Biographie

Witzleben, Erwin von

Herkunft: Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Widerstandskämpfer, Generalfeldmarschall
* 4. Dezember 1881 in Breslau
† 9. August 1944 in Berlin

Der altem preußisch-thüringischem Adel entstammende Erwin von Witzleben wurde schon früh, wie es der Tradition seiner Familie entsprach, Berufssoldat. In der preußischen Kadettenanstalt in Groß-Lichterfelde bei Berlin erzogen, trat er 1901 als neunzehnjähriger Leutnant in das Grenadierregiment 7 in Liegnitz ein. Im Ersten Weltkrieg war der inzwischen Verheiratete und zweifache Vater bei Verdun und Arras eingesetzt, wurde schwer verwundet und bekleidete bei Kriegsende, mit den Eisernen Kreuzen ausgezeichnet, den Rang eines Hauptmanns. 1917 hatte er die Generalstabsausbildung absolviert.

Es gelang Witzleben, in die Reichswehr übernommen zu werden und er durchlief den typischen Wechsel von Stabs- und Truppenkommandos. Ehrgeizig und zielstrebig konnte er seine militärische Karriere fortsetzen: 1923 erfolgte die Beförderung zum Major, 1929 die zum Oberstleutnant, 1931 wurde er zum Oberst ernannt. Seine dienstlichen Stationen während der Weimarer Zeit waren Frankfurt an der Oder, Dresden, Potsdam, Lübeck, Münster und erneut Frankfurt.

Obwohl Witzleben dem Regime von Anfang an skeptisch gegenüberstand, setzte er seinen Aufstieg auch nach der Machtergreifung Hitlers fort, zunächst als Infanterieführer in Hannover, dann, seitFebruar 1934, zum Generalmajor befördert, als Befehlshaber des Wehrkreises III und Kommandeur der 3. Division in Berlin. Noch 1934 wurde er Generalleutnant, als der er das III. Armeekorps aufbaute, 1936 General der Infanterie. Schließlich ernannte Hitler Witzleben, einen der dienstältesten Generale, nach dem Frankreichfeldzug am 19. Juli 1940 zum Generalfeldmarschall. Seit Oktober 1940 Oberbefehlshaber der Heeresgruppe D, dann ab März 1941 Oberbefehlshaber West, wurde er am 28. Februar 1942, wenige Wochen nach Vollendung des 60. Geburtstages, gesundheitlich angeschlagen, verabschiedet und durch Rundstedt ersetzt.

Schon während der Sudetenkrise im Jahre 1938 hatte sich Witzleben Generaloberst Beck zur Ausführung von dessen Staatsstreichplänen zur Verfügung gestellt und gemeinsam mit Graf Brockdorff-Ahlefeldt einen Plan zur Besetzung Berlins und zur Machtübernahme in ganz Deutschland ausgearbeitet. Für die verschiedenen Widerstandsgruppen galt Witzleben, dessen charakterliche Festigkeit, dessen Warmherzigkeit und dessen liebenswürdiges Wesen geschätzt wurden, immer als einer der kritischen Militärs.

Die von Schacht überlieferte Äußerung Witzlebens über Hitler: „Mir hat der Kerl noch nie imponiert", machte seine Distanz zum nationalsozialistischen Regime mehr als deutlich. Nach dem Verlust der 6. Armee bei Stalingrad stellte er sich erneut den Widerständlern zur Verfügung und war bereit, nach dem Attentat auf Hitler die Funktion des Oberbefehlshabers der Wehrmacht zu übernehmen. Unter dem Namen des Feldmarschalls und dem des Obersten von Stauffenberg ging der Erstbefehl am 20. Juli 1944 an die Befehlshaber an den Fronten hinaus; Witzleben erschien jedoch erst in der Bendlerstraße, als sich das Scheitern des Staatsstreiches bereits abzeichnete. Nicht einmal eine Stunde später verließ er, nach einer Auseinandersetzung mit Beck und Stauffenberg den bisherigen Verlauf des Putsches, das Oberkommando wieder und erwartete bei einem Freund die Verhaftung, die bereits am nächsten Tage erfolgte.

Die Versuche Freislers, den aus der Wehrmacht ausgestoßenen und alter Zivilkleidung vor den Volksgerichtshof gestellten Witzleben wie die anderen Verschwörer vor Gericht zu demütigen, schlug fehl. Die überlieferten erschütternden Filmaufnahmen der Verhandlung dokumentiere, daß es dem Angeklagten gelang, Würde und Offiziersehre zu wahren. Am 9. August 1944 wurde Feldmarschall von Witzleben, der ranghöchste Offizier des „Aufstands des Gewissens", in Plötzensee gehängt.

Lit.: Reiner Pommerin: Erwin von Witzleben. In: Rudolf Lill u. Heinrich Oberreuthen: 20. Juli – Porträts des Widerstandes, München 1989, S. 349 – 361. – Otto E. Moll: Die deutschen Generalfeldmarschälle 1935 – 1945, bearb. v. Wolfgang Marek, Radtatt 1961.