Schon seit dem 18. Jahrhundert gibt es große Kontroversen darüber, wie die Reaktion der katholischen Kirche auf die gesellschaftlichen Vorgänge zwischen 1555 und 1648, einer Periode, die wir heute als „konfessionelles Zeitalter“ bezeichnen, am besten benannt werden sollte. War der Begriff „Gegenreformationen“ schon früh bekannt, so prägte Leopold von Ranke die Singularform „Gegenreformation“, die erst durch den Historiker Moritz Ritter populär wurde. Große Kontroversen um diesen Begriff entbrannten schon im 19. Jahrhundert, da er für zu einseitig erachtet wurde. Die Kritiker wandten ein, man berücksichtige gar nicht die Kirchenreform innerhalb des Katholizismus, denn die „Gegenreformation“ habe nur einen Abwehrcharakter. Erst die Begriffswahl „katholische Reform und Gegenreformation“ des Schweizer Historikers Hubert Jedin fand für mehrere Jahrzehnte Eingang in die deutschsprachige Geschichtsschreibung.
1956 prägte der katholische Historiker Ernst Walter Zeeden den Begriff „Konfessionsbildung“, der rund zwanzig Jahre später zum Konzept der „Konfessionalisierung“ führte. Diese kennzeichnet nicht nur die Herausbildung einer Konfessionskirche, sondern sie bezieht sich auf einen gesamtgesellschaftlichen Prozeß, innerhalb dessen diese bekenntnismäßige und organisatorische Verfestigung der Kirche als Leitvorgang für eine weitergreifende politische und gesellschaftliche Formierung wirkte und zur Heranbildung des modernen Staates führte.
Der Augsburger Reichstag, der vom 5. Februar bis 25. September 1555 tagte und mit seinem Reichsabschied den Religionsfrieden verkündete, war kein glanzvoller. Die Abwesenheit aller Kurfürsten und fast aller Reichsfürsten zeugte von der schwierigen politischen Lage, in der sich das Heilige Römische Reich Deutscher Nation schon seit über dreißig Jahren befand.
1521 wurde mit dem „Wormser Edikt“ die Ausübung des evangelischen Glaubens im Reich gänzlich verboten. Den Landesherren wurde jedoch auf den folgenden Reichstagen das Recht eingeräumt, nach eigenem Gewissen zu handeln. Als die katholische Mehrheit auf dem Reichstag zu Speyer 1529 die Zulassung der katholischen Predigt und Messe in den evangelischen Gebieten forderte, erhoben die Lutheraner einen starken Protest und trugen auf dem darauffolgenden Reichstag zu Augsburg 1530 die „Confessio Augustana“ vor, welche zu ihrer konfessionellen Grundlage wurde.
Um eine starke Front gegen den Kaiser zu bilden, gründeten die Protestanten den „Schmalkaldischen Bund“. Zunächst konnte der Kaiser nicht vehement genug dagegen vorgehen, weil sich die politische Lage verschlechterte (u. a. Türkengefahr). 1546 erklärte Karl V. dem Bund den Krieg, in dem die Protestanten innerhalb von zwei Jahren vernichtend geschlagen wurden. Auf dem Höhepunkt seiner Macht diktierte der Kaiser 1548 im „Augsburger Interim“ eine neue Religionsordnung, die von den Evangelischen abgelehnt wurde.
Eine erste Wende wurde während einer kurzen Schwächephase des Kaisers sichtbar, als ein folgenreicher Konflikt zwischen Karl V. und den Fürsten, angeführt vom Kurfürsten Moritz von Sachsen, zu eskalieren drohte (sog. „Fürstenaufstand“). Die einflußreichen Fürsten torpedierten die Bestrebungen Karls, das Religionsproblem im Reich mit einem Gesetz zu reglementieren, das erwartungsgemäß die Katholiken begünstigen würde. Karls jüngerer Bruder, der deutsche König Ferdinand, beendete diesen Aufstand mit der Unterzeichnung des „Passauer Vertrages“ von 1552. Darin versprach Ferdinand im Namen des Kaisers, die Gewissensentscheidungen der lutherischen Reichsstände zu respektieren und auf einen weiteren Versuch einer Reichsexekution zu verzichten. Im Gegenzug sollten die Lutheraner die Katholiken nicht behelligen. Dieser Vertrag scheiterte jedoch an der Haltung Karls, einen weltlichen Religionsfrieden ohne Klärung der Glaubensfrage zu gewähren.
Diese Pattsituation konnte erst nach dem Verzicht Karls auf die Krone gelöst werden. Es war sein Bruder und Thronfolger Ferdinand I., der den „Augsburger Religionsfrieden“ in die Wege geleitet hatte.
