Nach dem Ausscheiden Preußens aus der anti-französischen Koalition im Frieden zu Basel vom 5. April 1795 verfolgte der Staat, verstärkt nach dem Regierungsantritt Friedrich Wilhelms III. 1797, eine strikte Neutralitätspolitik, die bestrebt war, die Hohenzollernmonarchie und das gesamte, nördlich der entlang des Mains verlaufenden Demarkationslinie gelegene Deutschland aus den Konflikten der europäischen Mächte weitgehend herauszuhalten. Die Friedenszeit, die maßgeblich eine der Wurzeln der kulturellen Blüte an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert darstellt, war jedoch zunehmend, insbesondere seit der Machtergreifung bzw. Kaiserkrönung Napoleons 1804, durch einen immer aggressiver vertretenen Expansionskurs des eine unumschränkte Hegemonialstellung auf dem Kontinent und eine Brechung der britischen Vorherrschaft zur See anstrebenden Frankreich bedroht.
Noch 1799 gelang es Preußen, freilich um den Preis, dann nach dem Frieden zu Lunéville 1801 nurmehr indirekt in Hinblick auf die Verschiebungen der territorialen bzw. machtpolitischen Konstellationen beteiligt zu sein, ohne Gesichtsverlust sowohl ein französisches als auch ein russisches Bündnisangebot abzulehnen. Der sich daraus ergebenden zunehmenden Isolation suchte seit 1804 Hardenberg als der hauptsächlich, wenn auch, was sich als durch sich gerade in Krisenzeiten bis zur Undurchschaubarkeit steigernde Kompetenzkonflikte verhängnisvoll erweisen sollte, nicht alleine für die Außenpolitik Verantwortliche durch den Plan einer Wiederbelebung des friderizianischen Fürstenbundes sowie eine stärkere Anlehnung an Rußland zu begegnen.
Obwohl am 24. Mai 1804 ein Defensivbündnis mit dem Zarenreich zur Garantie der preußisch dominierten Einflußzone abgeschlossen worden war, lehnte Friedrich Wilhelm III. das Eingreifen in den 3. Koalitionskrieg 1805 zunächst ab. Erst nach der Verletzung der preußischen Neutralität durch Napoleon, der seine Truppen durch das seit 1791 zu Preußen gehörende Fürstentum Ansbach marschieren ließ, schloß er am 3. November 1804 mit Zar Alexander I. in Potsdam einen Vertrag, der den Kriegseintritt Preußens auf Seiten der Koalition bis zum 15. Dezember 1805 vorsah, wenn der Kaiser der Franzosen bis dahin nicht einem Frieden auf der Grundlage der territorialen Regelungen des Übereinkommens von Lunéville zugestimmt hätte.
Die Niederlage der Verbündeten bei Austerlitz am 2. Dezember machte dies jedoch hinfällig, der preußische Unterhändler im Hauptquartier des siegreichen Kaisers in Schönbrunn, Graf Haugwitz, sah sich sogar unter massivem Druck am 15. Dezember 1805 genötigt, einen Bündnisvertrag mit Napoleon zu unterzeichnen, demgemäß Preußen die Fürstentümer Ansbach und Bayreuth sowie Kleve, Wesel und Neuenburg an Frankreich abzutreten und den Regelungen des zu erwartenden, aber in den Bedingungen noch gar nicht bekannten Friedensschlusses Frankreichs mit der 3. Koalition im voraus zuzustimmen habe. Im Gegenzug sollte Preußen das jedoch von Napoleon lediglich okkupierte und noch nicht durch vertragliche Abmachungen von Großbritannien erworbene Kurfürstentum Hannover erhalten.
Dadurch hatte sich Preußen zu Beginn des Jahres 1806 in eine gefährliche Situation hineinmanövriert. Mit Großbritannien als dem Motor der anti-napoleonischen Koalition durch die hannoversche Frage entzweit und zu Rußland und Österreich aufgrund des Vertrages vom 15. Dezember in deutlicher Distanz, sah sich Preußen zunehmenden französischen Druck in Richtung auf eine engere Einbindung in das von Paris dominierte Bündnissystem und eine vorbehaltlose Einfügung in die napoleonischen Ordnungsvorstellungen konfrontiert.
