Ereignis vom 13. Mai 1779

Frieden von Teschen

Der Friede von Teschen. Österreichische Ratifikationsurkunde

Mit dem Tod des Kurfürsten Maximilian III. Joseph von Bayern, Sohn Kaisers Karl VII., am 30. Dezember 1777 erlosch die bayerische oder kaiserliche Linie des Hauses Wittelsbach. Unter Berufung auf die 1426 durch Kaiser Sigismund erfolgte Belehnung des Herzogs Albrecht von Österreich machte Kaiser Joseph II. (1765–1790) Ansprüche auf Niederbayern geltend. Neben dem Kaiser trat auch Kurfürst Friedrich August III. von Sachsen, ein Sohn der Schwester des verstorbenen Kurfürsten Maximilian III. Joseph, mit Ansprüchen auf die bayerische Allodialherrschaft hervor. Auf Grund einer von Kaiser Maximilian I. erhaltenen Anwartschaft auf die Landgrafenschaft Leuchtenberg erhob schließlich auch der Herzog von Mecklenburg-Schwerin Ansprüche.

Bayern fiel jedoch nach den Wittelsbachischen Erbverträgen an die pfälzische Linie, an den Kurfürsten Karl Theodor von der Pfalz, der die Kurpfalz und die Herzogtümer Jülich und Berg besaß. Karl Theodor, der die bayerische Erbschaft nur ungern übernahm, verließ daher seine bisherige Residenz in Mannheim und zog mit seinem Hof nach München, wo sich der Pfälzer wie in der Verbannung fühlte. Nach den Bestimmungen des Westfälischen Friedens ging zudem die pfälzische Kurwürde mit dem Übergang des Kurfürstentums Bayern an das pfälzische Haus verloren. Kaiser Joseph II. erkannte die Ansprüche des Kurfürsten nicht an. Kurz nach dem Tode des Kurfürsten Maximilian III. Joseph von Bayern setzte daher die kaiserliche Partei einen Vertrag, die Wiener Konvention vom 3. Januar 1778 (Martens: Recueil des principaux traités, tome II, S. 582), auf, bei der der Abgesandte des neuen bayerischen Kurfürsten unterschreiben mußte, daß sein Herr damit einverstanden sei, das ehemalige Straubing-Niederbayern, die böhmischen Lehen in der Oberpfalz, die Stadt Mindelheim, die Landgrafschaft Leuchtenberg und einige weitere kleine Gebiete gegen entsprechende Herrschaften in den Niederlanden zu tauschen. Für Karl Theodor mußte das Angebot verlockend erscheinen, da auf Kosten Altbayerns seine Länder, die von den Alpen bis zum Niederrhein verstreut lagen, sich zu einem großen Rheinstaat mit Brüssel in Belgien, der Kurpfalz, Jülich und Berg arrondieren würden. Der Kurfürst, der keine legitimen Kinder besaß, war auch deswegen nicht abgeneigt, weil ihn der Kaiser bei seinem Plan, für seine natürlichen Söhne ein erbliches Reichsfürstentum zu errichten, unterstützen würde. Mit dem Angebot eines Tausches von Teilen Bayerns gegen Belgien (österreichische Niederlande) versuchte Joseph II. die Stellung Österreichs durch den Gewinn Niederbayerns und der Oberpfalz nach dem Aussterben der bayerischen Wittelsbacher Linie zu stärken. Der sich zunehmend von seiner Mutter Maria Theresia emanzipierende Kaiser Joseph II. versuchte auf diese Weise, seinen Staat territorial auf Kosten des austarierten Reichssystems zu erweitern. Die bayerische Erbfolgefrage schien einen guten Ansatzpunkt zu bieten, um den Verlust Schlesiens an Preußen zu kompensieren. Ansonsten würde wegen des Todes von Maximilian II. Joseph von Bayern eine pfälzisch-bayerische Großmacht der Wittelsbacher unter Kurfürst Karl Theodor von der Pfalz entstehen, die das europäische Gleichgewicht bedrohen könnte. Graf Kaunitz erreichte die Anerkennung österreichischer Rechtsansprüche auf einen Teil des Kurfürstentums (Bayern-Straubing) durch Karl Theodor. Karl Theodor von der Pfalz trat vertraglich einen großen Teil von Niederbayern an Österreich ab in der Hoffnung, vom Kaiser Vorderösterreich oder die südlichen Niederlande als Kompensation zu erhalten. Der Pfälzer Kurfürst war deswegen in Bayern sehr unbeliebt.