Der „Augsburger Religionsfrieden“ regelte das konfessionelle Zusammenleben im Heiligen Römischen Reich, das sich nur auf die Katholiken und Lutheraner beschränkte. Die wichtigste Bestimmung war die Freiheit eines jeden Reichsherrn (d. h. Territorialfürsten) zur Bestimmung der Konfession in seinem Territorium (Ius reformandi). Untertanen, die die jeweilige Konfession des Territorialherrschers nicht annehmen wollten, hatten das Recht zur Ausreise. Erst ein halbes Jahrhundert später, nämlich 1612, formulierte der Greifswalder Juraprofessor Joachim Stephani diesen Grundsatz mit der berühmten Formel: „Cuius regio, eius religio“.
Der Religionsfrieden beendete zwar die mehrere Jahrzehnte lang andauernden Konflikte, eine endgültige Lösung brachte er jedoch nicht. Im Reichsabschied wurde verankert, daß das Heilige Römische Reich von nun an bikonfessionell sein wird. Allerdings hatte der Religionsfrieden lediglich einen politischen und rechtlichen Charakter, da er das Zusammenleben beider Konfessionen im Reich regeln sollte. Die religiöse Wahrheitsfrage wurde dabei völlig ausgeklammert, was dazu führte, daß jede Seite am Wahrheitsgehalt und Absolutheitsanspruch ihrer jeweiligen Konfession festhielt. Die übrigen reformierten Glaubensrichtungen wurden dabei gezielt ausgeklammert. Wenn man dabei bedenkt, daß die Religionsfreiheit für jedermann, und zwar gleich, welcher Konfession, erst 1648 verkündet wurde, so wird deutlich, daß der „Augsburger Religionsfrieden“ mit unserem heutigen Toleranzverständnis nichts zu tun hatte.
Der „Reichsabschied“ von 1555 löste nicht alle Probleme, denn gerade in den Lücken verbarg sich der Konfliktstoff, der in der Folgezeit bedeutend wurde. Das beinhaltete insbesondere die Behandlung der geistlichen Fürstenstaaten und der Reichsstädte, den Kirchenbesitz (vor allem Klöster) innerhalb der protestantischen Territorien, sowie eben die Rechte andersgläubiger Untertanen. Die freien und Reichsstädte wurden als bikonfessionell eingestuft, was sich nicht nur in der Konfessionsbildung, sondern auch in der Kunst und Bildung widerspiegelte.
Beide Seiten legten den Text des Religionsfriedens unterschiedlich aus. Die Habsburger befürchteten dabei, daß die katholische Mehrheit innerhalb des Kurfürstenkollegiums nach Übertritten zum Protestantismus gefährdet sein könnte und ihre Dynastie letztendlich gestürzt würde. Um dem vorzubeugen, ließ König Ferdinand in den Text des Religionsfriedens einen Paragraphen (§18) einbauen, der als „Geistlicher Vorbehalt“ bekannt wurde. Demnach stand den geistlichen Reichsständen, Fürstbischöfen und Fürstäbten der persönliche Übertritt zum Protestantismus zwar ohne Strafe und Ehrverlust frei, dennoch verloren sie dann alle Pfründen, Reichslehen und die Territorialherrschaft. Ihre Domkapitel bzw. Konvente sollten in diesem Fall einen katholischen Nachfolger wählen.
Der „Augsburger Religionsfrieden“ kann daher als das Scheitern der (Religions-)Politik Kaiser Karls V. in seinen Bemühungen gedeutet werden, daß der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches – eines christlich vereinten Reiches – als weltliches Oberhaupt zusammen mit dem Papst als geistlichem Statthalter die Weltgeschicke regiert. Nun gestaltete sich die Konfessionalisierung in den Gebieten des Heiligen Römischen Reiches recht unterschiedlich. Ganz anders verlief die Entwicklung außerhalb der Grenzen des Reiches.
Die Konfessionalisierung ist in den historischen deutschen Ost- und Siedlungsgebieten erst in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts festzustellen. Lediglich in Böhmen und Mähren konnte sie sich schon früher unter dem Mantel der legalen hussitisch-utraquistischen Kirche entfalten. In Böhmen ist die deutlichste Konfessionalisierung auf landespolitischer Ebene im ostmitteleuropäischen Raum feststellbar. Die Reformation begann dort am frühesten, nämlich nach der Verbrennung von Jan Hus auf dem Konstanzer Konzil im Jahre 1415. Das 15. Jahrhundert markiert in Böhmen eine Epoche blutiger Kämpfe. Schwere Einbuße mußte die katholische Kirche hinnehmen, als der Prager Erzbischof Konrad von Vechta 1421 zum Utraquismus übertrat, wonach der erzbischöfliche Stuhl 140 Jahre lang unbesetzt blieb.
