Ereignis vom 1. Januar 1295

Die Teilung Pommerns

Erich von Pommern wird als Nachfolger der Königin Margarethe I. zum nordischen Unionskönig bestimmt.

Unter den häufigen Teilungen Pommerns (s. OGT 1994, S. 270-275) nimmt die von 1295 einen besonderen Rang ein. Sie bildete die Grundlage für das Nebeneinander zweier Linien des pommerschen Herzogshauses, das fast eindreiviertel Jahr­hun­dert dauern sollte. Das Herzogtum Pommern war 1295 im Westen durch den Kummerower See und eine Linie, die bei der Insel Koos den Greifswalder Bodden erreichte, begrenzt. Im Osten erstreckte es sich bis zu einer Nord-Süd-Linie, die im nördlichen Teil vom Kreiherbach und von der Molstow bestimmt war und die im südlichen Teil bis Bernstein lief. Im Norden dehnte sich der Herrschaftsbereich bis zur Ostsee aus. Die südlichsten pommerschen Gebiete im Bereich des Peene­flusses und des Kleinen Haffes waren ein durchschnittlich 20 Kilometer breiter Landstreifen südlich dieser Gewässer. An­schließend folgte die pommersch-brandenburgische Grenze der Randow, danach hauptsächlich der Welse nach Osten, um gegenüber Fiddichow die Oder zu erreichen. Östlich der Oder bildete eine nach Norden und Süden ausschlagende Linie die südliche Begrenzung des Herzogtums Pommern. Vor dessen Ostgrenze gehörte zwischen unterer Radüe und mittlerer Küddow ein Landkomplex von ca. 80 Kilometer Länge in Nord­west-Südost-Richtung und ca. 25 Kilometer Breite zum Her­zogtum Pommern. Zwischen diesem und der Exklave lagen, das Kolberg-Kösliner Gebiet einschließend, die Camminer Stiftslande, die zwar einen umstrittenen Rechtsstatus, faktisch aber eine Oberherrschaft der pommerschen Herzöge besaßen.

Das pommersche Herzogtum hatte im 13. Jahrhundert starke Veränderungen erfahren. Deutsche Bauern, Kaufleute, Hand­werker, Mönche, Priester und Adlige hatten sich in ihm dau­erhaft niedergelassen. Die Bürger lebten in Städten, die sich nach lübischem oder Magdeburger Recht, das in den Verlei­hungen durch Herzog Barnim I. zum Stettiner Stadtrecht um­geformt worden war, selbst verwalteten. Herzog Barnim I., der Städtegründer Pommerns, vereinte 1264, als sein Vetter War­tislaw III. kinderlos starb, das pommersche Herzogtum nach jahrzehntelanger Teilungsphase. Er hinterließ einen erwach­senen Sohn, Bogislaw IV., einen etwa zweijährigen Sohn, Barnim II., und einen nachgeborenen Sohn, Otto I. Die Nach­folge bot also zunächst kein Problem. Bogislaw IV. konnte sie praktisch allein antreten, wenn er seine Brüder in der Regie­rung auch mitvertrat. Doch gut anderthalb Jahrzehnte später veränderte sich die Situation: die jüngeren Söhne waren her­angewachsen, und die Herrschaftsfrage verlangte eine Neu­ordnung. Der Tod des kinderlosen Barnim II. am 28. Mai 1295 erleichterte die notwendig gewordene Aufteilung Pom­merns. An ihr waren die pommersche Ritterschaft und die Städte maßgeblich beteiligt. Die beiden Stände hatten bereits seit einiger Zeit die politischen Grundfragen ihres Landes mitbe­stimmt, wie das Rostocker Landfriedensbündnis von 1283 offenbart. Bei der Landesteilung vertraten acht Adlige, darun­ter der Graf von Gützkow, und vier Stettiner Bürger die beiden Stände.

Im Juli 1295 wurde das Herzogtum in einen südlichen Teil mit Stettin und in einen nördlichen mit Wolgast als Mittel­punkt geteilt. Die Grenze zwischen den Teilgebieten verlief vom Kummerower See entlang dem Peenefluß, wobei aber Demmin und Anklam zum Wolgaster Teil gehörten. In Hin­terpommern bildeten der Gubenbach (die Stepenitz) und dann die Ihna die innerpommersche Grenze. Für Stargard wurde eine Sonderre­gelung getroffen, es wurde dem Wolgaster Be­reich zugeordnet. Die Inseln Usedom und Wollin sowie die Exklave am Ober- und Mittellauf der Persante gehörten zum Wolgaster Teil. Gemeinsamer Besitz blieben das Haff, alle Flüsse und die Häfen. Das Wolgaster Teilherzogtum erhielt Herzog Bogislaw IV., der ältere Bruder, das Stettiner Teilher­zogtum fiel an Herzog Otto I., den jüngeren Bruder. Durch die Grenzziehung waren die pommerschen Städte so verteilt, daß im Stettiner Teil nur das Stettiner Stadtrecht galt, während im Wolgaster Teil das lübische Stadtrecht dominierte, was als Beleg der bürgerlichen Einflußnahme zu werten ist.

Trotz der Teilung waren keine neuen, selbständigen Herzog­tümer entstanden, denn die beiden Herzöge sollten ihre Berei­che zur gesamten Hand besitzen. Das bedeutete, daß jeder der beiden Herzöge am jeweils anderen Herrschaftsbereich Eigen­tums- und Erbrecht hatte. Keiner der beiden Fürsten durfte ohne ausdrückliche Billigung des anderen einen Teil seines Bereiches verkaufen, verpfänden oder vertauschen. Weiterhin wurde festgelegt, daß ebenso wie die Vasallen beiden Herzö­gen den Lehnseid leisten, die Städte beiden huldigen sollten.

Selbstverständlich schwächte diese Teilung die Position Pom­merns. Doch die Gemeinsamkeit der beiden Herr­schafts­be­rei­che wurde über mehrere Generationen bis zum Aussterben der Stet­tiner Linie bewahrt, überstand auch alle Teilungen des Wol­gaster Herrschaftsbereichs und ermöglichte später die Ver­ei­nigung aller pommerschen Teile.

Lit.: Staats- und Verwaltungsgrenzen in Ostmitteleuropa. Histori­sches Kartenwerk. Teil III: Pommern, hg. vom Göttinger Arbeits­kreis, be­arb. von Franz Engel. München 1955.

Bild: Erich von Pommern wird als Nachfolger der Königin Margarethe I. zum nordischen Unionskönig bestimmt. / Quelle: Von Hans Peter Hansen – Fra Nordens Historie af Niels Bache, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=14755

Dietmar Lucht