Biographie

Wagner, Martin

Herkunft: Ostpreußen
Beruf: Architekt, Stadtplaner
* 5. November 1885 in Königsberg i.Pr.
† 28. Mai 1957 in Cambridge/USA

Martin Wagner legte in seiner Geburtsstadt das Abitur ab und studierte anschließend in Berlin und Dresden. Nach seinem Architektenexamen (1910) war er in verschiedenen städtischen Bauverwaltungen tätig und von 1914 bis 1918 Abteilungs-Vorstand des Zweckverbandes Groß-Berlin. 1918 wurde er Stadtbaurat in Berlin-Schöneberg, später in Berlin, wo er in engen Kontakten zu den Architekten W. Gropius, H. Häring, L. Mies van der Rohe, H. Poelzig, B. Taut und H. Scharoun stand.

Wagner trat im 1. Weltkrieg mit Aufsätzen zur Wohnungsbaupolitik hervor. Während der Weimarer Republik war er der bedeutendste Vertreter einer staatlichen Wohnungsbaupolitik, die sozialistische Ideale mit den Verhältnissen im Nachkriegs deutschland in Einklang zu bringen suchte. Die nach seinen Plänen erbaute Siedlung Lindenhof in Berlin-Schöneberg (1918-1921) zeigte bereits die wichtigsten städtebaulichen Elemente der späteren Jahre: geschlossene Randbebauung an der Straße, großflächige Hofräume, ein Zentrum als Bezugspunkt und eine einheitliche Gestaltung. Diese Bauideen wurden dann in Zusammenarbeit mit Bruno Taut in der Großsiedlung in Berlin-Britz („Hufeisensiedlung“, 1925-1927,1930/31) weiterentwickelt. Er regte große Wettbewerbe für die Gestaltung Berlins an (Umgestaltung Potsdamer Platz, 1928/29, Alexanderplatz 1929). Weiterhin sind seine Versuche der Industrialisierung des Massenwohnungsbaus, die Einführung der Großplattenbauweise und seine Versuche mit dem „Wachsenden Haus“ zu nennen.

1933 trat er aus Solidarität mit Käthe Kollwitz und Heinrich Mann aus der Preußischen Akademie der Künste aus. Nach Diffamierungen durch die Nationalsozialisten emigrierte er im Frühjahr 1935 in die Türkei, wo er bis 1938 in Ankara wirkte. Von da an war er Professor an der Harvard Universität. Nach 1945 versuchte er erfolglos, auf die Planungen für denWiederaufbau westdeutscher Städte Einfluß zu nehmen – In seinem Buch „Potemkin in West-Berlin“ übte er Kritik an der internationalen Bauausstellung „Interbau“ in Berlin.

Werke (u.a.): Neue Wege zum Kleinwohnungsbau. Berlin 1924; Amerikanische Bauwirtschaft. Berlin 1925; Das wachsende Haus. Berlin 1932; Wirtschaftlicher Städtebau. Stuttgart 1951.

Lit.: (Artikel in Nachschlagewerken usw.) Wer ist’s? 9. Ausg. Berlin 1928; Lexikon der Kunst. Bd. 5. Leipzig 1978; Hatje-Lexikon der Architektur des 20. Jahrhunderts. Stuttgart 1983; International Biographical Dictionary of Central European Emigres 1933-1945. II/2. München, New York, London, Paris 1983; – Jochen Kempmann; Das Ideengut Martin Wagners. Diss., Techn. Univ. Berlin 1967; Barbara Miller Lane: Architecture and Politics in Germany 1918-1945.Cambridge/Mass. 1968; Eberhard Dreher: Keine Untertanen. Heinrich Mann, Käthe Kollwitz, Martin Wagner. In: Études Germaniques, (Paris) 26 (1971); Norbert Huse: „Neues Bauen“ 1919-1933, München 1975. Tendenzen der Zwanziger Jahre. (Ausstellungskatalog) Berlin 1977; Wem gehört die Welt (Katalog.) Berlin 1977.