Eine entscheidende Rolle für die Konfessionalisierung spielte dort der Adel, so daß sich das Interesse der katholischen Kirche gerade auf den Hochadel und die Grundherren richtete. Die Übersiedlung des kaiserlichen Hofes von Wien nach Prag 1583 (bis 1611) sowie die Tätigkeit der Jesuiten (ab 1556) verstärkten die Maßnahmen der katholischen Kirche. Mit der „Verneuerten Landesordnung“ von 1627 (Böhmen) und 1628 (Mähren) wurden alle nichtkatholischen Konfessionen für illegal erklärt, so daß eine weite Rekatholisierung einsetzte. In Mähren verlief die Entwicklung ähnlich wie in Böhmen, wobei die Polarisierung nicht so stark war. Das lag daran, daß Mähren in Religionsfragen schon sehr früh dem sehr freiheitlichen Modell Polens folgte.
Die ersten Jahre der Reformation verliefen in Schlesien recht stürmisch, erst nach 1550 konnte sich das von der Mehrheit der Bevölkerung bekannte Luthertum einigermaßen konsolidieren. Die Situation der katholischen Kirche in Schlesien verschlechterte sich zusehends. Visitationen wurden nicht mehr durchgeführt, die Pfarreien nach dem Tode eines Pfarrers nicht mehr besetzt.
Die ohne Rücksicht auf die Stände und den Adel Anfang des 16. Jahrhunderts von Kaiser Rudolf II. durchgeführten Maßnahmen zur Rekatholisierung riefen starken Widerstand beim lutherischen Adel hervor. 1609 setzten die schlesischen Stände den Erlaß eines eigenen Majestätsbriefes durch Rudolf II. durch. So wurden die Bekenntnisse für gleichberechtigt erklärt und die Religionsfreiheit einem jeden Untertanen gewährt, was noch weiter ging, als etwa die Erlasse des „Böhmischen Majestätsbriefes“. Davon ausgeschlossen blieben jedoch die reformierten Konfessionen, da der protestantische Adel befürchtete, daß der Augsburger Religionsfrieden nach einem möglichen Übertritt zum Calvinismus nicht greifen würde. Die Niederlage des Winterkönigs am Weißen Berg 1620 und die Einnahme von Glatz durch die kaiserlichen Truppen bedeuteten den Beginn der Gegenreformation auch in den benachbarten Fürstentümern Oppeln und Ratibor (ab 1624), Schweidnitz-Jauer oder Jägerndorf (ab 1626), die unter dem Einfluß der Jesuiten auf ganz Schlesien ausgeweitet wurde.
In Königlich-Preußen und Ermland verlief die Entwicklung anders. Im Gegensatz zu Polen, wo die Reformation erst in den 50er und 60er Jahren des 16. Jahrhunderts Einzug hielt, breitete sich die Lehre Luthers in den Städten wie Danzig, Elbing, Thorn und Marienburg sehr schnell aus, da sie über gute Kontakte zu den Handelsstädten im Westen unterhielten. Schon um 1525 hörte die Diözese Pomesanien praktisch auf, für die katholische Kirche zu existieren. Nahmen die Ermländer Bischöfe anfänglich eine abwartende Haltung ein, so versuchte Stanislaus Hosius (1551-1579 Bischof von Ermland, 1561 zum Kardinal kreiert), die Rekatholisierung einzuleiten. Die Städte begegneten ihm jedoch mit größtem Widerstand, da sie die Respektierung des Augsburger Religionsfriedens forderten. Konnte sich in den 17 Städten Königlich Preußens die Reformation ausbreiten, blieb das Land mehrheitlich katholisch. Große Zisterzienserniederlassungen wie Oliva und Pelplin blieben unbeschadet bestehen.
Auch hier wurde die Gegenreformation nicht durch den Landesherrn, dem die nötige Macht fehlte, sondern durch die Jesuiten eingeläutet, die noch von Kardinal Hosius unterstützt wurden.
Das Herzogtum Preußen stand unter dem intellektuellen Einfluß von Königsberg, so daß auch dort die Reformation schnell Einzug halten konnte. In der Folgezeit wurden gleich vier Kirchenordnungen verfaßt (die vierte erschien 1568), da die Zeit von großen Lehrstreitigkeiten geprägt wurde, die in Königsberg ausgefochten wurden, so z. B. zum Rechtfertigungsbegriff. Die Heftigkeit dieser Dispute resultiert auch daraus, daß die Königsberger Calvinisten nicht einflußlos waren. Erst 1648 wurden alle drei Konfessionen als gleichberechtigt eingestuft, auch wenn die doktrinären Meinungsverschiedenheiten weiterhin bestehen blieben.
