Biographie

Zitzewitz, Jakob von

Herkunft: Pommern
Beruf: Kanzler des Herzogtums Pommern-Wolgas
* 1. Januar 1507 in Muttrin Krs. Stolp
† 10. März 1572 in Stettin

Sein Vater, Jaspar von Zitzewitz, war Rat des Herzogs Bogislaw X. (1454-1523). Er war mit Pelagi(n)a von Münchow verheiratet. Nach den Söhnen Martin (um 1500-1575) und Joachim (um 1505-1563) wurde als ihr dritter und jüngster Sohn Jakob geboren. Die Brüder hatten die Schwester Ursula. Bereits mit 15 Jahren wurde Jakob zu seiner Bildung auf Hochschulen in Deutschland, Frankreich und Italien geschickt. In den folgenden 17 Jahren oblag er den Studien, er erwarb eine große Gelehrsamkeit, lernte fremde Länder und Sitten gründlich kennen und konnte zahlreiche einflussreiche Beziehungen anknüpfen. Während dieser Zeit verstarb sein Vater, doch war dies für den Sohn kein Anlass, nach Pommern zurückzukehren. Ungewiss ist es, an welchen Orten er sich in diesen Jahren aufhielt. Ein Eintrag in der Matrikel der Universität Wittenberg ‚Jacobus Czitzewitz Stolpensis‘ wird mit ihm in Verbindung gebracht, doch fehlen andere Hinweise auf ein Studium an der Hochschule der Reformatoren.

Als Jakob 1538 nach Pommern zurückkehrte, trat er zuerst in den Dienst von Herzog Barnim IX. von Pommern-Stettin (1501-1573), der nach einer anderen Zählung als Barnim XI. geführt wurde. Wenige Monate später trat er in die Dienste Herzog Phi­lipps I. von Pommern-Wolgast (1515-1560). Der Herzog erkannte sehr bald bei Zitzewitz die staatsmännische Begabung und betraute ihn mit der Vertretung des Kanzlers Dr. Balthasar (Baltzer) vom Wolde, als dieser am Reichstag teilnahm. Die Stadt Stralsund verweigerte dem Herzog die Huldigung und machte zur Bedingung, der Herzog müsse erst ihre früheren Privilegien bestätigen. Mit der Schlichtung dieses verwickelten innenpolitischen Problems wurde Zitzewitz im Herbst 1540 beauftragt.

In den folgenden Jahren wurde er zur Vertretung pommerscher Interessen an die Reichstage entsandt, nach Regensburg (1541), Nürnberg (1543) und Worms (1544). Auf der Tagung des Schmalkaldischen Bundes in Speyer (1543) hatte er die Aufgabe, den Austritt Pommerns aus dem Bündnis evangelischer Fürsten zu erklären und zu begründen. Der förmliche Austritt half zwar Pommern nach der Niederlage des Bundes in der Schlacht von Mühlberg, doch bedeutete der Austritt nicht, dass sich Pommern von der Reformation abwendet, lediglich eine größere Freiheit zu politischem Handeln wurde mit dem Austritt erreicht.

Ohne sein Zutun wurde er 1544 zum Mittelpunkt eines hochpolitischen Streites. Am 27. Januar 1544 starb der seit 1521 amtierende Bischof von Cammin, Erasmus von Manteuffel-Arnhausen (um 1475-1544). Herzog Philipp nominierte Zitzewitz als seinen Nachfolger, ohne ihn vorher zu fragen. Herzog Barnim von Pommern-Stettin, der den jungen Grafen von Oberstern bevorzugte, geriet deshalb mit Herzog Philipp in arge Feindschaft, die für Zitzewitz die unerquicklichsten Folgen hatten. Dies veranlasste ihn, obwohl die Angelegenheit geklärt werden konnte, das ihm mehrfach angebotene Statthalteramt im Bistum abzulehnen. Zum Nachfolger als Bischof wurde Bartholomäus Suawe (1494-1566), der bis dahin Kanzler des Herzogtums Pommern-Stettin und verheiratet war, bestimmt. Er verzichtete zugunsten der beiden Herzöge auf die Reichsunmittelbarkeit des Bistums, so dass die Herzöge über das Bistum verfügen konnten. Suawe selber wurde der erste evangelische Bischof in Cammin. Zitzewitz hatte damals schon einen bedeutenden Einfluss am herzoglichen Hof und so wurde er 1546 durch Herzog Philipp zum Kanzler des Herzogtums Pommern-Wolgast für eine Amtszeit von sechs Jahren bestimmt.

