Biographie

Ungern-Sternberg, Roman Freiherr von

Herkunft: Baltikum (Estland, Lettland, Litauen)
Beruf: General
* 10. Januar 1886 in Graz
† 17. September 1921 in Irkutsk/Sibirien

Zu den legendären Erscheinungen während der Kämpfe der „Weißen“ gegen die „Roten“ in den Weiten Rußlands in den Jahren 1917 bis 1921 gehört General-Leutnant Roman Freiherr von Ungern-Sternberg, der als Sohn des Geologen und Wirklichen Mitglieds der Kaiserlichen Geographischen Gesellschaft, Dr. phil. Theodor Frhr. v. U.-St. auf Waldau (Estland) und seiner Gemahlin Sophie, geb. Freiin von Wimpffen, am 29. Dezember 1885 in Graz geboren wurde. Bereits in der Schule, so heißt es über ihn, wurde er zum Schrecken seiner Lehrer. Er trat in das privilegierte Marinekadettenkorps zu St. Petersburg ein, absolvierte die Pawlow’sche Militärschule als jüngerer Gardemarin des Marinekorps mit dem Diplom 2. Grades, befand sich 1905 beim Regiment Dwinsk und wurde auf seinen Wunsch gegen Ende des Russisch-japanischen Krieges an die fernöstliche Front abkommandiert, wo er den Zusammenbruch der russischen Armee erlebte und an der Grenze der Mandschurei erkrankt ist. Einen Heimaturlaub verband er mit einer Reise nach Deutschland, Frankreich und der Schweiz sowie zu Verwandten seiner Mutter nach Wien. Nach seiner Rückkehr bat er um Versetzung von der Garde zu den sibirischen Kosaken. Er wählte das Amurkosakenregiment in Blagoweschtschensk und wurde später zum Tschita Regiment der Transbaikalkosaken versetzt, von wo er jedoch bald wieder nach Blagoweschtschensk zurückkehrte. Beim Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde er an die Front versetzt und gelangte nach der Schlacht bei Tannenberg in das Masurische Seengebiet. Er wurde zum Rittmeister befördert, erhielt den Georgs-Orden 4. Kl. mit Schwertern am Bande, den Annen-Orden 3. Kl., wurde viermal verwundet, galt als hervorragender Offizier und wurde mit dem Goldenen Georgs-Ehrensäbel ausgezeichnet. Gegen Ende 1916 kam er nach mehrfachem Truppenwechsel zur sog. „Wilden Division“, die ein Bruder des Kaisers befehligte. Er wurde an die persische Grenze versetzt, erlebte 1917 den Zusammenbruch des russischen Kaiserreiches und warf sich dem Strom der Revolution entgegen. Kreuz und quer zog er durch Sibirien, sammelte eine verschworene Schar verwegener Offiziere und Mannschaften um sich und ging in die Äußere Mongolei, wo er Menschen fand, die seinem Wesen verwandt waren. Ganze Stämme stießen zu ihm, sein Ruhm verbreitete sich, als wäre er ein wiedergeborener Dshingis-Chan. Er wurde zum General-Leutnant und Kommandeur der Asiatischen Kavallerie-Division und des Detachements der Kosaken von Ataman Ssemenow ernannt und war Befehlshaber der Weißen Armee in der Mongolei gegen die Bolschewiken. Er besiegte die Garnison der Roten in der Hauptstadt Urga und wollte als Chan der Mongolei anerkannt werden. Er heiratete am 30. Juli 1919 die 1900 in Peking geborene Prinzessin Zsi, vormaliges Hoffräulein der Kaiserin von China, die bei der Trauung den Namen Helena Pawlowna erhielt. Nach der Eroberung von Urga beschloß er, um Herr von ganz Ost-Sibirien zu werden, den Baikalsee zu erreichen und die Transsibirische Eisenbahnlinie abzuschneiden. Er wurde Buddhist, und es gelang ihm, bis 1921 das Vordringen des Bolschewismus in die Äußere Mongolei zu verhindern, wo er mit der Entwicklung des Landes begann, mit der Gründung von Industrien, Schulen und Krankenhäusern. Schließlich gelang es der Übermacht der Roten, sich seiner (durch Verrat?) zu bemächtigen. Sie überwältigten ihn; ein Kriegsgericht verhängte das Todesurteil über ihn, nachdem ein Versuch der Roten, ihn für sich zu gewinnen, gescheitert war. Er wurde am 17. September 1921 in Irkutsk hingerichtet.

Ein ritterliches Leben war zu Ende gegangen. Die Legende bemächtigte sich seiner. Man verehrte ihn als „Herzog der Mongolen“, als ihren wiedergeborenen Kriegsgott.

Lit.: Nils Frhr. v. Ungern-Sternberg: „De Hungaria. Ungern-Sternberg zu Pürkel, Ein Geschlecht im Wandel der Zeiten“ (Selbstverlag des Verfassers, 1979); Berndt Krauthoff: Ich befehle. Kampf und Tragödie des Barons Ungern-Sternberg (Bremen 1938, 367 S.).