An der alten Handelsstraße, die aus dem Südwesten des Burzenlandes zwischen dem Königstein und dem Butschetsch in die Walachei führte, erhebt sich auf einem ins Tal des Turcul-Baches vorspringenden Felsen die Törzburg (rumänisch Bran, ungarisch Törcsvár), die heute eines der bekanntesten Museen Rumäniens für mittelalterliche Geschichte beherbergt. Die Straße durch den Törzburger Paß war im Mittelalter und bis ins 18. Jahrhundert der wichtigste Handelsweg zwischen der Walachei und Siebenbürgen. Am 19. November 1377 wurde im Jagdschloß des ungarischen Königs Ludwig I. in Altsohl (heute Zvolen in der Slowakei) die bedeutsame Urkunde ausgestellt, die man als „Geburtsurkunde“ der Törzburg betrachten kann. Es waren nur etwa fünf Monate vergangen, seit das Heer des Fürsten der Walachei Radu I. König Ludwig besiegt hatte, der versucht hatte, die Oberhoheit über die Walachei wieder zu erlangen. Trotzdem hatte Ludwig weiterhin die Absicht, die Walachei, „so Gott es will“, sich zu unterwerfen. In dieser Lage erboten sich die „getreuen Ältesten, Geschwornen und die gesamte Gemeinschaft der Sachsen des Kronstädter Stuhles ungezwungen und freiwillig“, eine neue Burg auf dem Dietrichstein (novum castrum in lapide Tydrici) zu errichten, und zwar mit ihrer Arbeit und auf ihre Kosten, und den Wald um die Burg der Länge und der Breite nach zu roden und zu ebnen, Steine, Mörtel, Holz und andere Materialien zum Bau zuzuführen, ebenso Maurer, Steinmetzen und Zimmerleute zum Bau zu schicken. Als Gegenleistung bestätigte der König den alten Verband der Stadt Kronstadt mit den dreizehn sächsischen Dörfern des Burzenlandes. Dieses waren (mit ihren heutigen Ortsnamen): Weidenbach, Neustadt, Rosenau, Wolkendorf, Zeiden, Marienburg, Nußbach, Rothbach, Heldsdorf, Honigberg, Petersberg, Brenndorf und Tartlau. Außerdem wurde den Burzenländer Sachsen der freie Gebrauch der Wälder und Gewässer, die freie Jagd und der Fischfang sowie die Feldnutzung der „Turchaw“ zugesichert.
Die Reihenfolge der Aufzählung der Burzenländer Dörfer in der Urkunde von 1377 läßt noch die „Hundertschaften“ erkennen, die die Deutschen Ritter am Anfang des 13. Jahrhunderts (1211–1225), als ihnen das Burzenland von König Andreas II. verliehen wurde, gegründet hatten.
Bis zum Jahre 1377 war die ungarische Grenzburg im Törzburger Paß die Burg beim „Roten Baum“ (Ruffa arbor, heute Rucăr), etwa 20 km weiter südlich, doch wurde die Zollstellespäter in die Törzburg verlegt. Der damalige militärische Kommandant der siebenbürgischen Südgrenze, der Graf Johannes von Scharfeneck, der Kastellan der Landskrone am nördlichen Ausgang des Rotenturm-Passes bei Hermannstadt, erwirkte im Jahre 1380 von König Ludwig die zusätzliche Bestimmung, daß der Kastellan der Törzburg ein Deutscher sein müsse. 1378 wird als Vizekastellan Gotfridus genannt, 1395 heißt der Kastellan Nikolaus, Sohn des Gothard.
Zur Törzburg gehörte auch ein Dominium mit mehreren Besitzungen, von denen 1395 Zărnşti und Tohan und 1404 Budila abgetrennt wurden.
