Ereignis vom 1. Januar 1347

Entdeckung der Karlsbader Quellen

Auszug Kaiser Karl iV. zur Jagd; Elbogen

Nach den Darstellungen M. Klingseisens von 1568 und Kasper Bruschs soll die Entdeckung der Karlsbader Quellen auf eine Begebenheit im Umkreis Kaiser Karls IV. zurückgehen, die 1347 bzw. 1358 stattfand. Bei einer Jagd in den zum kaiserlichen Schloß Elbogen gehörenden Waldungen war ein Hirsch vom Felsen gesprungen und zusammen mit einem ihn verfolgenden Jagdhund in ein heißes Wasser gestürzt. Das Weh-kla¬gen des Hundes lockte Kaiser und Jagdgesellschaft an. Der vom Kaiser beauftragte Gräfliche Leibarzt Peter Payer erkannte nach Untersuchungen das Wasser als heilkräftig und wandte es beim wun¬den Schenkel seiner Majestät auch gleich erfolgreich an. Aus Dankbarkeit ließ Karl IV. im Tal eine Stadt erbauen, der Fel¬sen selbst heißt heute Hirschsprung oder Hirschfelsen, an der Karlsquelle (A. Weiss, S. 26) wurde ein entsprechendes Relief von Zörkler angebracht.

Wenn auch der kaiserliche Namensgeber feststeht, so dürfte die Geschichte der Karlsbader Kurbehandlungen jedoch älter als 600 Jahre sein. Karl IV. erwähnt in seiner Autobiographie nichts von all dem. Schon Brusch weist darauf hin, daß die Analyse und die Behandlung des Kaisers mit dem Heilwasser seinerzeit aufgrund von Hinweisen der Bevölkerung erfolgte. Der erste Chronist Karlsbads, Fabian Summer, schreibt 1571, daß er dieses Vorkommnis aus Erzählungen Älterer, aber nicht aus Archivalien kennt. Und Becher fand in den Ruinen des Kirchleins von Thiergarten, das seit 1217 im Besitz einer Herr-schaft steht, viele Sprudelsteine eingemauert, so daß daraus schon auf ein längeres Bekanntsein der Quellen geschlossen werden muß.

Sicher ist, daß Karl IV. im Jahre 1346 in jener Gegend weilte. Das älteste, aus dem Jahre 1558 stammende Dokument enthält   die Stadterhebung durch Karl. Ein Freiheitsbrief des Kaisers vom 14. Au¬gust 1370 aus Nürnberg überläßt der Brunnenstadt dieselben Rechte, die Elbogen besaß. Wahr-schein¬¬lich, so Fleck¬les, bewohnten Leute aus Thiergarten und Drahwitz die Badgegend und erhielten eben 1358 und 1370 die kaiserlichen Urkunden. Förderung erfuhr die Stadt weiterhin durch König Wenzel, Kaiser Josef I. und andere. 1508 errich-tete man die erste öffentliche Badeanstalt. 1522 empfahl Arzt Wenzel Payer aus Elbogen die Wässer nicht nur zum Waschen, sondern auch zum Trinken. 1715 been¬dete man den Bau des tschechischen Saales in Karlsbad. 1797 war David Becher Kurarzt, der die ersten genauen Schüttungsmessungen durchführte und einen hölzernen Pavillon erbauen ließ. Die Fabrik für den bekannten, heute gute Devisen einbringenden Magenlikör gründete 1807 der Apotheker Josef Be¬cher.

Die von Metternich einberufene Ministerkonferenz des Deutschen Bundes faßte 1819 die bekannten ”Karlsbader Beschlüsse”. Zu den Gästen der Kurstadt zählen (man beachte die in fast allen Schilderungen getroffene Wahl der Berühmtheiten) Karl VI. (1732), Kaiser Ferdinand (1835), Peter der Große, Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich von Schiller, Nicolo Paganini, aus jüngster Zeit Claudia Cardinale, Gina Lolob¬rigida, Udo Jürgens und der österreichische Bundespräsident Thomas Klestil.

