Ereignis vom 12. August 1759

Die Schlacht von Kunersdorf

Szene aus der Schlacht bei Kunersdorf

Eine der gefährlichsten Niederlagen im Siebenjährigen Krieg (1756-1763) erlitt Friedrich der Große am 12. August 1759 in der Schlacht bei Kunersdorf; von 49000 Mann preußischer Truppen verblieben nur noch etwa 10000 Mann in geschlossenen Einheiten. Der König selbst war tief verzweifelt und glaubte schon an das Ende seines Staates. Es geschah ein „Mirakel des Hauses Brandenburg“, wie es der König selbst beschrieb; nach aller Wahrscheinlichkeit wäre die preußische Monarchie endgültig besiegt worden, wenn die siegreichen Armeen der Österreicher und der Russen Friedrich mit dem Rest seiner Truppen über die Oder in Richtung Berlin/ Potsdam verfolgt hätten. Der erwartete Vorstoß nach Westen blieb aus, die Russen zogen sich nach Polen zurück, die österreichischen Truppen wandten sich in Richtung Niederlausitz. Friedrich konnte sich mit seiner reduzierten Armee etwas regenerieren.

Im Siebenjährigen Krieg waren die Hauptkontrahenten Österreich, Russland, Frankreich und Schweden auf der einen Seite, Preußen und England, zu jener Zeit in Personalunion mit Hannover verbunden, auf der Gegenseite. Es ging eindeutig um die Rückeroberung der reichen Provinz Schlesien durch die Österreicher, die Preußen im ersten (1740-1742) und zweiten Schlesischen Krieg (1744-1745) erobert und annektiert hatte. Diese beiden Kriege brachten Friedrich, der 1740 den preußischen Thron bestieg, den Ruf eines Aggressors ein; erwartet hatte man einen König der Aufklärung und der Philosophie, wie z.B Voltaire ihn begrüßte. Die Diskussion um diese Widersprüche im Denken und Handeln des preußischen Königs finden bis heute statt, zumal das Ergebnis des Siebenjährigen Krieges, der auch der dritte Schlesische Krieg genannt wird, nicht nur den Besitz Schlesiens durch Preußen bestätigte, sondern die neue Großmacht Preußen in Europa etablierte und schließlich den Dualismus Preußen – Österreich schuf. Das zeigt, dass die Fol­gen dieses Krieges bis weit in das neunzehnte Jahrhundert und darüber hinaus reichen. Ein weiterer Aspekt muss gesehen werden: England und Frankreich waren nicht nur in Europa, als es um Schlesien ging, Kontrahenten. Viel stärker waren die Interessen beider Mächte auf die Vorherrschaft in Nordamerika gerichtet. Die Auseinandersetzungen englischer und französischer Siedler im Tal des Ohio lösten die Konflikte aus, die sich schon bald zum St. Lorenzstrom ausdehnten, der zum Einflussgebiet Frankreichs zählte. Bereits am 17. Mai 1755 erklärte Frankreich England den Krieg; Englands Flotte war der französischen Marine überlegen, aber das mit England in Personalunion verbundene Hannover war leicht verwundbar durch den Einfall französischer und anderer feindlicher Truppen. Ab 1756 stand also das mit Österreich verbündete Frankreich vor dem Dilemma, einen verlust­rei­chen Kolonialkrieg in Nordamerika und auch in Indien und einen Kontinen­talkrieg in Europa zu führen. 1763 waren die Kriege beendet; Preußen behielt Schlesien und galt hinfort als mitteleuropäische Großmacht, England siegte in Nordamerika, während Frankreich seine Stellung in Ostindien behielt. Zu Recht wird der Siebenjährige Krieg als der erste Weltkrieg der Neuzeit bezeichnet. Die Schlacht bei Kunersdorf muss in diesen Zusammenhängen als ein entscheidender Markstein gesehen werden; Originalton Friedrich: „In der Zeit, in der der Feind die Oder überschritten und eine zweite Schlacht riskiert hätte, konnte er den Krieg beenden; er ist aber von Müllrose nach Lieberose marschiert.“ (Theodor Schieder, Friedrich der Große, S. 196/7). Das war und ist das „Mirakel des Hauses Brandenburg“, das Preußen gerettet hatte.