Unmittelbar nach dem Tode Maximilians III. Joseph rückten die Österreicher in Bayern ein. Als sie die Huldigung der Untertanen verlangten, ging eine Welle der Empörung durch ganz Kurbayern und bayerische Patrioten nahmen den Widerstand auf. Man sah sich verraten und verkauft, sah das Land zerstückelt und die eigene Staatlichkeit gefährdet. Auch Pfalzgraf Karl August aus der wittelsbachischen Linie Zweibrücken-Birkenfeld, der Erbe Karl Theodors, protestierte gegen die Schmälerung seines künftigen Erbes. Auf preußischer und sächsischer Seite stieß das Vorhaben, die Stellung Österreichs durch den Gewinn Niederbayerns und der Oberpfalz nach dem Aussterben der bayerischen Wittelsbacher Linie zu stärken, auf Widerstand. Friedrich II. war entschlossen, eine solche Vergrößerung Österreichs in Deutschland um keinen Preis zu dulden, und veranlaßte Herzog Karl von Zweibrücken, den Erben Bayerns nach dem Tode des Kurfürsten Karl Theodor, gegen die Besetzung der Oberpfalz und gegen die Wiener Konvention vor dem Reichstag zu protestieren. Als dessen ungeachtet Kaiser Joseph II. die Räumung verweigerte und Verhandlungen mit ihm in Wien nichts fruchteten, marschierte Friedrich II. am 5. Juli 1778 mit einer 80.000 Mann starken Armee von preußischen und sächsischen Truppen in Böhmen ein. Er begann damit den Bayerischen Erbfolgekrieg. Preußen wollte eine Stärkung Österreichs in Süddeutschland verhindern und die bayerische Selbständigkeit unterstützen, da ein geschlossener österreichisch-bayerischer Staat zur entscheidenden europäischen Großmacht geworden wäre. Schließlich diskreditierten Friedrich II. von Preußen und Zarin Katharina II. den Kaiser wegen Nichtachtung der Reichsverfassung (Unteilbarkeit der Kurfürstentümer). Die russische Regierung antwortete allerdings zunächst nicht auf ein preußisches Hilfegesuch. Sie bot lediglich Hilfe bei einer Vermittlung an. Rußland fürchtete nämlich. bei einem Eingreifen Probleme mit Frankreich, Österreichs Verbündeten, zu bekommen.

Die Kampfhandlungen beschränkten sich auf unbedeutende Scharmützel. Der Bayerische Erbfolgekrieg ging daher in die Geschichte unter den Spottbezeichnungen „(Böhmischer) Kartoffelkrieg“ oder „Zwetschgenrummel“ ein, da die Armeen mehr mit ihrer Ernährung beschäftigt als in militärischen Handlungen verwickelt waren. Als „Kartoffelkrieg“ wurde der Bayerische Erbfolgekrieg verspottet, weil sich die „Kampfhandlungen“ darin erschöpften, daß sich die Soldaten beider Mächte auf den Äckern um die Kartoffeln balgten. Für die österreichischen Soldaten war der Krieg nur „Zwetschgenrummel“, da allenfalls Magengrimmen von den zuviel genossenen reifen Pflaumen am Wegesrand übrigblieb. Der Krieg ging 1779 zu Ende, ohne daß ein Schuß gefallen war. Eine Eskalation wurde dadurch verhindert, daß Frankreich den Kaiser nicht unterstützte. Dieser Krieg ohne Kampfhandlungen kostete gleichwohl 1500 Soldaten auf beiden Seiten das Leben: Sie starben an der Roten Ruhr! Den Toten des Krieges stiftete der Adjutant Friedrichs, Oberst Billerbeck, in Holleben (Saalkreis) ein Denkmal, das heute noch steht.

Die Friedensbemühungen begannen hinter dem Rücken des Kaisers mit dem König von Preußen durch Maria Theresia im Juli 1778. Nach einem erneuten Hilfegesuch Preußens richtete Zarin Katharina am 22. September 1778 eine Note an Österreich, in der Rußland mit der Erfüllung des russisch-preußischen Bündnisvertrages drohte, wenn Österreich nicht zu einem Konsens mit Preußen in der bayerischen Frage bereit wäre. Im Dezember 1778 vermittelten schließlich Frankreich und Rußland. Am 14. März 1779 wurde der Friedenskongreß eröffnet. Partner des am 13. Mai 1779 abgeschlossenen Friedens von Teschen, den Frankreich und Rußland garantierten und den das Reich 1780 bestätigte, sind Österreich und Preußen.

