Biographie

Zerndt, Gustav

Herkunft: Ostbrandenburg
Beruf: Heimatkundler, Schriftsteller
* 5. Juli 1854 in Schwiebus/Neumark
† 1. April 1929 in Schwiebus

Der Tuchmacher-Familie Zerndt im ostbrandenburgischen Schwiebus wurde am 5. Juli 1854 ein Sohn geboren, der auf den Namen Gustav getauft wurde und sich nach seiner Ausbildung zum Lehrer um die Geschichtsforschung in seiner Heimat große Verdienste erworben hat. Seine Freunde nannten ihn anerkennend den „Fontane des Schwiebuser Landes“. Gustav Zerndt, der am 1.4.1929 starb, verdankt der Heimatkreis Züllichau-Schwiebus ein reiches Schrifttum, das u.a. heimatkundliche Forschungen, zahlreiche Erzählungen, Gedichtbände und Theaterstücke umfaßt. Der größte Teil seiner geistigen Hinterlassenschaft befindet sich heute in der Bücherei des Hauses Brandenburg in Fürstenwalde.

Der Schwiebuser erreichte mit seinen Büchern (eine kurze Aufzählung befindet sich am Ende dieses Artikels) natürlich lange nicht die Bedeutung und den Wirkungsgrad des „Wanderers durch die Mark Brandenburg“. In einem Bereich hat er jedoch Fontane überholt: Zerndt gründete ein Heimatmuseum, das über die Grenzen des Kreises hinaus große Anerkennung fand.

Bei seinen Wanderungen und Studien, die er allein – manchmal auf einem alten Damenfahrrad – oder mit Kollegen unternahm, verstand er es, in der Bevölkerung auf dem Lande und in der Stadt das Interesse an der Heimatkunde zu wecken. So überließen ihm Landsleute viele Gegenstände und Funde, die zum Beispiel beim Pflügen entdeckt worden waren.

Er sammelte alles und bewahrte die Stücke zunächst in seinem Hause und in einem alten Klassenzimmer auf. Als sich das Zusammengetragene häufte, kam der hauptberufliche Lehrer an der städtischen Mädchenschule auf den Gedanken, ein Heimatmuseum zu errichten. Dabei unterstützte ihn die von ihm im Jahre 1903 gegründete Vereinigung für Heimatkunde tatkräftig. Die Verwaltung stellte ihm einen großen Raum im alten Stadtkrankenhaus zur Verfügung. Die Bürger sahen ihre Kasten und Truhen durch und trennten sich von alten Familienandenken, um sie dem Museum zu stiften. Die Handwerkervereinigungen übergaben ihre wertvollen Schätze an Innungsladen, Briefen und Bechern bereitwillig den Zerndtschen Sammlungen. So wuchs das Museum durch den Heimatsinn der Bürger zu einer aus sieben Räumen bestehenden Ausstellungsstätte, die im Jahre 1915 in die Vereinigung brandenburgischer Museen aufgenommen wurde. Leider setzte der Erste Weltkrieg den aufblühenden heimatkundlichen Bestrebungen ein schnelles Ende. Die Zimmer wurden zu Wohnungen umgebaut und die Exponate in einem Fundus gelagert. Es dauerte bis zum Jahre 1925, als Zerndt endlich wieder drei Räume bekam, um dort seine Schätze gebührend präsentieren zu können. Und was gab es dort an Wertvollem? U.a. den Sachsenspiegel, das älteste (im Jahre 1462 handgeschriebene) Gesetzbuch, von dem überhaupt nur 40 Exemplare exististieren; alte Meisterbriefe der Innungen; städtische Dokumente, die bis in die Mitte des 14. Jahrhundertszurückreichten; wertvolle Münzen; eine Sammlung von keramischen und prähistorischen Gegenständen; vielerlei Gerätschaften aus dem handwerklichen und bäuerlichen Bereich. Nach dem Tode Zerndts war die Heimarbeit von seinem Lehrerkollegen Max Hilscher intensiv weitergeführt worden, und das Museum konnte auf zehn Räume erweitert werden.

1945 wurde alles vernichtet. Aber 50 Jahre nach Kriegsende, das die Zerstörung auch des Zerndtschen Lebenswerkes brachte, wurde dem Heimatforscher von den Polen eine verdiente Ehrung zuteil. In Zusammenarbeit mit der Heimatkreisleitung Züllichau-Schwiebus und dem Swiebodziner Museumsdirektor Marek Nowacki wurde am 17. Juni 1995 an seinem Geburtshaus in der nun polnisch benannten ulica Walowa (vorher Gustav-Zerndt-Straße) eine bronzene Erinnerungstafel enthüllt. Sie trägt das Konterfei des ehemaligen Schwiebuser Ehrenbürgers und seine Lebensdaten sowie in deutscher und polnischer Sprache eine Würdigung seiner Verdienste um die Heimatforschung.

Gustav Zerndt ist somit aufgrund seiner Lebensleistung als Heimatkundler und Schriftsteller auch in Swiebodzin/Schwiebus gebührend anerkannt und hat seinen durch Arbeit und Fleiß erworbenen Ehrenplatz in dieser einst deutschen und jetzt polnischen Stadt behalten.

Werke: G. Zerndt: Abriß der Heimatkunde für den Kreis Züllichau-Schwiebus. – Ders.: Verzeichnis der seltenen Pflanzen des alten Kreises Schwiebus. – Ders.: Heimatklänge. Gedichte und Erzählungen. – Ders.: Geschichte der Stadt Schwiebus in drei Bänden.

Bild:Privatarchiv des Autors

Lothar Meißner