Im Pariser Vertrag vom 15. Februar 1806 wurde dann Graf Haugwitz als der neuerliche Unterhändler Friedrich Wilhelms III., wiederum unter massiven französischen Drohungen, genötigt, einer sofortigen Annexion Hannovers und der Schließung sämtlicher Nordseehäfen für den Handel mit den britischen Inseln zuzustimmen. Außerdem wurde eine preußische Waffenhilfe bei einem etwaigen militärischen Konflikt Napoleons mit dem Zaren vereinbart.
Als Konsequenz auf die Umsetzung dieses Abkommens, speziell den preußischen Einmarsch in Hannover, freilich offiziell mit der Prävention einer direkten französischen Inbesitznahme begründet, erklärte England am 11. Juni Preußen den Krieg und schädigte in der Folge durch die Blockade der gesamten norddeutschen Küste mit seinen überlegenen Seestreitkräften binnen kurzem den preußischen Fernhandel in erheblichem Umfang. Nach Bekanntwerden des Beginns von Unterhandlungen, die Napoleon in London und St. Petersburg aufnehmen ließ, fühlte sich Friedrich Wilhelm III. durch die Möglichkeit einer Verständigung der drei Mächte auf seine Kosten bedroht und schwenkte seinerseits, einer Stimmung zunehmenden gegenseitigen Mißtrauens und Unbehagens folgend, in Richtung auf den Zaren hin.
Bereits am 1. Juli erließ er eine Neutralitätsdeklaration, derzufolge das im Pariser Vertrag gegebene Versprechen einer preußischen Unterstützung für Frankreich im Falle eines bewaffneten Konfliktes mit Rußland für aufgehoben erklärt wurde. Rußland antwortete hierauf mit der Abgabe einer Schutzzusage für Preußen in der Garantieerklärung vom 24. Juli.
Doch auch andere Pläne wurden im Sommer 1806 in Berlin und Potsdam beraten. Die anti-russische Partei am Hofe bevorzugte einen Vorschlag Napoleons zur Gründung eines Norddeutschen Bundes mit der Vormacht Preußen, dessen König zudem zum Kaiser avancieren sollte. Die gegenseitigen Kämpfe der einzelnen Hoffraktionen nahmen dabei stellenweise solch ein Ausmaß an, daß mit den verschiedenen Seiten durch die verschiedenen Bevollmächtigten gänzlich unterschiedliche und gegenläufige Abschlüsse angestrebt wurden und der König und seine Kabinettsräte zumindest stellenweise die Orientierung zu verlieren schienen. So war auch der konkrete Anlaß des Waffenganges mit Frankreich eine Verkettung von Fehleinschätzungen, falschen Reaktionen und Mißgeschicken auf preußischer Seite in einer überhitzten und zur auch gewaltsamen Klärung der Situation hin strebenden Atmosphäre.
Als es im August zu an sich bedeutungslosen Zwischenfällen an der Grenze zum Herzogtum Berg kam, die wohl aus Unklarheit über den eben erst festgelegten Grenzverlauf im Detail erwachsen waren, man in Berlin eine zunehmende Abwendung Frankreichs von der Akzeptanz der eigenen Vormachtstellung im Norden Deutschlands und ein Abrücken von den der pro- französischen Partei unterbreiteten Plänen zu erkennen glaubte und dazu noch Meldungen aus Paris eintrafen, Napoleon habe England die Rückgabe des Kurfürstentums Hannover angeboten, fühlte man sich hintergangen und entschloß sich zu einer wohl mehr als Warnung gedachten militärischen Operation.
