wissenschaft. Trunz hat sich lange und intensiv, mit viel Liebe zum Detail, mit Themen beschäftigt, die nicht traditionelle Arbeitsfelder der Historiker sind.

Lit.:Nachweise bei: Klaus Bürger: Trunz, Hansheinrich, in: Altpreußische Biographie, Bd. V, 1. Lieferung, Marburg/Lahn 2000, S. 1722-1723.

Klaus Bürger