In einer renommierten Zeitschrift für Sammler historischer Mini­­aturen liegt der Ort Kunersdorf in Ostpreußen, im heutigen Russland – ein erschreckender Mangel an geographischen und historischen Kenntnissen über das historische Ostdeutschland, aber kein Einzelfall in unserer deutschen Gesellschaft. Um hier ein wenig aufzuhellen, wird für den interessierten Zeitgenossen der Weg nach Kunersdorf, gelegen im ehemaligen Ost-Brandenburg und heutigem Polen, beschrieben. Man überquert die Oder über die Stadtbrücke, die Frankfurt mit dem polnischen Słubice (früher Dammvorstadt) verbindet. Hier bie­tet sich ein großartiger Blick auf den Oderstrom, der bis 1945 eine einheitliche Kulturlandschaft der Mark Brandenburg durch­floss, heute Grenzfluss zwischen Deutschland und Polen ist. Man hält sich rechts und kommt am modernen Bau des Collegium Polonicum vorbei, enger Kooperationspartner der Europa-Universität VIADRINA in Frankfurt, und erreicht die Fernstraße 29 nach Zielona Gora (Grünberg). Nach ca 1,5 km, vorbei am Bazar zur Linken und den Oderdeichen zur Rechten, gelangt man zum Abzweig nach Sulęcin (Zielenzig). Das Dorf Kunersdorf, heute Kunowice, ist noch 4 Kilometer entfernt. Es wird durchquert und auf der linken Seite erstreckt sich eine weite Fläche von Wiesen und in einiger Entfernung von Wäldern. Dieser Ort war die Walstatt der Schlacht bei Kunersdorf am 12. August 1759. Noch heute werden im Erdreich verrostete Säbel, Teile von Waffen u.a. gefunden. Der Gastwirt gegenüber der Tankstelle sammelt die Funde und zeigt sie auch gern Besuchern. 2002 errichtete der Heimatkreis Weststernberg in der Landsmannschaft Berlin-Mark Brandenburg eine Gedenktafel für den in der Schlacht gefallenen preußischen Offizier und Dichter Ewald von Kleist, einen Freund Lessings; diese wurde bereits zum zweiten Mal aus reinem Vandalismus zerstört, die polnische Ortsverwaltung versprach Wiederherstellung. Und zum 250. Jahrestag der Schlacht bei Kunersdorf fand ein großes Ereignis auf dem ehemaligen Schlachtfeld statt, das von Tausenden Interessenten östlich und westlich der Oder besucht wurde. Traditionsvereinigungen aus Polen, Deutschland und Tschechien in den Farben der damaligen Uniformen „rekonstruierten“ den Ablauf der Schlacht. Der Direktor des Collegium Polonicum, ein Spezialist für deutsch-polnische Geschichte, kommentierte und erklärte den Ablauf und den historischen Rahmen, in den dieses Ereignis eingeordnet werden muss. Eine Wiederholung in kommenden Jahren wird erwogen. Diese Tatsache, dass solch eine Veranstaltung mit polnischer und deutscher Beteiligung stattfinden konnte, muss als ein positives Zeichen gedeutet werden, wie Geschichte und Vergangenheit dieser Region auch von den heutigen Bewohnern angenommen wird.

Lit.: Die wichtigsten Biographien Friedrichs des Großen; folgende Autoren seien beispielhaft genannt: Theodor Schieder, Franz Kugler, Ingrid Mittenzwei, Graf von Krockow, Rudolf Augstein u.v.a. – Märkische Oderzeitung vom 17. August 2009.

Bild: Szene aus der Schlacht bei Kunersdorf; zeitgenössische Darstellung / Quelle: Wikipedia. Gemeinfrei.

Karlheinz Lau (OGT 2009, 352)