Das Jahr 1720 leitete mit der Festlegung der Peene als Grenze zwischen dem schwedischen und dem preußischen Vorpommern den letzten Abschnitt in der Geschichte eines relativ selbständigen pommerschen Territoriums ein. Es sollten noch weitere 95 Jahre vergehen, bis auch das letzte Teilgebiet des ehemaligen pommerschen Herzogtums an das Königreich Preußen fiel und sich damit die seit dem späten Mittelalter gehegten Bestrebungen Brandenburg/Preußens auf den Besitz Pommerns vollständig erfüllten.
Häufig wird das Jahr 1637, das Jahr, in dem der letzten Greifenherzog Bogislaw XIV. ohne Erben starb, als das Ende des eigenständigen pommerschen Herzogtums angesehen. Das stimmt nur bedingt. Es trifft zu, daß die Dynastie der Greifenherzöge in diesem Jahr erlosch. Tatsächlich blieb jedoch ein Teil des Herzogtums, wenn auch sehr eingeschränkt, staatsrechtlich selbständig. In den Festlegungen des Friedensvertrags von Münster und Osnabrück (1648) wurde Hinterpommern, das Gebiet östlich der Oder, dem Kurfürstentum Brandenburg zugesprochen, Vorpommern aber blieb mit einem Streifen am östlichen Oderufer formal selbständig. Schweden erhielt das Land als „dauerndes und unmittelbares Reichslehen“, und die schwedischen Könige wurden mit dem Titel „Herzog von Pommern“, „Fürst von Rügen“ als unmittelbare deutsche Reichsstände aufgenommen. Der brandenburgische Kurfürst konnte das aber nur sehr widerwillig hinnehmen, weil er nach den gültigen Erbverträgen, die seit 1338 in wiederholten Absprachen mit den Pommernherzögen abgeschlossen worden waren, rechtmäßiger Erbe ganz Pommerns war.
Die politische Realität entsprach dem nicht. Schweden hatte im Dreißigjährigen Krieg den größten Teil Pommerns besetzt und unter Druck Herzog Bogislaw XIV. 1630 zum Abschluß eines Bündnisvertrags genötigt. Dieser Vertrag sah auf den ersten Blick nach einem Abkommen unter Gleichen aus. Man sicherte sich gegenseitigen Beistand und Gleichstellung aller Bürger zu. Das bedeutete u. a., daß bei der Besetzung von Ämtern in Schweden und in Pommern schwedische und pommersche Staatsbürger theoretisch gleichgestellt wurden. Die Privilegien der Stände in Pommern wurden respektiert und insgesamt am ganzen pommerschen Rechtsgefüge wenig geändert. Schweden hatte die brandenburgische Erbfolge zwar anerkannt, aber die Herausgabe der besetzten Gebiete von Entschädigungszahlungen abhängig gemacht. Die Anwesenheit starker schwedischer Truppen ließ den Gedanken einer Übergabe an den brandenburgischen Kurfürsten nicht aufkommen.
Im Westfälischen Frieden war die Grenze zwischen dem schwedischen und dem brandenburgischen Pommern nicht genau festgeschrieben worden. Man hatte sich grob an der Oder als der seit 1532 zwischen den relativ eigenständigen pommerschen Herzogtümern Pommern-Stettin und Pommern-Wolgast existierenden Trennungslinie orientiert. Brandenburg und Schweden waren aufgefordert worden, den genauen Grenzverlauf in bilateralen Verhandlungen festzulegen. Diese zogen sich bis 1653 hin und endeten damit, daß die Oder im wesentlichen die Grenze bildete. Schweden erhielt jedoch zusätzlich einen Streifen Land auf dem östlichen Ufer der Oder sowie hinterpommersche Zolleinnahmen. Die Schwierigkeiten, die die Auseinandersetzung Schwedens und Brandenburgs mit sich brachten, sind auch an der Tatsache zu erkennen, daß man den 1637 verstorbenen letzten Pommernherzog erst 1654 beisetzte. Bei den Feierlichkeiten zu seiner Beerdigung wurden alle zeremoniellen Akte vermieden, die beim Aussterben eines Fürstengeschlechts nach altem deutschen Recht üblich waren (Zerbrechen von Fahne und Schild).
Im gesamteuropäischen Machtgefüge konnte die Ausdehnung Schwedens auf dem Kontinent nicht ohne Widerspruch bleiben. Die erste Möglichkeit, Schweden aus Pommern zu verdrängen, ergab sich 1655, als Schweden mit Polen in Konflikt geriet. Brandenburg lehnte erwartungsgemäß ein schwedisches Hilfeersuchen gegen Polen ab. Mehr oder weniger vom Kaiser gedrängt, schickte der brandenburgische Kurfürst im Juli 1659 zusammen mit kaiserlichen Regimentern Truppen nach Schwedisch-Pommern. Was militärisch zunächst als ein Erfolg aussah, erwies sich beim Friedensschluß in Oliva (1660) als ein Fehlschlag. Die schwedischen Besitzungen blieben unangetastet. Ein zweiter Versuch, der 1675 begann, führte ebenfalls zu keiner wesentlichen territorialen Veränderung. Auslöser war diesmal der schwedische Einmarsch in die Uckermark gewesen. Nach der schwedischen Niederlage von Fehrbellin (1675) marschierten brandenburgische, kaiserliche und dänische Truppen in Schwedisch-Vorpommern ein. Im Friedensvertrag von St. Germain-en-Laye vom Juni 1679 erwiesen sich die militärischen Eroberungen allerdings wiederum als politisch folgenlos. Die Diplomatie hinter den Kulissen hatte erreicht, daß die schwedischen Besitzungen nahezu erhalten blieben. Es wurde nur der östlich der Oder gelegene Besitz etwas verkleinert. Das muß für Brandenburg besonders schmerzlich gewesen sein. Hatte man doch unter erheblichen Opfern weite Gebiete in Vorpommern militärisch erobert.
