Ereignis vom 1. August 1744

DER BEGINN DES ZWEITEN SCHLESISCHEN KRIEGES

 

Im August 1744 begann der Zweite Schlesische Krieg. Ihm war 1740-1742 der Erste Schlesische Krieg vorausgegangen. Im Dezember 1740 war der preußische König Friedrich II., der schon zu Lebzeiten Friedrich der Große genannt wurde, ohne Kriegserklärung mit 27.000 Soldaten in das zu Österreich gehörige Schlesien eingefallen.

Der junge König hatte erst sechs Monate zuvor den Thron bestiegen. Er verfolgte das Ziel, Preußen in den Rang einer europäischen Großmacht zu erheben. Auch strebte er nach persönlichem Ruhm. Seinem Freund Charles Étienne Jordan schrieb er: Die Genugtuung, meinen Namen in den Zeitungen und später in der Geschichte zu sehen, hat mich verführt.

Im 18. Jahrhundert vermied man es möglichst, im Winter Krieg zu führen. Friedrich wollte jedoch eine günstige außenpolitische Konstellation nutzen. Am 20. Oktober 1740 war der habsburgi­sche Kaiser Karl VI. verstorben. Frankreich, Spanien, Bayern und Schweden verweigerten seiner Tochter Maria Theresia beziehungsweise ihrem Gemahl Franz Stephan von Lothringen die Erbfolge, und so begann der österreichische Erbfolgekrieg, der bis 1748 anhielt.

Im Dezember 1740 standen in Schlesien nur wenige österreichische Truppen. Es dauerte Monate, bevor eine österreichische Armee eingreifen konnte. Sie wurde am 10. April 1741 in der Schlacht bei Mollwitz von der preußischen Armee besiegt. Jetzt griffen Frankreich, Spanien, Bayern und Sachsen gegen Österreich in den Krieg ein. Am 17. Mai 1742 siegte Friedrich in der Schlacht bei Chotusitz über die österreichische Armee unter dem Prinzen Karl von Lothringen. Jetzt schloss die österreichische Herrscherin Maria Theresia mit Preußen Frieden und trat Schlesien und die Grafschaft Glatz ab.

Anfang des Jahres 1744 erfuhr Friedrich, dass Österreich, Großbritannien und Sardinien ein Bündnis geschlossen hatten. Er vermutete, dass Maria Theresia nun versuchen werde, ihm das ertragreiche Schlesien wieder zu entreißen. Am 5. Juni schloss er ein Bündnis mit Frankreich. Im August rückte die preußische Armee über sächsisches Gebiet in Böhmen ein. Sie stieß kaum auf Widerstand, am 16. August kapitulierte Prag.

Unterdessen marschierte die österreichische Armee, die im Elsass gegen die Franzosen gekämpft hatte, nach Böhmen. Ihr Oberbefehlshaber Karl von Lothringen vermied es auf den Rat des Feldmarschalls Otto Ferdinand Graf von Abensberg und Traun, sich der preußischen Armee zur Schlacht zu stellen. Bald litt diese unter Lebensmittelmangel. 12.000 ihrer Soldaten desertierten. Friedrich sah sich gezwungen, Böhmen zu räumen. Die österreichische Armee drang nun in Schlesien ein. Am 4. Juni 1745 wurde sie bei Hohenfriedberg von Friedrich besiegt. Friedrichs erste Schlacht bei Mollwitz wäre um ein Haar verlorengegangen. Die preußische Kavallerie versagte damals und wurde von der österreichischen Kavallerie in die Flucht geschlagen. Nur der Angriff der preußischen Infanterie rettete die Lage. Nach dem Ersten Schlesischen Krieg verstärkte Friedrich seine Kavallerie und verbesserte ihre Ausbildung. Bei Hohenfriedberg erwies sie sich bereits der österreichischen Kavallerie überlegen. Das Dragoner-Regiment Bayreuth schlug mit seiner Attacke 20 Bataillone der österreichischen Infanterie in die Flucht und machte 2.500 Gefangene. Nach der Schlacht bei Hohenfriedberg rückte die preußische Armee in Böhmen ein.

