Biographie

Winkler, Heinrich August

Herkunft: Ostpreußen
Beruf: Histotriker
* 19. Dezember 1938 in Königsberg/ Pr.

Heinrich August Winkler wurde am 19. Dezember 1938 in Königsberg/ Preußen geboren, einer Stadt, in deren Bildungsbürgertum seine Eltern verankert waren. Beide waren promovierte Historiker. In der Vorfahrenreihe des Vaters Theodor Winkler (1904-1939) gab es mindestens zehn Pfarrer. Seine Mutter Brigitte war die Tochter des Historikers August Robert Seraphims, geboten 1863 in Mitau/ Kurland, der 1924 nach Königsberg kam und von 1912 bis 1924 Direktor der Stadtbibliothek und des Staatsarchivs war.

Heinrich August Winklers Mutter, die 1939 Witwe geworden war, floh im August 1944, nach den britischen Luftangriffen auf die Stadt mit 5.000 Toten und 200.000 Obdachlosen, mit ihrem fünfjährigen Sohn nach Württemberg, wo er aufwuchs und Ostern 1957 am Humboldt-Gymnasium in Ulm das Abitur ablegte. Schon als 17-jähriger Schüler nahm er 1956 am Deutschen Historikertag in Ulm teil und empfing bleibende Eindrücke von Hermann Heimpel (1901-1988), Herbert Grundmann (1902-1970) und Hans Freyer (1887-1969).

Von 1957 bis 1966 studierte Herrmann August Winkler Geschichte, Philosophie, Öffentliches Recht und Politische Wissenschaft in Münster, Heidelberg und Tübingen, wo er auch von Hans Rothfels (1891-1976) mit einer Arbeit Preußens Liberalismus und Nationalstaat. Studien zur Geschichte der Deutschen Fortschrittspartei 1861-1866 (Druckfassung 1963) promoviert wurde. Eine Laune der Geschichte wollte es, dass auch sein Vater Theodor Winkler von Hans Rothfels, als der 1926/35 an der Albertina in Königsberg eine Geschichtsprofessur innegehabt hatte, promoviert worden war. Heinrich August Winklers akademische Lehrer waren der Soziologe Eugen Rosenstock-Huessy (1888-1973), der Historiker Werner Conze (1910-1986), der Jurist Ernst Forsthoff (1902-1974), der Philosoph Karl Löwith (1897-1973), der Historiker Hans Rothfels (1891-1976), der Politikwissenschaftler Theodor Eschenburg (1904-1999), der Soziologe Ralf Dahrendorf (1929-2009) und der Philosoph Ernst Bloch (1885-1977).

Von 1964 bis 1970 war er wissenschaftlicher Assistent an der Freien Universität Berlin, seine Habilitationsarbeit von 1970 trug den Titel Mittelstand, Demokratie und Nationalsozialismus (Druckfassung 1972). Mit 32 Jahren wurde er 1971 in Berlin zum Professor ernannt und folgte 1972 einem Ruf auf den Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg/ Breisgau, wo er 19 Jahre blieb. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands am 3. Oktober 1990 wechselte er an die Humboldt-Universität in Ostberlin, die 1949 von Friedrich-Wilhelms-Universität (1809 gegründet) in Humboldt-Universität umbenannt worden war, wobei er zunächst heftigen Anfeindungen der alten SED-Kader ausgesetzt war, bis er internationale Standards in der Geschichtsforschung durchsetzen konnte. Am 10. April 2007 wurde er mit 68 Jahren emeritiert.

Heinrich August Winkler, der schon als Schüler der CDU nahegestanden hatte, trat 1962 der SPD bei, nachdem Willy Brandt im Bundestagswahlkampf 1961 als Emigrant diffamiert worden war. Am 8. Mai 2015 hielt er im Deutschen Bundestag in Berlin die Hauptrede zum 70. Jahrestag des Kriegsendes 1945, nachdem er schon 2005 mit dem Bundesverdienstkreuz Erster Klasse ausgezeichnet worden war. Für sein vierbändiges opus magnum Geschichte des Westens (München 2009/15) erhielt er 2016 den Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung, der am 16. März 2016 im Leipziger Gewandhaus verliehen wurde. Mit der Verleihung des Großen Bundesverdienstkreuzes wurde er 2018 geehrt.

Werke: Arbeiter und Arbeiterbewegung in der Weimarer Republik, drei Bände, Ostberlin 1984/87. – Weimar 1918-1933. Die Geschichte der ersten deutschen Demokratie, München 1993. – Der lange Weg nach Westen, zwei Bände, München 2000. – Geschichte des Westens, vier Bände, München 2009/15. – Zerbricht der Westen? Über die gegenwärtige Krise in Europa und Amerika, München 2017.

Bild: Kulturstiftung.

Jörg Bernhard Bilke