Franz Metzner (1870-1919), in Zehlendorf bei Berlin, wo er ein Atelier und eine Villa besaß, an der Spanischen Grippe gestorben, war ein Steinmetz und Bildhauer, der die meiste Zeit seines Lebens in Berlin lebte und arbeitete. Berühmt geworden ist er durch seinen Figurenschmuck am Völkerschlachtdenkmal in Leipzig, das der Architekt Bruno Schmitz errichtete und 1913 im Beisein des deutschen Kaisers Wilhelm II. eingeweiht wurde.
Metzner hatte auch in Wien, Prag, Brüssel, Berlin und anderen Orten seine typischen, dem Jugendstil zuzuordnenden Bildwerke hinterlassen. Berühmt waren auch seine Jugendstil-Porzellanarbeiten für die Königliche Porzellan-Manufaktur in Berlin, für die er Preise bei der Weltausstellung in Paris erhalten hatte.
Nach dem Ersten Weltkrieg war in seiner Geburtsheimat Böhmen eine für die Deutschen schwierige Situation eingetreten, sie wurden eine Minderheit von immerhin dreieinhalb Millionen Bürgern in dem neu gegründeten tschechisch-slowakischen Staat, der das Tschechische als Amtssprache einführte. Um ihre Identität zu wahren, schufen sich die Menschen kulturelle Refugien, z.B. Vereine und Verbände. Die Deutschen des ehemaligen Königreichs Böhmen wurden im deutschen Raum nun Sudetendeutsche genannt.
Bis zum Ersten Weltkrieg existierten für die Deutschböhmen zwei Künstlervereinigungen, der „Verein deutscher bildender Künstler in Böhmen“ und der „Deutschböhmische Künstlerbund“, die mehr oder minder zerstritten waren, aber für ihre Mitglieder Ausstellungen organisierten, die in der deutschen, nicht aber in der tschechischen Presse besprochen wurden. Die Sezessionsbewegung in anderen europäischen Städten ging auch nicht an Prag vorbei.
1909 wurde Franz Metzner Obmann des „Deutschböhmischen Künstlerbundes“. Der gemeinsame Nenner in diesem Künstlerbund war gering. „Die Künstler, die hier vereinigt sind, schwören auf keine gemeinsame Fahne, sie hält nichts zusammen als die heimatliche Zugehörigkeit, jeder ist hier auf seine Art ein Ganzer.“ (Prager Tagblatt 33, 27.3.1909, S. 10) Eine entsprechende „Vereinigung deutschmährischer bildender Künstler“ entstand in Brünn.
So ist für die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg in Prag ferner festzustellen, dass die Künstler der Deutschböhmen und der Tschechen kaum Kontakt pflegten und unterschiedliche Wege gingen, letztere orientierten sich eher an Paris, die Deutschböhmen an München, Wien oder Berlin. Interessant ist, dass tatsächlich der in Paris vorherrschende Kubismus die tschechischen Künstler stark beeinflusst hat, während die deutschböhmischen dem Stil Liebermanns oder der Wiener Sezession treu blieben. So fanden nur örtliche, aber keine Landes-Ausstellungen statt.
Viele der böhmischdeutschen Künstler wurden auch eher Deutschland zugeordnet, Franz Metzner, Hugo Lederer, Alfred Kubin, Emil Orlik …
Ein Ort, der die Deutschen in Böhmen mit Deutschland verband, war in Grenznähe, Dresden mit seiner Großen Dresdner Kunstausstellung. Aber ansonsten waren die Künstler eher isoliert, was auch zwischen deutschböhmischen und deutschmährischen Künstlern galt. Eine Zusammenarbeit auf Landesebene fand erst statt, wenn auch halbherzig, mit der Gründung des „Metznerbund“.
Nach dem Ende des Krieges formierten sich die Künstlervereinigungen neu. Viele ihrer Mitglieder sind im Krieg geblieben oder kamen verletzt zurück. Franz Metzner, der nicht Soldat war, starb an der Spanischen Grippe Anfang 1919, im Juli 1919 publizierte der Vorbereitungsausschuss der neuen Deutschböhmischen Künstlergenossenschaft „Metzner“ einen Aufruf zur Versammlung aller deutschen Künstler in Böhmen. (Deutsche Zeitschrift Bohemia 92, 89/1919, 12.7., S. 6). Auch in Mähren sollte Vergleichbares entstehen. Als Zentrum wurde Reichenberg, Sitz der neuen Deutschen Kunsthochschule, vorgesehen. Mitglieder waren ca. 100 aktive bildende Künstler, ein Viertel lebte in Prag. Die Begeisterung war groß, aber der Streit blieb nicht aus, z.B. dass man wegen des neuen Ortes provinzialisierte, wenn man nicht Prag als Sitz wählte.
Jeder Kreis hatte jetzt die Möglichkeit, den Hauptvorstand zu wählen.
Der Verein sollte „in seinen Kreisen und Ortsgruppen als große, über ganz Böhmen verzweigte Organisation alle deutschen Künstler und Kunstfreunde in dem einen Ziel vereinen: die Hebung der deutschen künstlerischen Kultur im Lande.“ (Aussiger Tageblatt 64, Nr. 86 15.4.1920, S. 4.