Im Jahre 1700 begann Karl XII. von Schweden ein militärisches Abenteuer, das einen nahezu 20jährigen mörderischen Krieg, den Nordischen Krieg, auslösen sollte. Der zunächst erfolgreiche schwedische Feldzug gegen Polen und Sachsen brachte für Pommern nur finanzielle Belastungen mit sich. Nach der Niederlage bei Poltawa im Jahre 1709 näherte sich der Krieg allerdings den pommerschen Grenzen, und im August 1711 marschierten polnische, sächsische und russische Truppen in Vorpommern ein. Anfänglich schienen sich die schwedischen Truppen behaupten zu können, nach 1713 wurde jedoch die Übermacht der verbündeten Sachsen, Polen, Russen und Dänen spürbar. 1715 schloß sich dann auch Friedrich Wilhelm I., König in Preußen, dieser Koalition an. In relativ kurzer Zeit war das ganze Land erobert. Die Schweden kapitulierten am 24. Dezember 1715.
Schwedisch-Vorpommern war durch die ständigen kriegerischen Auseinandersetzungen nahezu völlig verwüstet. Man kann die Verluste dieses Krieges durchaus mit den Schäden des Dreißigjährigen Krieges vergleichen. Mißernten verschlimmerten die Not der Menschen zusätzlich. Die Insel Rügen und das Gebiet nördlich der Peene wurde von russischen Truppen besetzt, das übrige schwedische Vorpommern von Preußen. Auch Dänemark erhielt einen Teil des Landes. Diplomatische Kontakte hatten bereits zu diesem Zeitpunkt zur inoffiziellen Vereinbarung geführt, daß das Gebiet südlich der Peene an Preußen fallen sollte. Dies bietet die Erklärung für die Lehensinvestitur der Ritterschaft, die 1716 vollzogen wurde. Anfang 1717 folgte die Verpflichtung der Vertreter Stettins per Handschlag auf die „itzige höchste Obrigkeit“.
Nach langwierigen Verhandlungen wurde schließlich am 21. Januar 1720 im Frieden von Stockholm vereinbart, daß Schweden alle Gebiete südlich der Peene und die Insel Usedom an Preußen gegen eine Zahlung von zwei Millionen Talern abzugeben hatte. Einige Monate später, im Frieden von Friedrichsburg, wurde auch Dänemark in diesen Vertrag einbezogen. Es gab die besetzten Gebiete nördlich der Peene an Schweden zurück. Stettin, im Vertrag von Schwedt 1713 Preußen bereits zugesprochen, fiel ebenso wie die größeren Städte Anklam und Demmin an Preußen. Im schwedischen Vorpommern verblieben neben einigen kleinen Städten nur noch Stralsund und Greifswald.
Im Verlauf des Siebenjährigen Krieges haben sich keine weiteren Gebietsveränderungen mehr ergeben. Recht glücklich sind aber die schwedischen Könige mit ihrem verbliebenen Rest von Vorpommern offenbar nicht gewesen. 1798 wurde in einer geheimen Botschaft Preußen die Abtretung Schwedisch-Vorpommerns angeboten. Es wurde zwar ernsthaft darüber verhandelt, aber den Preußen erschienen die geforderten Bedingungen offensichtlich als unangemessen. Preußen sollte das Land für 25 Jahre gegen eine Zahlung von 15 Millionen Talern übernehmen, die Hoheitsrechte sollten jedoch bei Schweden verbleiben. Die Gespräche wurden abgebrochen. Ohne konkrete Verhandlungen ist der 1806 vom schwedischen König geäußerte Gedanke geblieben, seine vorpommerschen Besitzungen an Rußland zu verkaufen. 1815 wurde das schwedische Vorpommern schließlich im Zug der Neuordnung in Europa auf dem Wiener Kongreß gegen Zahlung von zwei Millionen Talern an Preußen abgetreten. Mit dem Übergang des restlichen schwedischen Vorpommerns an Preußen endete die „politische Selbständigkeit“ Pommerns. Pommern, nunmehr vereint, wurde eine preußische Provinz. Schwierigkeiten bei der Integration des schwedischen Teils hielten noch einige Jahrzehnte an, doch mit Einführung der preußischen Provinzialordnung waren die Voraussetzungen für eine weitere gedeihliche Entwicklung Gesamtpommerns gegeben.
Lit.: Martin Wehrmann: Geschichte von Pommern. Bd. 2. Gotha 1919/21. – Henning Rischer: Chronologische Übersicht zur Geschichte Pommerns (ungedr. Manuskript). Loitz 1992. – Hans-Helmuth Knütter: Aussterben des pommerschen Greifengeschlechts mit Bogislaw XIV., in: OGT 1987, S. 254-256.
Bild: Die Inschrift am Berliner Tor in Stettin erinnert noch heute an den Erwerb der Stadt durch Friedrich Wilhelm I. / Quelle: Von Photogoddle – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=71114560
Henning Rischer