In Pommern und Cammin breitete sich die Lehre Luthers sehr schnell aus, was insbesondere dem Reformator Pommerns, dem in Wollin geborenen und in Greifswald studierten Johannes Bugenhagen zu verdanken ist. Größere Städte wie Stettin, Stralsund und Greifswald waren dem Protestantismus gegenüber sehr aufgeschlossen. Doch erst um 1534/35 wurde Pommern großflächig lutherisch, nachdem die Herzöge diese Konfession angenommen und eine eigene Kirchenordnung erlassen haben. Dabei wurden Visitationen, Synoden und ein eigenes Schulsystem anberaumt. Bis 1555 stabilisierte sich die Lage der Lutheraner, bis ihre Konfession offiziell anerkannt wurde. Gewaltsame Rekatholisierungsversuche wurden lediglich in den Ländern Lauenburg und Bütow, die als polnische Lehen dem Bischof von Leslau (Włocławek) unterstanden, sowie in den zum Bistum Cammin gehörenden Draheim und Tempelburg, unternommen. 1647 einigten sich Schweden und Brandenburg, daß dieses auf Vorpommern, die Odermündungen und einen Landstreifen rechts der Oder zugunsten Schwedens verzichtete, und nur Hinterpommern behält. Die Friedensverträge von Münster und Osnabrück bestätigten diese Abmachung und weiteten den Religionsfrieden von 1555 auch auf die Reformierten aus. Dabei wurde der lutherische Charakter Pommerns respektiert. Ab 1665 wurden die Kurfürsten von Brandenburg als Fürsten von Cammin Rechtsnachfolger der Camminer Bischöfe. Das evangelische Domkapitel blieb bis 1810 bestehen.
In Polen und Ungarn festigte sich das Luthertum am frühesten in den deutschsprachigen Städten und Regionen. Die Zweite Reformation führte den Protestantismus vor allem in Ungarn und Polen zur festen Identitätsbildung.
Die protestantische Konfessionalisierung in Ungarn zeigt Merkmale auf, die auch für die übrigen mittelosteuropäischen Regionen charakteristisch sind: Die Reformation erfolgte entweder ohne oder gegen den Herrscher, die führende Rolle fiel dem Adel und den Ständen zu, und die katholische Kirche wurde in der Gesellschaft und Politik in die Minderheit gedrängt. Dadurch konnte die Rekatholisierung nach dem Tridentinum mit erheblicher Verzögerung (so in Ungarn) oder erst nur in einzelnen Gebieten und schrittweise (Böhmen und Mähren) erfolgen. Die Konfessionalisierung in Ungarn wurde insbesondere von Primas Péter Pázmány (Erzbischof von Gran 1616-1637) eingeläutet. Selbst von einem calvinistischen Hochadel stammend, konnte er mehrere führende Magnaten zum Übertritt bewegen, die zum entscheidenden Träger der Rekatholisierung in Westungarn wurden. Pázmány und seine Nachfolger sorgten zudem dafür, daß die katholische Bildung in der jeweiligen Landessprache stattfand. Das hatte vor allem in Oberungarn (heutige Slowakei) entscheidenden Einfluß darauf, daß der Katholizismus bei den Slowaken zum nationalstiftenden Element wurde, da die Jesuiten die westslowakischen Dialekte zur Sprache erhoben („Jesuitenslowakisch“), während die Protestanten am „Bibeltschechischen“ festhielten. Zu einem geistigen Zentrum wurde Tyrnau (heute: Trnava in der Westslowakei), wo der ungarische Primas zwischen 1543 und 1820 residierte.
Die katholische Konfessionalisierung wurde von einem reformbewußten Episkopat unter der Mitwirkung der Jesuiten vorangetrieben. Am frühesten geschah das in Polen und Mähren, am spätesten in Ungarn. Eine große Rolle spielte dabei eine neue, durch die Rekatholisierung gebildete Gruppe Hochadeliger, welche die katholische Religion in ihren Gebieten bestimmte und den Einfluß des Protestantismus in den politischen Entscheidungsgremien zurückdrängte. Durch die Rekrutierung von Beamten aus dem katholischen Adel wurde die katholische Konfessionalisierung von oben her diktiert. Allerdings konnte die Staatskonfessionalisierung nur in Böhmen-Mähren und in Österreich erfolgen. In den übrigen Ländern konnte die katholische Konfessionalisierung lediglich die Autoritätssteigerung der jeweiligen Grundherren herbeiführen. Es wird von daher von den Historikern bezweifelt, ob die Konfessionalisierung der Habsburger die moderne Staatsführung förderte, da die Konfessionalisierungsprozesse in diesen Gebieten dezentral und regional beschränkt verliefen.
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Bild: Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen.
Gregor Ploch (OGT 2005, 186)