Zu dieser Zeit hatte er am Hofe schon den Namen ‚Salomo‘ und deshalb wurden ihm viele bedeutende Geschäfte zur Erledigung zugewiesen. Wenige Monate nach seiner Ernennung beendeten die ‚Schlacht bei Mühlberg‘ (24. April 1547) und die ihr folgende ‚Wittenberger Kapitulation‘ die Hoffnungen der Reformierten, die an den Schmalkaldener Bund geknüpft waren.

Kaiser Karl V. war über die zweideutige Politik der pommerschen Fürsten erzürnt und er plante zuerst nach dem für ihn günstigen Ausgang des Waffenganges eine ernste Bestrafung für Pommern, und er setzte dadurch das Herzogtum in angstvolle Erregung. Die Herzöge Barnim und Philipp sandten Zitzewitz in das kaiserliche Feldlager bei Wittenberg und zum Reichstag nach Augsburg (1547), er sollte den Kaiser versöhnen. Wenn dies auch noch nicht beim Reichstag gelang, so konnte er doch die schwere, aber auch gefährliche Aufgabe lösen. Seinem großen diplomatischen Talent war es zu danken, den Kaiser nach einer Reise an den kaiserlichen Hof in Brüssel (Dezember 1548) zum Abschluss eines Sühnevertrages zu bewegen: Pommern hatte das ‚Augsburger Interim‘ anzuerkennen, 90.000 Gulden zu zahlen und sich dem Urteil des Reichskammergerichts in dieser Sache zu unterwerfen. Danach gelang es seiner Überzeugungskunst, die Stände zur Annahme der kaiserlichen Sühnebedingungen zu bewegen und in überraschend kurzer Zeit das auferlegte Strafgeld zu beschaffen.

In den folgenden Jahren suchte er das Herzogtum Pommern zu reformieren. Eine Neuordnung des Münzwesens, die Verbesserung der Verwaltung und die Anpassung des Justizwesens und der Gesetzgebung zur ‚guten Polizei‘ an die Beschlüsse des Reichstages waren seine wichtigsten Vorhaben. Da ihn aber die Herzöge dabei nicht gegen den Widerstand des Landadels unterstützten, konnte er seine Vorhaben nicht voranbringen. Lediglich bei der Neuordnung der kirchlichen Verhältnisse kam er voran. Enttäuscht bat er bei Ablauf der sechsjährigen Amtsperiode im Jahre 1552 um seinen Abschied, den ihm aber Herzog Philipp I. nicht gewährte, stattdessen sandte er ihn im gleichen Jahr als seinen Vertreter zum Fürstentag nach Passau, bei dem der Passauer Vertrag vom 2. August 1552 verhandelt wurde, in dem es um das Schicksal der evangelischen Fürsten nach dem Schmalkaldischen Krieg und das zukünftige Verhältnis zwischen Katholiken und Protestanten ging. Da der Kaiser sich einer Regelung entzog, die auf lange Jahre angelegt war, führte der Vertrag nur zu einer vorübergehenden Lösung. Im folgenden Jahre war Zitzewitz Stellvertreter des pommerschen Herzogs bei den Verhandlungen im Zusammenhang mit dem II. Markgrafenkrieg zwischen Markgraf Albrecht II. Alkibiades von Brandenburg-Kulmbach (1522-1557), den Bistümern Bamberg und Würzburg und dem Herzogtum Braunschweig-Lüneburg. Dank seines Verhandlungsgeschicks konnte er befriedigend auf Herzog Alkibiades einwirken. Seine weitere Reise dehnte er bis nach Ungarn aus, seine trostlosen Briefe von dieser Reise schildern den Zustand des Reiches sehr pessimistisch.

