Wenn ein Ungar große Verluste beklagt, tröstet man ihn damit, daß bei Mohács noch mehr verloren gegangen sei. Die Katastrophe von 1526 hat sich somit in sprichwörtlicher Überlieferung bis in unsere Zeit erhalten. Ob die Zeitgenossen das auch so gesehen haben, ist nicht überliefert. Zumindest die führenden Kreise haben aus der fürchterlichen Niederlage nicht die erforderlichen Lehren gezogen, sondern im Gegenteil das Land in Thronstreitigkeiten und einen Bürgerkrieg gestürzt, der es den Türken erst möglich machte, den Sieg von Mohács voll auszuschöpfen. Die Kirche wiederum sah in der Türkeninvasion eine Strafe Gottes für das sündige Treiben der Menschen und den Parteihader zwischen den herrschenden Geschlechtern. Der katholischen Kirche wurden andererseits verschiedene Mißbräuche vorgeworfen, was den Nährboden für die Reformation abgab.
Die osmanischen Türken, die im 14. Jahrhundert die Balkanstaaten Bulgarien und Serbien erobert hatten, richteten von dort ihre Angriffe auf Mitteleuropa. Seit Ende des 14. Jahrhunderts fielen sie immer wieder plündernd und mordend in Ungarn ein. Vor allem Siebenbürgen, das zum ungarischen Königreich gehörte, wurde durch ihre Überfälle öfters verwüstet, was die Siebenbürger Sachsen bewog, ihre Städte mit starken Wehranlagen zu versehen und auf dem Lande die Gotteshäuser zu Kirchenburgen auszubauen.
Angesichts der drohenden osmanischen Gefahr organisierte das christliche Abendland bereits 1396 unter dem ungarischen König Sigismund von Luxemburg, dem späteren Kaiser, einen Kreuzzug gegen die Türken, der aber bei Nicopole an der Donau mit einer Niederlage des Ritterheeres endete. Ein zweiter Kreuzzug, der die Vertreibung der Osmanen aus Europa verfolgte, endete 1444 bei Warna in Bulgarien ebenfalls mit einer Niederlage der Christen. Sogar der ungarische König Wladislaw I. fiel in der Schlacht. Bald danach erschütterte die Nachricht von dem Fall Konstantinopels (1453) die christliche Welt. Drei Jahre später feierte sie dann den Sieg des siebenbürgischen Woiwoden Johann Hunyadi, dem es bei Belgrad – die Festung galt als Tor nach Ungarn – gelungen war, Sultan Mohammed II., den Eroberer Konstantinopels, zu schlagen und damit vorerst die weitere Expansion des osmanischen Reiches zu stoppen. Türkische Überfälle blieben zwar auch in den folgenden Jahrzehnten nicht aus, sie konnten aber während der Herrschaft von König Matthias Corvinus (1458–1490), dem Sohn Johann Hunyadis, zurückgeschlagen werden. Unter seinen Nachfolgern Wladislaw II. und Ludwig II. führten Gegensätze zwischen dem König und den Machtinteressen der erstarkten Magnaten, Rivalitäten bei der Königswahl sowie soziale Unruhen der hörigen Bauernschaft, der Szekler und sogar in siebenbürgisch-sächsischen Städten zur Schwächung Ungarns, so daß Sultan Soliman der Prächtige die Gunst der Stunde nutzte und 1521 das Tor nach Ungarn – Belgrad – in seine Gewalt brachte. Damit war der Weg nach Mittelungarn frei. Den versuchte König Ludwig II. abzuriegeln und stellte sich dem angreifenden Sultan bei Mohács. Es war ein ungleicher Kampf. Ludwig konnte dem 100.000 Mann starken osmanischen Heer nur etwa 25.000 Soldaten entgegenstellen. Zudem beging er zwei gravierende Fehler. Er griff an, noch bevor das siebenbürgische Heer von etwa 10.000 Mann Stärke unter dem Woiwoden Johann Zapolyai zu ihm gestoßen war. Zweitens griff sein Heer die Türken selbst an, noch dazu mit den Sümpfen bei Mohács im Rücken, wodurch die Bewegung seiner Truppen, vor allem der Rückzug, behindert wurde. Der Angriff erfolgte am 29. August 1526. Die Kanoniere und die Übermacht der türkischen Streitkräfte bereiteten den Angreifern ein fürchterliches Blutbad. Etwa die Hälfte des ungarischen Heeres, darunter viele Adlige und hohe geistliche Würdenträger kamen in der Schlacht um. Sogar der König fiel während der Flucht von seinem Pferd und ertrank in dem Morast des Flusses Csele. Das Heer Zapolyais befand sich zu dieser Zeit in einer Entfernung von etwa 100 Kilometern bei Szeged. Es besteht die Meinung, er habe absichtlich seinen Vorstoß verzögert, weil er selbst Anspruch auf den Thron hatte. Die Ansicht ist plausibel, wenn man die weiteren Geschehnisse vor Augen hat.