Man hatte sich auf den Namen „Metzner“ geeinigt, weil der Bildhauer wie kein zweiter deutschböhmischer Künstler es geschafft hatte, sich in der Kunstszene zwischen Berlin und Wien zu etablieren. Mit seiner Arbeit an dem Völkerschlachtdenkmal in Leipzig, das 1913 eingeweiht wurde, hat Metzner die Spitze der europäischen Bildhauerkunst erklommen.
Der neu erschaffene Verein gehörte auch zu den Organisatoren der posthumen Metzner-Gedächtnis-Ausstellung in seinem Atelier in Berlin-Zehlendorf, die im Mai 1920 stattfand, und an der die bedeutendsten Künstler der Zeit teilnahmen. Zu seinem zehnjährigen Todestag 1929 wurde hier erneut eine Gedächtnisausstellung ausgeführt, dann verschwand sein Name in Deutschland peu à peu aus dem öffentlichen Bewusstsein, im Zweiten Weltkrieg wurden die meisten seiner Werke im öffentlichen Raum vernichtet, lediglich das Völkerschlachtdenkmal blieb unbeschädigt und einiger Skulpturenschmuck in Prag und im Rosengarten in Mannheim, ein Denkmal in Österreich und der Brunnen in Neugablonz in Bayern, der ursprünglich in Gablonz stand. Im Berliner Bröhanmuseum gibt es Porzellanfiguren aus seiner Zeit, als er Modelleur bei der Königlich-Preußischen Porzellanmanufaktur in Berlin war.
In der Tschechoslowakischen Republik blieb der Name durch die Aktivitäten des Metzner-Bundes erhalten. Es fanden besonders in Prag und in Reichenberg zahlreiche Ausstellungen statt, aber auch in Gablonz, Aussig und anderen Städten. Zu den Mitgliedern gehörten auch Absolventen der Kunstgewerbeschulen, die gerade in den nordböhmischen Gegenden von Iser- und Riesengebirge aktiv waren. Es fanden aber auch Gaukler- und Faschingsfeste statt, für die Künstler Plakate entwarfen, wie überhaupt die Plakatkunst in den Zwanziger Jahren ihre Hochblüte feierte.
Aufgabe des Vereins war wesentlich die Ausstellungsorganisation, aber auch die soziale Situation der Bildenden Künstler zu sichern, was in Zeiten der Weltwirtschaftskrisen nicht so einfach war. Es bestanden auch Beziehungen zu Künstlern und Organisationen in Deutschland und Österreich, die jedoch in den dreißiger Jahren durch die politischen Veränderungen in Europa schrumpften.
Durch Abspaltungen von jüngeren Künstlern in Prag weist der Metznerbund ab 1926 kaum noch Aktivitäten auf, er wird 1939 aus dem Vereinskataster gelöscht, zumal mittlerweile viele der älteren Mitglieder verstorben waren.
Seit der Machtergreifung durch die Nazis in Deutschland und später in Österreich ändern sich auch die Inhalte einiger Künstler des Metznerbundes. Die erste der großen republikweiten Präsentationen des Metznerbundes war die Sudetendeutsche Kunstausstellung 1937, die zwischen Juni 1937 und April 1938 an verschiedenen Orten gezeigt wurde. Hier ist der Diskurswechsel zu spüren. Sie war in etwa zeitgleich mit den großen deutschen propagandistischen Ausstellungen, wie zum Beispiel
die Ausstellung „Entartete Kunst“, die die Nationalsozialisten in München am 19. Juli 1937 in den Hofgartenarkaden eröffnet hatten und die im November desselben Jahres endete. Parallel fand die einen Tag zuvor eröffnete „Erste Große Deutsche Kunstausstellung“ statt, so dass „Entartete Kunst“ und die vom Regime geförderte Kunst, die sogenannte „Deutsche Kunst“, gegenübergestellt wurden.
Durch die Umstrukturierungen seit Beginn des Zweiten Weltkriegs blieb nur noch der Metznerbund als einziger Verein im Protektorat Böhmen und Mähren übrig.
Die fünf Ausstellungen, die während des Krieges in Reichenberg stattfanden, hatten die ähnliche völkische Rhetorik wie in Deutschland. Es waren nur noch realistische Motive zu sehen, Stillleben, Landschaften, Naturstudien. Nicht alle Werke, die auf den Reichenberger Ausstellungen gezeigt wurden, waren ideologisch. Seit 1938 fehlen Juden, aber der Kommunist Willi Sitte und der Antifaschist Richard Fleissner stellen aus. 1944 wird die 25-Jahr-Feier des Metznerbundes vorbereitet, die von einer in Prag gezeigten Ausstellung und einem umfangreichen Katalog begleitet wird.
Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges existieren nur noch die Kreisgruppen: Nordböhmen mit Sitz in Reichenberg, Eger mit Sitz in Karlsbad, das Elbland mit Sitz in Aussig, Mähren-Schlesien mit der Gruppe in Troppau. Das Ende des Krieges bedeutet auch das Ende des Metznerbundes, das Vermögen des Vereins wurde nach Dekret 108/1945 vom 25. Oktober 1945 beschlagnahmt.
Die in Liberec lebende tschechische Wissenschaftlerin Anna Habárová hat 2016 eine hervorragende Monographie des Metznerbundes in der Edition der Technischen Universität in Liberec verfasst.
Bild: Ausschnitt aus Ausstellungsplakat 1924/ Quelle: Gemeinfrei.
Jenny Schon