Sein Verhandlungsgeschick konnte er im Jahre 1556 wieder in den livländischen Wirren beweisen, als es ihm gelang, eine Verwicklung Pommerns in den Streit abzuwenden und das Herzogtum vor einem Krieg zu bewahren. Nach dem Tode des Bischofs Martin von Weyher (1512-1556) konnte Zitzewitz durch geschickte Verhandlungen erreichen, dass zu seinem Nachfolger als Bischof von Cammin der Prinz Johann Friedrich (1542-1600) eingesetzt wurde. Dadurch wurde das Bistum endgültig dem Herzogtum gesichert.

Als 1558 wiederum eine sechsjährige Zeit als Kanzler abgelaufen war, legte er die Kanzlerschaft nieder und ließ sich auch vom Herzog nicht dazu bewegen, das Amt weiter zu führen. Gehässige Angriffe seiner Feinde und die geringe Unterstützung des Herzogs bei seiner Amtsführung hatten ihm das Amt verleidet. Er wurde zum Hauptmann des Amtes Wolgast bestellt, diente dem Fürsten jedoch weiter als Berater und nahm auch als Vertreter Pommerns am Reichstag in Augsburg (1559) teil. Bei der Beerdigung von Herzog Philipp I. zu Pommern (1560) nahm er das Ehrenamt eines Leichenträgers wahr.

Nach dem Tode seines Herzogs wurde Zitzewitz völlig zur Seite geschoben, seine Widersacher, besonders Ulrich von Schwerin (um 1500-um 1575) gewannen die Oberhand. Er zog sich auf seine Güter zurück, stand jedoch weiterhin in regem Briefverkehr mit dem jungen Fürsten, auswärtigen Fürstenhöfen und herzoglichen Räten.

Der nordische Krieg brachte 1564 Pommern wieder in eine gefährliche Lage und so wurde er wieder in das politische Leben gezogen. 1565 wurde er mit wichtigen Aufträgen zur Bewahrung des Friedens nach Kopenhagen und Stockholm entsandt, ab 1566 wurde er wieder für weite Teile der Politik Pommerns verantwortlich, da er die Gunst und das Vertrauen von Herzog Johann Friedrich besaß. Als dieser 1569 die Regierung in Stettin übernahm, folgte ihm Zitzewitz dorthin und wurde zum Hofgerichtspräsidenten und ‚obersten Aufseher über die ganze fürstliche Regierung, Hof- und Haushaltung‘ ernannt. Damit besaß er eine Machtfülle wie sie vor oder auch nach ihm kein pommerscher Beamter besaß.

Zu Beginn des Jahres 1572 zeigte sich, dass das Bankhaus der Familie Loitze, bei dem viele Pommeraner Geld angelegt hatten, zusammenbrach. Zitzewitz hatte auch bei diesem Geldhaus viel Geld angelegt, für den Zusammenbruch machte man ihn mit verantwortlich. Er war materiell ruiniert und gesundheitlich zusammengebrochen. Hinzu kam, dass sich ein Heiratsplan, nach dem die Tochter des verstorbenen Herzogs Philipp I., Margaretha (1533-1581) den dänischen König heiraten sollte, sich zerschlug. Seine Gegner machten Zitzewitz auch für diesen Fehlschlag verantwortlich. Wohl beide Bedrängnisse führten bei Jakob von Zitzewitz dazu, dass er sich in Stettin am 10. März 1572 das Leben nahm. Herzog Johann Friedrich ehrte seinen langjährigen Kanzler durch ein prunkvolles Begräbnis und ließ ihn in der Marienkirche in Stettin beisetzen. Das Grab ist inzwischen nicht mehr vorhanden, es wurde aufgehoben. Die bleibenden Verdienste von Jakob von Zitzewitz sind darin zu sehen, dass er dem Herzogtum in einer unruhigen Zeit über lange Jahre kriegerische Auseinandersetzungen erspart hat.

Lit.: Max von Stojentin: Jacob von Zitzewitz, auf Muttrin und Vorwerk vor Lassan erbsessen, ein Pommerscher Staatsmann aus dem Reformations-Zeitalter, in: Baltische Studien N. F. 1 (1897), S. 143-288. – Ders.: Zitzewitz, Jacob von, in: Allgemeine Deutsche Biographie 45 (1900), S. 379-381.

Bild: Schloss Wolgast, Matthäus Merian d.Ä. 1652 (Topographia Germaniae), gemeinfrei

Ulrich-Dieter Oppitz