Durch den Druck der Alpen- und Karpatenfaltungen im Tertiär erfolgten die nachhaltigsten Verformungen des aus Bayerischem Wald, Böhmerwald und Nordböhmen bestehenden Böhmischen Massivs, insbesondere Aufwölbungen und Ein-stürze. Im Gebiet Karlsbad, Franzensbad und Marienbad treten die Mineralwässer des Erzgebirges als kühle postvulkanische Säuerlinge zu Tage. Lediglich Karlbad besitzt warme Quellen (alte Namen des Ortes: Warmbad, Warmes Bad, Wary, Teplawoda), die zudem * im Gegensatz zu denen der zwei anderen Orte * ein geschlossenes System im Granituntergrund bilden. Ihren Ursprung haben die Quellen in 2000 Meter Tiefe, wo sich in der Nähe magmatischer Herde Kohlensäure sammelt, die dann mit dem Sickerwasser des Erzgebirgseinsturzgrabens, das sich mit Mineralien anreichert, am Südrand des Egerbruches ans Tageslicht kommt. Fünf Monate dauert es, bis die eingedrungenen Niederschläge als Quellwasser erscheinen.

Die Karlsbader Quellen sind in einer ”Sprudellinie” angeordnet. Es gibt ein Dutzend, dem Namen nach nur wenigen bekannte Quellen mit jeweils spezifischen Eigenschaften. Mit 2000 Liter pro Minute ist der ”Sprudel” die ergiebigste und mit 72 °C (die ”kälteste” hat 41°C) auch die heißeste der Quellen.

Ab einem Gramm Mineralien im Liter spricht man von Mineralwasser. Bei sechs Gramm Mineralien pro Liter strömen in Karlsbad täglich 18 Tonnen Mineralien aus dem Erdinneren. Wurde das Entfernen des sich ablagernden Sprudelsteins (Aragonit) an den Quellmunden versäumt, hat es schon Explosionen gegeben. Beläßt man beispielsweise eine Rose drei Wochen in jenem Karlsbader Wasser, wird sie durch einen Steinüberzug fest. Radioaktiv sind die Heilwässer nicht, jedenfalls erreichen sie nicht die zur entsprechenden Anwendung erforderlichen Strahlungsmengen. Erste Untersuchungen dazu hat J. Knett schon ein Jahrzehnt nach der Entdeckung der Radioaktivität durchgeführt.

Die Karlsbader Wässer besitzen einen pH-Wert um 7. Nach neueren Messungen enthalten sie Natrium-, Sulfat-, Hydrokarbonat- und Chloridionen, aber auch Blei, Zink, Eisen und als Besonderheit Fluor. Besonders intensiv vermag das Karlsbader Quellwasser Wasserstoffperoxid-Lösungen zu zersetzen, wo-durch die Heilwirkungen belegt werden.

In Karlsbad behandelt man die unterschiedlichsten Gebrechen,  so etwa Leber-, Magen- und Darmerkrankungen, Nierensteine, die Zuckerkrankheit, die Gicht und allergische Hautkrankheiten. Bei einer Trinkkur nimmt man früh und nachmittags jeweils einen drittel Liter in kleinen Schlucken zu sich. Für alle Gebrechen werden individuelle Therapien er¬stellt.

Lit.: Über Karlsbad sind seit 1480 bis heute mehr als 1200 Monographien erschienen. Becker, David: Neue Abhandlung Vom Carlsbad. Prag 1766. – Burachovič, Stanislav: Schritt für Schritt durch Karlsbad. Jahrbuch der Zs Promenáda Karlovy Vary 1995. – Fleckles, Leopold: Karlsbad * seine Gesundbrunnen und Mineralbäder in geschichtlicher, naturhistorischer und medizinischer Hinsicht. Stuttgart 1838. – Knett, J.: Über radioaktive Barytkristalle im Karlsbader Sprudel. Wiener Be¬rich¬te 113 II a. 1904. – Kolhörster, Werner: Beiträge zur Kenntnis der radioaktiven Eigenschaften des Karlsbader Sprudels. Dissertation Halle a. S. 1911. – Weiss, Arthur: Die Heilquellen von Karlovy Vary (Karlsbad). Karlovy Vary 1967.

Bild: Auszug Kaiser Karl IV. zur Jagd / Quelle: Wikipedia. Gemeinfrei.

Karl Röttel