Als König Ferdinand I. von Rumänien aus seinem kriegsbedingten Rückzugsquartier in Iasi/Jassy zweimal kurz nacheinander, am 5. April und am 6. Mai 1917, eine größere Landumverteilung nach Kriegsende in Aussicht stellte, befanden sich die Regierung, das Heer und auch die Landwirtschaft Altrumäniens in einer seit längerem währenden Krise. In der Landeshauptstadt Bukarest, die am 6. Dezember 1916 von den Truppen der Zentralmächte besetzt worden war, und über den ganzen Süden und über Teile des Westens (Oltenien, Walachei, Dobrudscha und westliche Moldau bis zum Sereth) richteten die Sieger die sog. „Militärverwaltung Rumänien“ ein, Generalfeldmarschall v. Mackensen war der dort residierende Kommandant.
Der größere Teil des rumänischen Heeres, überwiegend mangelhaft ausgebildete und gerüstete Bauernsöhne, hatte sich gleichfalls hinter die Serethlinie zurückgezogen und wartete ab. Auf dem Land fehlten nicht nur Arbeitskräfte in der Landwirtschaft. Die Inhaber der großen Latifundien, auf denen zahllose Bauernfamilien in Pacht arbeiteten, waren tief verschuldet und wenig für notwendige Investitionen zu interessieren.
In dieser Lage versuchte König Ferdinand mit seinen beiden Adressen an die Truppe eine moralische Aufrüstung mit solch zukunftsverheißenden Worten wie: „Bauernsöhne, … Land wird euch gegeben.“ Die politisch mobilisierende Absicht lag klar zutage. Über wirtschaftliche Aspekte wurde 1917 und auch 1921 nicht nachgedacht. Gewisse Wirkung zeigte sich jedoch schon bald. Die französische Militärmission unter General Berthelot begann in der Moldau mit der Ausbildung und Ausrüstung der rumänischen Armee, der es im August 1917 schließlich bei Mãrãºti gelang, eine Offensive der Zentralmächte zum Stehen zu bringen.
Anfang Dezember 1918 kehrten die Regierung, Verwaltung und der Hof nach Bukarest zurück. Die anhaltend schlechte Wirtschaftslage und eine Inflation bestimmten die politisch wie sozial angespannte Lage. Damit fielen die Hypothekenzinsen der Gutsbesitzer, und ihre Bereitschaft zur Landreform kühlte merklich ab. Doch stand der König gegenüber den Frontkämpfern im Wort. Die Regierung sah sich zusätzlich durch sozialrevolutionäre, aus der östlichen Provinz Bessarabien kommende Propaganda zum Handeln gedrängt. Zwischen 1918 (Bessarabien) und 1924 (Dobrudscha) liefen in den verschiedenen Landesteilen nach Zeitplan, Umfang und Entschädigungsrahmen unterschiedliche Landumverteilungen ab. Etwa 30 % der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche wurden an arme Bauern, überwiegend Rumänen, vergeben. Das Land stammte aus Großgrund- und Kronbesitz, aus dem Besitz von Ausländern und den sog. Optanden (meist in Ungarn lebende Grundbesitzer) sowie aus dem Besitz der Körperschaften. Für die rumänischen Kleinbauern brachte das erhaltene Land vorübergehend eine soziale Entlastung. Um 1938 war diese Wirkung bereits verbraucht, die Agrarfrage blieb das wirtschaftliche Hauptproblem Rumäniens.
Für Siebenbürgen und das Banat führte die Provisorische Provinzialverwaltung 1919 eine (wenn auch unvollständig gebliebene) Erhebung durch, die zur Grundlage der Landreform in den ehemals ungarischen Provinzen genommen wurde. Enteignet wurden hier hauptsächlich die Angehörigen der Minderheiten, obwohl die Reform „im Sinne des öffentlichen Nutzens“ durchgeführt werden sollte. Da deutsche Bauern nur kleinere Bodenflächen bewirtschafteten, traf die Reform am härtesten das Gemeinschaftsvermögen. Aus den etwa 35.960 Joch des Körperschaftsvermögens der Siebenbürger Sachsen wurde die Hälfte enteignet. Dieses Grundvermögen der Universitas Saxonum hatte überwiegend der Finanzierung kultureller und sozialer Einrichtungen der evangelischen Kirche gedient – Schulen, Kindergärten, Altenversorgung usf. Da die rumänische Regierung ihnen Unterstützung zusagte, aber mangels Mittel nicht einlösen konnte, gerieten die deutschen kulturellen Einrichtungen Rumäniens in finanzielle Abhängigkeit von Deutschland, was nach 1933 auch politisch wirksam wurde.
Die Bodenreform erlangte für Siebenbürgen und das Banat am 30. Juli 1921 Gesetzeskraft. Sie hatte hier nicht allein einen nationalrumänischen Aspekt. Es wurde auch mit zweierlei Maß bei der Festlegung der enteigneten Flächen und bei der Bewertung der Entschädigungshöhe gemessen. Während in Altrumänien das Hektar die Einheit bildete, war es in Siebenbürgen und dem Banat das Joch (= 0,57 ha). Entschädigt wurde im Tausch von 1 zu 1, obgleich der Leu im Verhältnis von 7 zu 1 gegenüber der Krone stand. Mißtrauen gegenüber den Behörden in Bukarest prägte seit der Landreform das Verhältnis der Deutschen zum neuen Staat.
Lit.: Wittstock, Erwin: Die Liquidierung des sächsischen Nationalvermögens und die Enteignung der Sieben-Richter-Waldungen, Schäßburg 1926. – ªandru, Dumitru: Reforma agrarã din 1921 în România (Die Agrarreform von 1921 in Rumänien), Bucureºti 1975 (Biblioteca istoricã. 43). – Welzk, Stefan: Nationalkapitalismus versus Weltmarktintegration? Rumänien 1830-1944, Saarbrücken 1982 (Sozialwissenschaftliche Studien zu internationalen Problemen. 76).
Bild: Ferdinand von Rumänien Ferdinand von Rumänien / Quelle: Wikipedia. Gemeinfrei.
Krista Zach