Bald nach 1406, als die Törzburg noch als Burg des Königs Sigismund erwähnt wird, verlieh dieser die Burg seinem Verbündeten, dem Fürsten der Walachei Mircea dem Alten (1386–1418). Nach dessen Tode stellte sie sein Sohn dem König zurück, der sie nunmehr den Szeklergrafen, den Kommandanten der siebenbürgische Ostgrenze, übergab. Die Szeklergrafen setzten seit damals die Kastellane ein, die im Laufe der folgenden Jahrzehnte Anlaß zu zahlreichen Klagen wegen willkürlicher und mißbräuchlicher Zollabnahme gaben – sowohl von den aus der Walachei einreisenden Kaufleuten, als auch von den Kronstädtern, die in die Walachei mit ihren Waren zogen. Wegen dieser Übergriffe kam es 1457 dazu, daß die Kronstädter die Törzburg mit Gewalt besetzten, den Kastellan gefangen nahmen und ihn erst freiließen, nachdem er ihnen mit Schwur versprochen hatte, von Großkaufleuten nur die Hälfte des Zolles zu erheben. In der Zeit des Königs Matthias Corvinus (1458–1490) versuchten die Kronstädter wiederholt, in den Besitz der Törzburg zu gelangen, aber erst 1498 wurde die Burg durch ein Darlehen von ursprünglich 1.000 Gulden Pfandbesitz der Stadt Kronstadt für zehn Jahre. Noch im selben Jahr wurde die Pfandsumme auf 3.000 Gulden erhöht, zehn Jahre später für insgesamt 5.000 Gulden auf weitere zehn Jahre verlängert und danach für 6.300 Gulden für 25 Jahre – also bis 1533! – als Pfandbesitz der Stadt Kronstadt bestätigt. Dazu kam das Törzburger Dominium, zu dem im Jahre 1500 die Ortschaften Geist und Krebsbach sowie die „Sieben Dörfer“ im Südosten des Burzenlandes gehörten. Heute bilden vier davon: Baciu, Turcheş, Cernatu und Satulung-Langendorf die Stadt Săcele, während Tărlungeni, Purcăreni und Zizin zur Großgemeinde Tărlungeni gehören. In der Folgezeit waren der jeweilige Kronstädter Stadtrichter und ein Ratsherr – als Duumvirat – Törzburger Kastellane und Oberverwalter des Törzburger Dominiums, während zwei Burggrafen („Porkolaben“) mit dem Sitz in der Burg die Kommandanten der Garnison waren.
Aus der militärischen Vergangenheit der Törzburg ist zu berichten, daß ihre Besatzung zwar keinen der großen Türkeneinfälle von 1421, 1432 und 1479 verhindern konnte, aber bei den versuchten Einfällen der Truppen des Fürsten der Walachei 1529 und der Türken 1530 erfolgreichen Widerstand leisteten. Das erste Mal geriet die Törzburg im April 1612 durch Übergabe seitens der beiden von Kronstadt eingesetzten Burggrafen Johann Raab und David Horvath in die Hände des siebenbürgischen Fürsten Gabriel Bathori. Die beiden Burggrafen wurden deshalb hingerichtet und nach Bathoris Tod kam die Törzburg 1613 wieder in die Gewalt der Kronstädter.
Aus der Baugeschichte der Törzburg erwähnen wir die Explosion des Pulverturms im Jahre 1593, wonach umfangreichere Reparaturen notwendig waren. Im Jahre 1617 schlug ein Blitz in die Törzburg ein und richtete Schaden an. In den Jahren 1622–1625 wurde der rechteckige Turm beim Tor der Burg errichtet.
Unter dem Fürsten Gabriel Bethlen (1613–1629) wurde erstmals das Recht der Stadt Kronstadt auf die Törzburg in Frage gestellt. Nach längeren Verhandlungen wurde im Jahre 1625 ein Vertrag zwischen Kronstadt und dem Fürsten Gabriel Bethlen wegen der Verleihung der Törzburg abgeschlossen. Da Kronstadt die militärisch und wirtschaftlich wichtige Burg und ihr Dominium behalten wollte, mußte es auf seine Besitzungen im Fogarascher Gebiet verzichten und auch sonst dem Fürsten Vorrechte einräumen. Auch die folgenden Fürsten versuchten, die Törzburg von Kronstadt zu trennen. Schließlich kam es im Jahre 1651 durch Tausch und neue Schenkung durch den Fürsten Georg Rakoczi II. und mit Zustimmung des siebenbürgischen Landtags dazu, daß die Stadt Kronstadt das Törzburger Dominium mit vollem Eigentumsrecht erhielt. Um ihren so schwer erworbenen Besitz zu sichern, setzten die Kronstädter durch, daß der Vertrag von 1651 vollinhaltlich in das Landesgesetzbuch „Approbatae Constitutiones Regni Transsilvaniae“ (1653) im dritten Teil als LXXXII. Titel, Artikel 1 aufgenommen wurde.
