Biographie

Zimmer, Alois

Herkunft: Westpreußen
Beruf: Landrat, Staatsminister
* 18. Mai 1896 in Weiten, Kr. Saarburg
† 11. April 1973 in Trier

Nach erfolgreichem Besuch des Kaiser-Wilhelm-Gymnasiums in Trier wurde Alois Zimmer 1914 für die Zeit des Ersten Weltkrieges Soldat. Anschließend studierte er von 1918 bis 1921 Rechts- und Staatswissenschaften in Bonn, war danach Referendar und wurde 1924 Regierungsassessor in Berlin und noch im selben Jahr bei der Kreisverwaltung Siegburg. Ebenfalls 1924 wurde er an der Universität Bonn zum Dr. jur. promoviert. Von Siegburg aus erfolgte 1925 seine Versetzung als Regierungsassessor zur Regierung Westpreußen in Marienwerder, wo er ziemlich zeitgleich mit dem neuen Regierungspräsidenten Dr. Carl Johann Ferdinand Budding eintraf, einem hervorragenden Verwaltungsfachmann, der mit seinem Gespür für Außenpolitik auf diesem exponierten Platz in der damaligen Zeit genau der richtige Mann war.

Der aus dem Grenzgebiet an der Saar stammende Alois Zimmer lernte an der Weichsel in einem wirtschaftlich völlig anders strukturierten Gebiet sehr ähnliche Probleme kennen, wie er sie vor seiner heimatlichen Haustür nach dem Ersten Weltkrieg erlebt hatte. Aber es gab einen Unterschied. Der 1922 gebildete Regierungsbezirk Westpreußen hatte die Aufgabe, mit seinem Namen östlich der Weichsel an die 1920 in vier Teile zerrissene Provinz Westpreußen zu erinnern. In vier der sechs zum kleinen Regierungsbezirk Westpreußen gehörenden Kreise war 1920 aufgrund des Versailler Friedensvertrages die Bevölkerung zu einer Volksabstimmung aufgerufen gewesen, um kund zu tun, ob sie auch künftig bei Deutschland verbleiben wolle. Rund 93 % derjenigen, die an der Abstimmung teilgenommen hatten, wollten es! Im Saarland sollte eine ähnliche Abstimmung erst mit einem Zeitabstand von 15 Jahren im Jahre 1935 stattfinden, stand also noch bevor.

Nach dreijähriger Tätigkeit in Marienwerder, zuletzt als persönlicher Referent des Regierungspräsidenten und zugleich politischer Referent, wurde Dr. Alois Zimmer 1928, vor 70 Jahren, 32jährig, zum Landrat des Kreises Stuhm/Westpreußen ernannt. Hier bewährte er sich als besonders tüchtiger Verwaltungschef und als ein Mann, der die politische Situation in diesem Grenzland und besonders in dem von einer erheblichen polnischen Minderheit bewohnten Kreis Stuhm zu beurteilen verstand. Seine Amtszeit war geprägt durch viele Bemühungen, den nationalen Gegensatz auszugleichen, Schulen mit polnischer Unterrichtssprache für die Minderheit über einen Katholisch-polnischen Schulverein einzurichten und dabei doch nie das Deutschtum und die deutsche Geschichte dieses Landes auf dem rechten Ufer der unteren Weichsel in Zweifel ziehen zu lassen. Sehr bald nach seinem Amtsantritt erkannte Zimmer die Notwendigkeit, zur Erinnerung an die auch in Stuhm zu Gunsten des Deutschtums positiv verlaufende Volksabstimmung vom 11. Juli 1920 und an die Versailler Grenzziehung ein Erinnerungs- und Mahnmal zu schaffen. Der Kreistag und die Bevölkerung folgten ihm. Zehn Jahre nach der Volksabstimmung konnte am 13. Juli 1930 auf dem Weißen Berg bei Stuhm, hoch über der Weichsel, ein eindrucksvolles Denkmal errichtet werden, das fortan als Westpreußenkreuz bekannt wurde und mit seinen 36 Metern Höhe auch vom Westufer der Weichsel zu sehen war.

