Ereignis vom 1. Januar 1348

Ersterwähnung Allensteins

Während der bereits abflauenden bäuerlichen Zuwanderung ins westliche Preußenland war im Staat des Deutschen Ordens gegen Mitte des 14. Jahrhunderts die Entstehung der Stadtlandschaft noch voll im Gange. Auch wurden die Grenzen zwischen ordenseigenem Land, dem erzbischöflichen Territorium und freiem bäuerlichen Besitz abgesteckt. So erhielten im Herbst 1346 die ermländischen Mitglieder des Domkapitels das Gebiet der oberen Alle als Territorium. Als Mittelpunkt erkoren sich die Domkapitulare für das aus ehemaligen zwei preußischen Gauen (Gudikus und Bertingen) bestehende Gebiet eine Stelle auf einer der zahlreichen Alle-Halbinseln. Der Entwicklungskern war zunächst eine Burg, die Schutz für Siedler, die aus dem deutschen Sprachraum zugewandert waren, boten. Auf diese Weise entstand eine Burgstadt. Diese wurde zum ersten Mal in einer in Frauenburg am 31. Dezember 1348 ausgestellten Urkunde (Verschreibung von 30 Hufen in Friedrichsdorf) erwähnt: „… ad libertatem novae civita-tis…“ Allenstein wird bei dieser Gelegenheit nicht namentlich genannt, ist aber unzweifelhaft gemeint.

Am 31. Oktober 1353 verlieh der Deutsche Orden dieser neuen Stadt eine Handfeste nach (Magdeburgisch-) Kulmischen Recht, die bekanntermaßen ein vertraglich abgesichertes Rechtsverhältnis stiftete. In dieser Handfeste sind Zeit und Konditionen der Gründung festgehalten. So wurden der Stadt 48 Hufen Ackerland und 100 Hufen Wald zugewiesen, dazu kamen 1378 noch 4 1/2 Hufen Land und 60 Hufen Wald. Der Ausbau der rechteckig angelegten Burg des Domkapitels wurde wohl seit 1348 in Angriff genommen. Es entstand in Stein eine der größten Wehranlagen Ostpreußens.

In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts wurde dann auch die Pfarrkirche St. Jakob (heute Kathedralkirche des Bistums Ermland) in Backsteinbauweise errichtet. In der für das Ermland üblichen Form wurde der bedeutende Kirchenbau (58 m lang, 15 m Innenhöhe) als chorlose dreischiffige Halle mit geradem Abschluß aufgeführt. Der voluminöse Westturm wurde in den rechteckigen Grundriß einbezogen.

In der Burg hatte der Kapitelsvogt als oberster richterlicher Beamter des Kapitels seinen Sitz. Es kam als der erste Verwaltungsbeamte des Kammeramtes Allenstein der Kapitelsadministrator hinzu, den die Domherrn zu wählen hatten. Unter anderem hat Nikolaus Copernicus ab 1516 dieses Amt mehrfach innegehabt. Nachdem die Inkorporation des Bistums Ermland durch den Deutschen Orden nicht gelungen war, geriet dieses 1466, damit auch Allenstein, in Lehnsabhängigkeit der polnischen Krone. Die Einwohner sind mit der städtischen Bausubstanz mehreren Wellen von Krieg, Hungersnöten, Seuchen und Bränden ausgesetzt gewesen, so im Schwedisch-polnischen Erbfolgekrieg (1626-1635) und im Zweiten Schwedenkrieg (1654-1660) mit einem schwedischen Hoheitsintermezzo.

1772 wurde Allenstein preußisch. Im 19. Jahrhundert und frühen 20. Jahrhundert erlebte der regionale Verwaltungsmittelpunkt (u.a. Sitz eines Landgerichts) Allenstein mit dem Anstieg der Bevölkerung (1889: 15700; 1908: 30800) eine städtebauliche und industrielle Entfaltungsphase: Holzindustrie; Gewerbeausstellungen 1888 und 1910; er erhielt ab 1881 Eisenbahnanschluß. Ab 1884 wurde Allenstein Garnisonsstadt.

Der Erste Weltkrieg hinterließ keine Zerstörungen.

Durch die verheerenden Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges gelangte Allenstein zunächst unter polnische Verwaltung und schließlich mit der völkerrechtlichen Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze in die Zugehörigkeit zum polnischen Staat. Allenstein (Olsztyn) fungiert nach wie vor als regionales Verwaltungszentrum, heute für eine Woiwodschaft.

Lit.: Beiträge zur Geschichte Allensteins. Festschrift zur Feier des 550jährigen Stadtjubiläums am 31. Oktober 1903. Bearb. v. Hugo Bonk, Al¬lenstein 1903. – Hugo Bonk: Geschichte der Stadt Allenstein. Bd. 1: Beiträge zur Geschichte Allensteins, 1903; Bd. 2: Darstellung, 1930; Bd. 3: Urkundenbuch z. Geschichte Allensteins. T. 1, 1912; Bd. 4: Urkundenbuch z. Geschichte Allensteins, T. 2, 1914. – Anton Funk: Geschichte der Stadt Allenstein von 1348 bis 1943, hrsg. von Kurt Maeder, Leer 1955. – Adolf Poschmann: Allenstein, in: Ost- und Westpreußen, hrsg. von Erich Weise (Handbuch der Historischen Stätten) Stuttgart 1966, S. 2f. – Dehio-Handbuch der Kunstdenkmäler West- und Ostpreußen. Bearb. von M. Antoni 1993, S. 3-16 (mit falschem Erstnennungsjahr 1346).

Bild: Burg und St.-Jacobi-Kirche in Olsztyn / Quelle: Wikipedia. Gemeinfrei.

Carl August Lückerath