Biographie

Wolzogen, Ernst Ludwig von

Herkunft: Schlesien (Ober- u. Niederschlesien)
Beruf: Schriftsteller
* 23. April 1855 in Breslau
† 30. Juni 1934 in Wolfrathshausen

Ernst Ludwig Freiherr von Wolzogen wurde als Sohn des Regierungsassessors und späteren Hoftheater-Intendanten in Schwerin, Alfred von W. (1823-1883), geboren. Nach dem Studium der Germanistik, Philosophie, Kunstgeschichte und Biologie in Straßburg und Leipzig war er von 1879 bis 1881 Vorleser des Großherzogs von Sachsen-Weimar. Nach einer kurzen Tätigkeit als Verlagslektor in Berlin lebte er von 1893 bis 1899 in München. Hier war er Mitglied der von Michael Georg Conrad gegründeten „Gesellschaft für modernes Leben“ und Mitarbeiter der Monatsschrift „Die Gesellschaft“. 1899 kehrte er nach Berlin zurück und unternahm in der Folgezeit Reisen durch Mittel- und Nordeuropa. Seit 1905 lebte er in Darmstadt. Am Ersten Weltkrieg nahm er als Hauptmann teil. Danach zog er nach Puppling bei München.

Der außerordentlich produktive Ernst von Wolzogen versuchte in komischen Romanen und Novellen sowie Lustspielen ein Bild seiner Zeit zu geben. In der Tragikomödie „Das Lumpengesindel“ (1892) zeichnete er in treffender Charakterisierung das Leben der Bohemiens. In erfolgreichen Unterhaltungsromanen mit Niveau schilderte er aus der Sicht des liberalen Weltmannes die Gesellschaft seiner Zeit: „Die Kinder der Exzellenz“, 1888; „Die tolle Komteß“, 2 Bde., 1889; das Berliner Sittenbild „Die kühle Blonde“, 2 Bde., 1891, und der gegen die zeitgenössische Wagner- und Liszt-Schwärmerei gerichtete satirische Roman „Der Kraft-Mayr“, 2 Bde., 1897. In dem Roman „Der Erzketzer“, 2 Bde., 1911, wird seine Hinwendung zu völkischen und antisemitischen Auffassungen deutlich.

Seine literatur- und theatergeschichtliche Bedeutung beruht in der Gründung des literarischen Kabaretts „Überbrettl“ nach dem Vorbild des Pariser Kabaretts „Chat Noir“ und „Le Mirliton“ im Jahr 1901 in Berlin. Es wollte „Abwechslungs-Variete“ sein, Wissenschaft, Kunst und Musik „in kleinen Dosen und im bunten Durcheinander“ (Otto Julius Bierbaum) bieten. Das Vorhaben scheiterte jedoch, weil die preußische Zensur selbst harmlose Satiren verbot und sich Belangloses und Zweideutiges nach dem Geschmack eines spießbürgerlichen Publikums breitmachte. Die besten Überbrettl-Lieder sammelte O. J. Bierbaum in den „Deutschen Chansons“, 1900, die zahlreiche Auflagen erlebten.

Werke (Auswahl): Basilla (Rom.) 1887; Der Thronfolger (Rom.) 2 Bde., 1892; Die Entgleisten (Rom.) 1893; Fahnenflucht (Rom.) 1894; Die Erbschleicherinnen (Rom.) 2 Bde., 1895; Die schwere Not (Dr.) 1896; Ein unbeschriebenes Blatt (Lustsp.) 1896; Die Gloriahose (Rom.) 1897; Geschichten von lieben, süßen Mädchen (Nov.) 1897; Die arme Sünderin (Rom.) 1901; Verse zu meinem Leben 1907; Der Bibelhase (Erz.) 1907; Die Großherzogin a. D. (Rom.) 1908; Feuersnot (Ein Singged.) 1909; Leidige Schönheit (Nov.) 1910; Peter Kam (Leben, Lieben u. Leiden eines dt. Musikanten) 1914; Weibchen (Lustsp.) 1916; Die verdammte Liebe (Rom.) 1918; An den deutschen Adel 1920; Aus meinem Leben, Erinn. (in: Westermanns Monatsh.) 1920; Das gut alt teutsch Schwankbuch 1922; Mein Vortragsbuch (Ged.) 1922; Ges. Ausg. ausgewählter Werke 6 Bde., 1923ff.; Wie ich mich ums Leben brachte (Autobiogr.) 1923; Das Schlachtfeld des Heilands (Rom.) 1926.

Lit.: K. Martens, E. v. W. (in: Das lit. Echo I) 1898-99; O. Brandt, E. v. W. (in: Die schöne Lit. 29) 1928 (m. Bibliogr. v. E. Metelmann); E. Engelhardt, Die Reichsfreiherrn H. u. E. v. Wolzogen, ihr Verhältnis zu Kalbsrieth u. Nordthüringen 1939; E. Kölnig, Das Überbrettl E. v. W. s usw. (Diss. Kiel) 1956; Lexikon deutschsprachiger Schriftsteller von den Anfängen bis zur Gegenwart. 2 Bde., 2. Aufl., 1974.