Die segensreiche Tätigkeit des Landrats endete 1933 aus politischen Gründen durch die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand. Alois Zimmer kehrte in seine Heimat zurück und wurde beim Regierungspräsidenten in Trier bis 1938 weiter beschäftigt. In diesem Jahre übernahm er die Verwaltung des Gutes Grünhaus bei Trier, die er erst 1947 abgab. Am Zweiten Weltkrieg hatte er als Reserveoffizier und Kompanieführer von 1942 bis 1945 teilgenommen, einschließlich einer kurzen Zeit Kriegsgefangenschaft.

1945/46gehörte Dr. Alois Zimmer zu den Mitbegründern der CDU in Rheinland-Pfalz. Im Jahre 1946 wurde er Mitglied der Beratenden Landesversammlung, die die Landesverfassung ausarbeitete. Anschließend saß er während der ersten beiden Wahlperioden des Landtags von Rheinland-Pfalz und während der dritten Wahlperiode bis zum 9. Oktober 1957 in diesem Parlament. Vom 9. Juli 1947 bis zum 12. Juni 1951 war er Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion. Von 1947 bis 1951 war der ehemalige Landrat gleichzeitig Regierungspräsident in Montabaur. Dann übernahm er vom 13. Juni 1951 bis zum 15. Oktober 1957 das Amt des Ministers des Innern und das des Sozialministers. Anschließend gehörte der Politiker bis 1965 dem Deutschen Bundestag an. Während dieser Zeit war er auch Mitglied der Beratenden Versammlung des Europarates und der Westeuropäischen Union. Mit 69 Jahren zog sich Alois Zimmer aus gesundheitlichen Gründen aus dem politischen Leben zurück und verlebte die letzten Lebensjahre in Trier, nicht weit von seinem Geburtsort entfernt.

Der entlassene Landrat behielt auch über das Jahr 1933 hinaus Kontakt zum Kreis Stuhm. Nach 1945 arbeiteten in seiner Umgebung Heimatvertriebene aus Stuhm und Marienwerder. Zum Thema Ostdeutschland hatte er eine feste Haltung. Im Mai 1969 schrieb er: „Welch eine Erbärmlichkeit, Nichtsnutzigkeit und Charakterlosigkeit liegt darin, sogar auf das zu verzichten, was in dem Potsdamer Abkommen nach der bedingungslosen Kapitulation uns noch an Rechten verblieben war!“ So wie Alois Zimmer an der Weichsel stets auf Ausgleich zwischen den Völkern bedacht war, setzte er sich nach 1945 für die Verständigung mit Frankreich ein. Seine Arbeit wurde im Laufe der Jahrzehnte mehrfach gewürdigt. Er war Ritter des Hohenzollernschen Hausordens mit Krone und Schwertern und der Französischen Ehrenlegion sowie Träger des Großen Bundesverdienstkreuzes mit Stern und Schulterband. Nach seinem Tode ordnete die Landesregierung von Rheinland-Pfalz ein Staatsbegräbnis an, bei dem Ministerpräsident Helmut Kohl feststellte: „Das Land Rheinland-Pfalz verliert mit Dr. Alois Zimmer einen treuen und pflichtbewußten Mitbürger, der sich durch seine Arbeit um unser Land verdient gemacht hat.“

Quellen: Westpreußen-Archiv Münster, Schriftwechsel mit dem Autor.

Lit.: Bruno Schumacher: Drei westpreußische Regierungspräsidenten, in: Westpreußen-Jahrbuch 1951/52, Leer 1951. – Abgeordnete in Rheinland-Pfalz 1946-1987, Mainz 1991. – Amtliches Handbuch des Landtages Rheinland-Pfalz, III. Wahlperiode 1955. – Amtliches Handbuch des Deutschen Bundestages, IV. Wahlperiode 1961, 24. Auflage, Darmstadt 1962. – Wer ist wer?, XV. Ausgabe, Band I (West), Berlin, 1967. – Minister Alois Zimmer †, in: Der Westpreuße Nr. 08/1973. – Hans Jürgen Schuch: Der Landkreis Stuhm, hrsg. vom Heimatkreis Stuhm, Bad Pyrmont 1975.

Bild: Westpreußen-Archiv, Münster i.W.

 

  Hans-Jürgen Schuch