Durch einen plötzlichen Überfall am 12. Januar 1660 wurde die Törzburg vom Feldherren Michael Mikes des von den Türken abgesetzten siebenbürgischen Fürsten Georg Rakoczi II. eingenommen, gelangte aber am 14. Mai durch einen Vergleich wieder in die Hände der Kronstädter.
Als im Jahre 1690 der von den Türken eingesetzte Fürst von Siebenbürgen Emmerich Thököli versuchte, bei Törzburg ins Land zu kommen, um die kaiserlichen Truppen aus Siebenbürgen zu vertreiben, widerstand die Törzburg der Blockade. Thököli gelangte auf einem Umweg durchs Gebirge ins Burzenland und brachte dem kaiserlichen Heer unter General Heisler eine empfindliche Niederlage bei, konnte sich aber auf die Dauer in Siebenbürgen nicht behaupten. Auch der Belagerung durch die „Kurutzen“ (die Anhänger des Fürsten Franz II. Rakoczi) im Jahre 1704 widerstand die Besatzung der Törzburg.
Um die Wende zum 18. Jahrhundert begann das Gelände um die Törzburg von Rumänen sowohl aus dem Burzenland als auch aus der Walachei besiedelt zu werden. Von dem rumänischen Ausdruck für Hütte „coliba“ wurden die Bewohner der Gegend „Kalibaschen“ genannt. Es bildeten sich mehr als zehn solche Gebirgsortschaften, ein Teil von ihnen oberhalb von Törzburg, der andere unterhalb, deren Bewohner Kronstädter Stadtuntertanen waren. Als zu Beginn des 18. Jahrhunderts die Kontumaz (Quarantaine) zum Schutz gegen das Eindringen der Pest nach Siebenbürgen in Törzburg eingerichtet wurde, blieben die Kalibaschen oberhalb von Törzburg – bis zur Landesgrenze am Gebirgskamm – jenseits des Sanitätskordons und der Zollgrenze, was eine Ausnahme mit Vor- und Nachteilen war.
Während des österreichisch-russisch-türkischen Krieges von 1788–1790 wurden die Türken mehrmals bei Törzburg zurückgeschlagen. Im den Jahren 1809 und 1861 beschädigten Sturmwinde, ferner 1830 und 1855 Erdbeben die Törzburg und machten Reparaturen nötig. Im November 1848 wurde der Kastellan Andreas Bokrosch von der aufständischen Bevölkerung vertrieben. Durch die Revolution von 1848/49 wurden die Urbarialverhältnisse zwischen Kronstadt und den untertänigen Gemeinden beseitigt und in einem Urbarialvergleich im Jahre 1860 zwischen Kronstadt und der Kollektivgemeinde Törzburg eine neue Besitzverteilung festgelegt. Die Törzburg blieb weiter im Besitz der Stadt als Sitz eines Forstamtes. Im Jahre 1877 während des russisch-türkischen Krieges, wurde die Törzburg vom österreichischen Heer beschlagnahmt und zur Verteidigung gegen eventuelle Artillerieangriffe hergerichtet und dem Bauwerk so großer Schaden zugefügt. In einer langwierigen Renovierungsaktion in den Jahren 1883–1888 wurde die Törzburg wiederhergestellt und dem Kronstädter Forstamt zur Besorgung übergeben.