Die Türken setzten nach ihrem Sieg den Feldzug bis Ofen fort und zogen sich dann mit reicher Beute zurück.
Laut Erbvertrag hätte Erzherzog Ferdinand von Habsburg, der spätere Kaiser, den ungarischen Thron besteigen sollen. Er war nämlich der Schwager des kinderlos verstorbenen Königs. Ein vom ungarischen Hochadel beherrschter Landtag wählte jedoch 1526 Johann Zapolyai in Stuhlweißenburg zum König. Da Ferdinand auf den Thron nicht verzichtete, drang er mit einem Söldnerheer in Ungarn ein, eroberte Ofen und schlug bei Tokay Zapolyais Streitkräfte, der daraufhin nach Siebenbürgen flüchtete. Auch hier bildete sich jedoch gegen ihn eine „deutsche Partei“, der vor allem die Siebenbürger Sachsen angehörten, nachdem mittlerweile Ferdinand ebenfalls zum König gewählt worden war.
Es begann nun ein verheerender Bürgerkrieg mit wechselnden Erfolgen. König Johann forderte sogar Hilfe von den Türken an, die diese verständlicherweise gerne gewährten. Sie drangen nicht nur nach Mittelungarn ein, sondern erschienen 1529 sogar vor Wien, mußten sich aber zurückziehen. 1532 wiederholten sie erfolglos den Vorstoß. Sie nutzen aber geschickt die Rivalitäten der beiden Lager, die anstatt gemeinsame Front gegen den Feind zu machen, aus machtpolitischen Interessen mit diesem paktierten. Das sollte sich bald bitter rächen.
Im Jahre 1538 schlossen Ferdinand und Johann Zapolyai Frieden, durch den beide den Titel eines ungarischen Königs sowie den Teil des Landes behielten, den sie zu dem Zeitpunkt besaßen. Nach Johanns Tod sollten jedoch die Habsburger den ungarischen Thron erben. Als König Johann im nächsten Jahr unerwartet starb, proklamierten seine Parteigänger seinen erst einige Monate alten Sohn Johann Sigismund zum König unter dem Titel Johann II. und setzten eine Regentschafts ein. Da erschienen verständlicherweise Ferdinands Truppen und belagerten Ofen. Die Statthalter Johanns riefen wiederum den Sultan zu Hilfe. Dieser sagte gnädigst Unterstützung zu und tauchte mit türkischen Einheiten im Juli 1541 im Rücken der österreichischen Belagerer auf. Nach einem blutigen Kampf von nur einigen Tagen waren die Truppen Ferdinands vollkommen aufgerieben und zogen ab. Am 29. August, dem 15. Jahrestag der Schlacht von Mohács, marschierten Janitscharen in Ofen ein und besetzten die Stadt. Sultan Soliman entschied nun das Schicksal Ungarns. Er erklärte Ofen zum Sitz eines Paschas und Mittelungarn zu einer türkischen Provinz. Das Gebiet östlich der Theiß und Siebenbürgen überließ er König Johann, den nordwestlichen Teil mit der Slowakei und Teilen Kroatiens den Habsburgern. Somit wurde Ungarn in drei Teile geteilt und hörte auf, ein eigenständiger Staat zu sein. Dabei ist es bis 1686 geblieben, als die Türken aus Ungarn vertrieben wurden.
