Vortrag, 22.06.2021

Fritz Bracht (1899-1945) – Gauleiter von Oberschlesien. Eine politische Biographie zwischen Plettenberg und Kattowitz.

Buchvorstellung und Vortrag mit Dr. Mirosław Węcki (Uniwersytet Śląski w Katowicach/Schlesische Universität Kattowitz)

 

Wer Informationen über Fritz Bracht sucht, der seit 1935 stellvertretender NSDAP-Gauleiter von Schlesien und von Anfang 1941 an Gauleiter von Oberschlesien war, mag zunächst überrascht sein, wenn er im Internet-Portal Westfälische Geschichte fündig wird. Tatsächlich stammte Bracht aus Heiden i. Lippe. Mit Schlesien kam Bracht erst 1935 in Berührung. Bis dahin hatte der gelernte Gärtner, der seit dem Frühjahr 1927 der NSDAP und der SA angehörte, seine politische Karriere ausschließlich in seiner Heimatregion absolviert. Zuletzt fungierte er als Kreisleiter der NS-Partei in Altena, bevor er dann nach Breslau und später nach Kattowitz wechselte. War es »Personalmangel« der NS-Partei, der Bracht den Aufstieg in die oberste Riege ihrer Funktionäre ermöglichte? Tatsache ist, dass Oberschlesien für die NSDAP zumindest vor 1933 schwieriges Terrain war – ihre Reichstagswahlergebnisse lagen dort stets unter dem Reichsdurchschnitt, und zwar deutlich. Als die NSDAP im September 1930 ihren ersten spektakulären Erfolg auf Reichsebene erzielte und 18,3 Prozent der abgegebenen Stimmen erhielt, bekam sie in Oberschlesien gerade halb so viele Stimmen. Bei der letzten freien Reichstagswahl im November 1932 kam die NSDAP reichsweit auf 33,1 Prozent, in Oberschlesien nur auf 26,8 Prozent der abgegebenen Stimmen. Das war reichsweit eines der schlechtesten Ergebnisse. Dominant war dort noch immer der politische Katholizismus in Gestalt der Zentrumspartei, die zeitgleich auf Reichsebene nur noch 11,1 Prozent erzielte, in Oberschlesien aber mit 32,3 Prozent der abgegebenen Stimmen weiterhin mit Abstand stärkste Kraft war. Dennoch verkörperte Fritz Bracht seit 1941 die Machtfülle der NS-Diktatur in Oberschlesien, war auch mitverantwortlich für deren Verbrechen – in Brachts Zuständigkeitsbereich lag nicht zuletzt das Vernichtungslager Auschwitz. Sein Selbstmord am 9. Mai 1945 verhinderte, dass Bracht zur Rechenschaft gezogen werden konnte.

In Kooperation mit: Kulturreferat für Oberschlesien beim Oberschlesischen Landesmuseum

 

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