Ausgelöst durch die am 9. August proklamierte Mobilmachung der preußischen Armee befürchtete Napoleon nun aber seinerseits einen mit Rußland verabredeten Überfall auf seine Stellung im Rheinbund und begann mit Umgruppierungen der eigenen Truppen zur Verbesserung der Verteidigungsfähigkeit gegen einen Vorstoß von Osten. In Berlin wiederum als Vorboten eines unmittelbar bevorstehenden Angriffs gedeutet, sah sich der König genötigt, dem bereits am 6. August an Napoleon gerichteten Ultimatum, die Truppen von den preußischen Grenzen zurückzuziehen, am 26. September einen erneuten Appell an den Kaiser der Franzosen folgen zu lassen, die eigenen Streitkräfte aus Süddeutschland zurückzunehmen und unverzüglich der Bildung eines norddeutschen Bundes zuzustimmen. Obgleich durch einen demonstrativen Truppenaufmarsch in Thüringen bekräftigt, wurde das Ansinnen von Napoleon ignoriert, woraufhin Friedrich Wilhelm III. am 9. Oktober 1806 ein Manifest erließ, in dem Frankreich der Krieg erklärt wurde.
Sowohl in diplomatisch-politischer als auch in militärischer Hinsicht war die Ausgangssituation der preußischen Armee jedoch denkbar ungünstig. Fehlende strategische Planungen, eine überstürzte Mobilmachung, v. a. aber der grenzenlose und bis zum Leichtsinn neigende Optimismus eines Großteils der Generalität schufen reichlich schlechte Voraussetzungen für einen Kriegserfolg, zumal als Verbündete neben Rußland, das aber noch lange nicht kriegsbereit war, nur das Kurfürstentum Sachsen und die Herzogtümer Braunschweig und Sachsen- Weimar, freilich alle mit einer die Kampfkraft der Streitkräfte nicht wirklich erhöhenden militärischen Potenz, zur Verfügung standen.
Ziel des Oberkommandierenden, des Herzogs Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig, eines insbesondere durch die Niederschlagung des Aufstandes in den Niederlanden 1787 empfohlenen und durch seine Erfahrungen im 1. Koalitionskrieg mit der Kampfesweise der französischen Truppen durchaus vertrauten, allerdings taktisch und konzeptionell der Kriegführung des 18. Jahrhunderts verhafteten Feldherren, war es, in zwei Marschsäulen nach Franken vorzustoßen und die dort noch vom 3. Koalitionskrieg stehenden französischen Truppen nach Einschließung zu vernichten. Dem zwar gründlichen und methodisch fehlerfreien, aber durchschaubaren und recht langsamen Vorgehen der Verbündeten standen dabei die entschlossene Führung und die unterschätzte Wendigkeit der Armee des Feindes gegenüber.
Erst, als es am 10. Oktober 1806 bei Saalfeld zu einem überraschenden Zusammentreffen der preußischen Vorhut mit französischen Vorausabteilungen kam, ein Gefecht, in dem u. a. Prinz Louis Ferdinand, ein Vetter des Königs, eine der schillerndsten Gestalten der preußischen Herrscherfamilie zu dieser Zeit, fiel, wurde der bereits weit fortgeschrittene Aufmarsch der gegnerischen Streitkräfte im Hauptquartier der Koalition überhaupt bekannt und eine Umgruppierung der eigenen Streitmacht eingeleitet, um der nun durch Napoleon drohenden Umklammerung zu entgehen. Mitten in diese Phase der Reorganisation des Heeres traf die Armee dann am 14. Oktober die Schlacht bei Jena und Auerstedt.
Bei Jena traf die erste preußische Marschkolonne unter dem Befehl des Fürsten Friedrich Ludwig zu Hohenlohe-Ingelfingen, durch weitgehendes Unterlassen umfassender Rekognoszierungen völlig unvorbereitet, auf die überlegener französische Hauptarmee, die von Napoleon persönlich geführt wurde, und wurde vernichtend geschlagen. Auch der zweiten preußischen Marschsäule gelang es bei Auerstedt nicht, trotz Überzahl und günstiger Stellung die französische Teilstreitmacht unter Marschall Davout zu schlagen, als gleich zu Beginn der Auseinandersetzung der Herzog von Braunschweig durch einen Schuß, an dessen Folgen er auch wenig später sterben sollte, so schwer verwundet wurde, daß er sich nicht mehr in der Lage sah, die Operationen zu leiten. Die über das weitere Vorgehen völlig uneinige Heeresleitung war in der Folge den Anforderungen nicht mehr gewachsen und entschloß sich zur Rücknahme der Armee, die sich allerdings, da ein vollständiges Lösen von den beweglichen und agilen französischen Verbänden nicht gelang, in einen ungeordneten Rückzug und schließlich eine fast schon panikartig zu nennende Flucht des geschlagenen Torsos nach Osten auswuchs. Noch am Abend der Schlacht riß die Kommunikation zwischen den Verbänden ab.