 

Am 28. September 1745 griffen österreichische und sächsische Truppen in Nordböhmen bei Trautenau überraschend das Lager Friedrichs an. In der Schlacht bei Soor, die sich aus dieser Situation entwickelte, siegte Friedrich wieder. Er hatte mittlerweile wichtige Fähigkeiten eines Feldherrn entwickelt, zeigte bei Soor Entschlossenheit und taktische Führungskunst.

In Böhmen war unterdessen die Versorgungslage der preußischen Armee wieder schwierig geworden, und so zog Friedrich sich im Oktober nach Schlesien zurück. Auch nach der Schlacht bei Soor blieb Maria Theresia entschlossen, den Kampf gegen Friedrich fortzuführen. Sie strebte einen Sonderfrieden mit Frank­reich und ein Bündnis mit Russland an. Ihre Armee sollte nun den Krieg in die Stammprovinzen Preußens tragen.

Dafür entwarf der sächsische General Friedrich August von Rutowski einen Feldzugsplan. Dieser sah als erstes vor, dass eine sächsisch-österreichische Armee die im Raum Halle stehenden preußischen Truppen in ihren Winterquartieren überfallen sollte.

Im November 1745 marschierte die österreichische Armee in Sachsen ein. Daraufhin rückten preußische Truppen unter dem Fürsten Leopold von Anhalt-Dessau vom Raum Halle aus in Richtung Dresden vor. Am 15. Dezember besiegten sie unweit von Dresden bei Kesselsdorf eine aus Sachsen und Österreichern bestehende Armee.

Jetzt waren beide Seiten an einem Friedensschluss interessiert. Friedrich verfügte nicht über genügend Mittel, um einen weiteren Feldzug zu finanzieren. Auch befürchtete er ein Eingreifen Russlands, dessen Armee bereits an der Grenze aufmarschiert war. Maria Theresia wollte sich auf den Kampf gegen die Franzosen und Spanier konzentrieren. Bereits am 25. Dezember wurden sich beide Seiten in Dresden einig und schlossen Frieden. Preußen blieb im Besitz von Schlesien und erkannte die Wahl Franz Stephans, des Gatten von Maria Theresia, zum Kaiser an. Sachsen musste an Preußen eine Kriegsentschädigung von einer Million Talern zahlen.

 

Truppenstärke/ Verluste im Zweiten Schlesischen Krieg:

Hohenfriedberg (4.4.1745)
Preußen: 50.000/ 4.737
Österreich: 41.200/ 10.382
Sachsen: 25.100/ 2.844

Soor (30.9.1745)
Preußen: 22.562/ 3.876
Österreich und Sachsen: 41.000/ 7.444

Kesselsdorf (15.12.1745)
Preußen: 31.000/ ca. 5.000
Sachsen und Österreich: 31.200/ 6.630                                  

Lit.: Militärgeschichtliches Forschungsamt (Hrsg.), Deutsche Militärgeschichte in sechs Bänden 1648-1939, Pawlak-Ausgabe, Bd. 6: Grundzüge der militärischen Kriegführung 1648-1939, Manfred Pawlak Verlagsgesellschaft, Herrsching 1983, S. 115-134. – Curt Jany, Geschichte der Preußischen Armee vom 15. Jahrhundert bis 1914, 2., ergänzte Auflage, hrsg. von Eberhard Jany, 2. Bd.: Die Armee Friedrichs des Großen 1740-1763, Biblio Verlag, Osnabrück 1967, S. 162-169. – Johannes Kunisch, Friedrich der Große, Verlag C. H. Beck, München 2004, S. 203-224. – Christopher Duffy, Friedrich der Große. Ein Soldatenleben, Sonderausgabe, Benziger Verlag, Zürich 1991, S. 79-115. – Olaf Groehler, Die Kriege Friedrichs II., 6. Auflage, Brandenburgisches Verlagshaus 1990, S. 41-63.

Bild: Wilhelm Camphausen, Die Schlacht von Hohenfriedberg, Holzstich um 1875/ Quelle: Gemeinfrei.

Gerd Fesser