Ende August 1916, beim Eintritt Rumäniens in den Krieg, wurde die Törzburg von rumänischen Truppen zeitweilig besetzt. Nur wenige Monate später schenkte die Stadt Kronstadt die Törzburg als Krönungsgeschenk dem letzten Habsburger Kaiser und ungarischen König Karl. Wegen des Krieges blieb die Stadt jedoch weiter im grundbücherlichen Besitz der Törzburg. Nach dem Zusammenbruch der österreichisch-ungarischen Monarchie wurde Siebenbürgen mit Rumänien vereinigt. Königin Maria von Großrumänien äußerte den Wunsch, die Törzburg zu besitzen und auf Vorschlag des letzten deutschen Bürgermeisters von Kronstadt, Dr. Karl Ernst Schnell, beschloß der mit dem Wirkungskreis einer Stadtvertretung ausgestattete Kronstädter Stadtmagistrat am 1. Dezember 1920 – dem zweiten Jahrestag seit der Karlsburger Anschlußerklärung Siebenbürgens an Rumänien – die Törzburg der Königin Maria zu schenken. Die Urkunde über die Schenkung wurde am 17. Juni 1921 der Königin in Schloß Cotroceni in Bukarest feierlich überreicht.
In der Folgezeit wurden 1922–1929 durch den Hofarchitekten Carol Liman verschiedene bauliche Änderungen durchgeführt, um die Törzburg in eine königliche Sommerresidenz umzugestalten. Nach dem Tode der Königin gelangte die Törzburg an ihre Tochter Prinzessin Ileana und wurde nach der Vertreibung der königlichen Familie im Jahre 1948 verstaatlicht. Nach gründlicher Renovierung wurde 1957 die Törzburg als Feudalmuseum eröffnet. Im Jahre 1961 wurde neben der Törzburg auch ein ethnographisches Freilichtmuseum eingerichtet, dazu kam später noch das Zollmuseum in den alten, zum Teil noch aus dem 18. Jahrhundert stammenden Gebäuden. In den letzten Jahrzehnten ist die Törzburg wiederholt renoviert worden und erfreut sich einer großen Besucherzahl.
Die in den letzten Jahren von gewissen Kreisen versuchte Verbindung der Törzburg mit der zur Horrorgestalt entstellten Figur des Fürsten der Walachei, Vlad der Pfähler (1448, 1456–1462, 1476), entbehrt jeder wissenschaftlichen Grundlage. Die einzige historische Tatsache ist, daß Vlad der Pfähler in der Nähe der Törzburg im November 1462 von seinem Verbündeten, dem ungarischen König Matthias Corvinus, gefangengesetzt wurde, um Siebenbürgen und Ungarn angesichts des in der Walachei befindlichen Heeres der Türken nicht zu gefährden.
Lit.: Franz Zimmermann/Gustav Gündisch u. a.: Urkundenbuch zur Geschichte der Deutschen in Siebenbürgen, Band 2–7, Hermannstadt/Bukarest 1897–1991. – Eugen von Trauschenfels: Die Rechtslage des Törzburger Dominiums, Kronstadt 1882. – Fritz Schuster: Die Törzburg und das Törzburger Dominium, Kronstadt 1917. – Gernot Nussbächer: Contribuţii la istoricul cetăţii Bran şi al domeniului ei în secolele XIV–XV (Beiträge zur Geschichte der Törzburg und ihres Dominiums im 14. und 15. Jahrhundert), in: Cumidava, Jahrbuch des Kronstädter Kreismuseums, IX, Kronstadt 1976, S. 25–32. – Gernot Nussbächer: Aus Urkunden und Chroniken. Beiträge zur siebenbürgischen Heimatkunde, Bukarest 1981, S. 42–47, 170–172. – Gernot Nussbächer: Castelul Bran/Die Törzburg, in: Siebenbürgische Ortschaften in alten graphischen Darstellungen, Die Woche Kalender 1981, Hermannstadt.
Bild: Schloss Törzburg (auch Schloss Bran)/ Quelle: Dobre Cezar, Castelul Bran2, CC BY-SA 3.0 RO
Gernot Nussbächer (OGT 2002, 345)