Siebenbürgen entging zwar einer osmanischen Annexion, mußte aber die Oberhoheit der Hohen Pforte anerkennen und einen jährlichen Tribut zahlen. Es konstituierte sich nun als autonomes Wahlfürstentum und der Landtag kürte 1542 Johann II. zum König bzw. zum Fürsten. Der siebenbürgische Landtag erhielt nun größere Bedeutung und die Siebenbürger Sachsen gehörten als privilegierte Nation zusammen mit dem ungarischen Adel und den Szeklern zu den tragenden Säulen dieses Ständestaates.
Während der kriegerischen Wirren nach Mohács konnte sich die Reformation in Siebenbürgen verbreiten, da keine Autorität da war, um ihr Einhalt zu gebieten. Die Landtage Siebenbürgens erkannten ihrerseits die Gleichheit der katholischen, lutherischen, reformierten und unitarischen Konfessionen an.
Siebenbürgen wurde, da die Türken in Ofen und Mittelungarn saßen, zum wichtigsten Träger ungarischen Lebens und ungarischer Kultur. Alle Fürsten wurden aus den Reihen des ungarischen Adels gewählt. Das Land fand leider keine Ruhe, denn einerseits versuchten die Habsburger, in Siebenbürgen Fuß zu fassen, während andererseits einige Fürsten sich von der osmanischen Oberhoheit zu befreien versuchten. Das rief dann wiederum die Türken und die mit ihnen verbündeten Tataren auf den Plan. So wurde Siebenbürgen immer wieder Schauplatz von Bürgerkriegen und Überfällen, in denen sowohl Feinde als auch „Freunde“, Gegner und Verbündete die Bevölkerung drangsalierten. Hungersnot und Pestepidemien trugen das ihrige zum Massensterben bei.
Die Schlacht von Mohács hat nicht nur den Zerfall des mittelalterlichen ungarischen Königreiches bewirkt, sondern weitreichende Folgen hinterlassen. Die 1541 erfolgte Teilung Ungarns konnte bloß im Rahmen der österreichisch-ungarischen Monarchie wiederhergestellt werden, wobei der österreichische Kaiser auch ungarischer König war. Als 1918 die Habsburger Monarchie zerfiel, von der sich Ungarn immer wieder zu befreien versucht hatte, schrumpfte es selbst auf etwa jenen Teil zusammen, der einst türkische Provinz gewesen war, während die Randgebiete an die Nachbarstaaten angeschlossen wurden. Diese Gebietsverluste hinterließen bei den Ungarn nach Mohács ein zweites großes Trauma.
Von all diesen Entwicklungen waren natürlich die in Ungarn lebenden Deutschen betroffen. Die Siebenbürger Sachsen sind in den Auseinandersetzungen zwischen den Habsburgern und den nationalen Parteien Ungarns meistens auf der Seite des deutschen Kaisers gestanden, weil sie sich von diesem mehr Schutz versprachen. Sie sind aber leider in ihren Hoffnungen oft enttäuscht worden.
Lit.: Barta Gábor, u. a.: Kurze Geschichte Siebenbürgens, Budapest, 1990. – R. Briebbrecher: Die Schlacht bei Mohács 1526, in: Friedrich Teutsch (Hg.): Bilder aus der vaterländischen Geschichte. Hermannstadt, 1895. – Carl Göllner: Turcica. Bd. 3: Die Türkenfrage in der öffentlichen Meinung Europas im 16. Jahrhundert, Bukarest/Baden-Baden 1978. – Carl Göllner (Hg.): Geschichte der Deutschen auf dem Gebiete Rumäniens. Bd. I: 12. Jahrhundert bis 1848, Bukarest 1979. – Gustav Gündisch: Siebenbürgen in der Türkenabwehr 1395–1526, in: Revue Roumaine d´Histoire, Bukarest 1964.
Bild: „Die Schlacht von Mohács“ von Bertalan Székely / Quelle: Wikipedia. Gemeinfrei.
Michael Kroner (OGT 2001, 315)