Die faktische Vernichtung der preußischen Armee ebnete Napoleon den raschen Weg nach Berlin, wo er bereits am 27. Oktober eintraf und die unverteidigte Stadt mitsamt allen in ihr befindlichen Kriegsgeräten in Besitz nahm. Bereits zuvor hatte der Fürst zu Hohenlohe-Ingelfingen, von Nachrichten aus dem Oberkommando abgeschnitten, bei Prenzlau in falscher Einschätzung der Truppenstärke der ihn verfolgenden Einheiten kapituliert, ihm folgten, bis auf die Ausnahmen von Danzig, Graudenz und Kolberg, in den nächsten Wochen sämtliche Festungen des Landes. Obgleich am 7. und 8. Februar 1807 die nun mit den Russen vereinten preußischen Verbände Napoleon bei Preußisch-Eylau zum ersten Mal, wenn schon nicht als Verlierer, so doch nicht als Sieger das Feld verlassen ließen, machte der französische Sieg bei Friedland über die russischen Truppen am 14. Juni 1807 diesen Erfolg zunichte. Napoleon und der Zar einigten sich, ohne Konsultation Friedrich Wilhelms III., am 7. Juli 1807 in Tilsit auf einen Frieden, dem Preußen am 9. Juli beitreten mußte.
Im Ergebnis mußten alle Gebiete, die im Zuge der 2. und 3. Polnischen Teilung 1793 und 1795 an Preußen gefallen waren, an das neu gegründete Herzogtum Warschau, alle Gebiete links der Elbe und das gesamte Bistum Magdeburg an das Königreich Westfalen sowie der Kreis Cottbus an Sachsen abgetreten werden. Danzig erlangte den Status einer freien Stadt. Die preußische Armee erhielt eine Obergrenze von 42.000 Mann, das Königreich mußte sich der Kontinentalsperre anschließen und eine französische Besatzung im Land dulden, deren Abzug an die Erfüllung der auferlegten Kontributionszahlungen gebunden war, die allerdings erst am 8. September des folgenden Jahres auf die beträchtliche Summe von 140 Millionen Francs festgelegt wurden.
Der preußische Staat, der durch den Verlust der Hälfte seines Territoriums auf die Kernlande östlich der Elbe beschränkt worden war, war bei Einfügung in die französischen Ordnungsvorstellungen auf Intervention des Zaren zwar in seinem Bestehen gerettet worden, machtpolitisch aber unter faktischem Verlust der eigenen Souveränität zu einem bloßen Pufferstaat zwischen den Machtbereichen Napoleons und Rußlands herabgedrückt worden. Auch durch den Schock der vernichtenden und in dieser Art und Weise nicht erwarteten Niederlage bei Jena und Auerstedt gewannen in der Folge aber die Kräfte die Oberhand, die eine radikale Reform Preußens zur Wiederherstellung dessen früherer Größe in Angriff nehmen sollten.
Lit.: Gerd Fesser, Die Schlacht bei Jena und Auerstedt 1806 (Illustrierte Historische Hefte 42), Berlin 1986. – Thomas Stamm-Kuhlmann, König in Preußens großer Zeit. Friedrich Wilhelm III. der Melancholiker auf dem Thron, Berlin 1992. – Otto Tschirch, Geschichte der öffentlichen Meinung in Preußen vom Baseler Frieden bis zum Zusammenbruch des Staates (1795-1806), 2 Bde., Weimar 1933/34.
Bild: Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen/ Quelle: Wikipedia. Gemeinfrei.
Bernhard Mundt (OGT 2006, 239)