Ereignis vom 24. Mai 1370

Friede von Stralsund

Faksimile einer der beiden Urkunden im Kulturhistorischen Museum, Original im Stadtarchiv Stralsund

In ihrem Bestreben, auf Nord- und Ostsee ungehindert Handel treiben zu können, geriet die Hanse immer wieder in Konflikte mit den Seeanrainerstaaten, die ihrerseits über die politischen Ziele hinaus auch Handelsinteressen verfolgten. Ein solcher Konflikt kulminierte im Krieg der Hanse gegen Dänemark in den Jahren 1367 bis 1370.

Nach dem Hansetag in Köln 1367 (Kölner Konföderation) versuchten die norddeutschen Hansestädte mit König Walde­mar IV. von Dänemark noch einmal in Verhandlungen zu treten. Die von Dänemark weiterhin geduldete Kaperei bot dann den Auslöser für kriegerische Auseinandersetzungen. Mit dem 1364 erhobenen schwedischen König Albrecht von Mecklenburg sowie mit anderen norddeutschen Fürsten traten die Hansestädte 1368 in eine Koalition ein. Dabei strebte die Hanse vor allem nach Behauptung und Erweiterung der Han­delsvorrechte und schließlich nach einem größeren handels­po­li­tischen Spielraum in Dänemark. Das Hauptziel indes blieb die freie Sundpassage.

Als der Krieg erklärt wurde, fand sich an der Seite des däni­schen Königs lediglich der norwegische König, der inzwi­schen dessen Schwiegersohn geworden war, aber bald schon wegen der Verteidigungsunfähigkeit Norwegens aus dem Kriege ausscheiden mußte. Im April und Mai 1368 eroberten Teile der hansischen Ostseeflotte die dänischen Seefestungen, vor allem Kopenhagen und Helsingör. Im Juni 1368 war dann die unge­störte Sundpassage möglich. Als Dänemark im Herbst 1368 seinen Widerstand noch nicht aufgab, wurde im Oktober des­selben Jahres in Stralsund auf einem Hansetag beschlossen, den Kriegszustand weiter aufrecht zu erhalten, um im Früh­jahr 1369 Angriffsvorbereitungen auf Helsingborg zu treffen, das aber erst am 8. September 1369 vom dänischen Befehls­haber übergeben wurde. Die Sundpassage als hansischer See­verbin­dungsweg war damit endgültig gesichert. Der Krieg wurde mit dem Stralsunder Frieden von 1370 beendet.

Die Hanse hatte damit ihre wirtschaftliche und politische Vor­macht­stellung in Nordeuropa nicht nur behaupten, son­dern wei­ter ausbauen können. Sie hat aber auch gezeigt, daß sie zu einer gemeinsamen Kriegführung in der Lage gewesen ist, eine Kriegführung, die sowohl auf See wie in Kampf­hand­lungen durch an Land gesetzte Truppen statthatte.

In den Bedingungen des Stralsunder Friedens setzte die Hanse, unge­achtet der territorialpolitischen Interessen ihrer Koalitio­näre, ihre merkantilen Ziele durch. Die Verhandlun­gen, die vom 1. Mai bis 24. Mai 1370 in Stralsund geführt wurden, hat­ten zwar einerseits zum Ergebnis, daß die staatli­che Integri­tät Dänemarks gewahrt blieb, die Delegation des dänischen Reichs­rates unter dem Reichshauptmann Henning von Putbus, dem Erzbischof von Lund und den Bischöfen von Odense und Roes­kilde mußte aber andererseits den Ratsendbo­ten aus 23 Han­sestädten gegen Entrichtung des üblichen Zolls völlige Handelsfreiheit in Dänemark und auf Schonen garan­tieren, den handelspolitischen Einfluß der Hanse in Däne­mark sichern und Wieder­gutmachung für Kriegsverluste zu­sagen, während die zeitweise Besetzung der wichtigsten Fe­stungen des däni­schen Reiches sowie der mögliche Einfluß auf die dänische Kö­nigswahl eher nur als vorübergehender Erfolg zu bewerten waren.

Dieses Ergebnis der Kölner Konföderation von 1367 ist von der Forschung nicht als einhellige hansisch-dänische Gegner­schaft aufgefaßt worden, sondern als Verhinderung des politi­schen Ziels König Waldemars, das alte Dänische Reich im Gesamtumfang wieder herzustellen, durch Schweden, dessen König auf den dänischen Thron spekulierte, und durch die Schau­en­burger in Schleswig. Das Jahr 1370 ist zu einem Ent­schei­dungsjahr für Nordeuropa geworden, nicht zuletzt zeigte sich das in der Wiederaufnahme der Bergen-Fahrt, dem nörd­lichsten Vorposten der Hanse. Die Bewertung des hansi­schen Erfolges spiegelt sich auch in den achtungsvollen Proto­koll­for­men, die Karl IV. bei seinem Besuch in Lübeck 1375 gegen­über den dortigen Rats­leuten verwandte.

Lit.: A. v. Brandt: Grenzen und Möglichkeiten einer hansischen Ge­samtgeschichte, in: Hansische Geschichtsblätter 72 (1954), S. 91-100. – Ph. Dol­linger: Die Hanse. Stuttgart 41984. – K. Friedland: Die Han­se. Stuttgart 1991.

Bild: Faksimile einer der beiden Urkunden im Kulturhistorischen Museum, Original im Stadtarchiv Stralsund / Quelle: Von RobKohl – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=39352393

Carl August Lückerath