Der Vertrag enthält 17 Artikel und einen Separatartikel sowie 6 Anhänge, nämlich die Konvention zwischen Maria Theresia und dem Kurfürsten Karl Theodor von der Pfalz (Beitrittserklärung des Herzogs Karl von Zweibrücken), die Konvention zwischen dem Kurfürsten von der Pfalz und dem Kurfürsten von Sachsen (Beitrittserklärung des Herzogs Karl von Zweibrücken), die Konvention zwischen dem Kurfürsten von der Pfalz und dem Herzog von Zweibrücken, die Beitrittserklärung des Kaisers Joseph II. zu den Friedensbedingungen, die Anerkennung dieser Beitrittserklärung durch Friedrich II., König von Preußen, und schließlich die Akte bezüglich der Garantie des Friedens durch die vermittelnden Mächte.

In Art. 3 des Vertrags verpflichteten sich die beiden Parteien, das besetzte Gebiet zu räumen und die Festungen in dem Zustand wie vor dem Krieg zurückzugeben. In Art. 10 versprach die Erzherzogin Maria Theresia, daß sie und ihre Nachfolger der Vereinigung der Fürstentümer Bayreuth und Ansbach mit dem Königreich Preußen nicht widersprechen würden (am 2. Dezember 1791 verzichtete Markgraf Alexander unter Bewilligung eines Jahrgelds von Preußen in einer in Bordeaux ausgestellten Urkunde auf die Fürstentümer). Die in Bayern und Schwaben liegenden Reichslehen wurden gemäß Art. 13 dem pfalzbayerischen Hause sofort von Kaiser Joseph II. so zurückgeben, wie sie der verstorbene Kurfürst von Bayern besessen hatte. Nach Art. 15 sollten sich Maria Theresia und der König von Preußen beim Kaiser Joseph II. verwenden, daß er dem herzoglichen Hause Mecklenburg – als Entschädigung für dessen Ansprüche auf die Landgrafschaft Leuchtenberg – das Privilegium de non appellando erteilte. Die Zarin Katharina II. von Rußland und der König Ludwig XVI. von Frankreich, die sich um das Zustandekommen des Friedens verdient gemacht hatten, wurden gemäß Art. 16 gebeten werden, den Frieden zu garantieren. Das Reich bestätigte den Friedensvertrag im Jahre 1780.

In der Konvention zwischen Maria Theresia und dem Kurfürsten Karl Theodor von der Pfalz heißt es in Art. 1, daß der Kurfürst von der Pfalz von allen von Österreich in Bayern und der Oberpfalz besetzten Distrikten Besitz nimmt. Maria Theresia trat gemäß Art. 2 an den Kurfürsten die Herrschaft Mindelheim, die böhmischen Rechte auf die Herrschaften von Glauchau, Waldenburg, Lichtenstein und die böhmischen Lehen in der Oberpfalz, wie sie der verstorbene Kurfürst von Bayern bisher besessen hatte, ab. Gemäß Art. 3 wird sich Maria Theresia bei Kaiser Joseph II. verwenden, daß er die Reichslehen in Bayern und Schwaben, welche der Kurfürst von Bayern besessen hatte, auch dem Kurfürsten von der Pfalz und dessen Erben verleiht. Dagegen trat gemäß Art. 4 der Kurfürst von der Pfalz an Österreich den Teil Bayerns, welcher zwischen Donau, Inn und Salzach liegt (das Innviertel) mit den Grafschaften Wildshut, Braunau, Mauerkirchen, Freiburg, Mattighoven, Ried und Schärding, ab. Nach Art. 5 gehören die Flüsse Donau, Inn, Salzach, soweit sie dieses Gebiet begrenzen, den Häusern von Österreich und Bayern gemeinschaftlich. Keiner der kontrahierenden Teile durfte ihren Lauf ändern oder die freie Schiffahrt hindern. Die in Art. 4 bezeichneten Landesteile von Bayern gehörten fortan mit allen damit verbundenen Rechten Österreich. Maria Theresia erklärte für sich und im Namen ihrer Erben, daß sie keine weiteren Ansprüche auf Teile von Bayern erheben werde.

Gemäß der Konvention zwischen dem Kurfürsten Karl Theodor von der Pfalz und dem Kurfürsten Friedrich August III. von Sachsen erhielt der Kurfürst von Sachsen als Entschädigung für seine Ansprüche auf die Allodialherrschaft 6 Millionen Gulden. Gemäß Art. 2 trat der Kurfürst von der Pfalz an den Kurfürsten von Sachsen und dessen Nachfolger alle Rechte der böhmischen Krone auf Glauchau, Waldenburg und Lichtenstein ab, welche ihm, eben zur Entschädigung des sächsischen Kurfürsten, im Frieden von Teschen von Maria Theresia überlassen worden sind. Der Kurfürst von Sachsen, als Sohn der einzigen Allodialerbin des verstorbenen Kurfürsten von Bayern, verzichtete dagegen auf alle Ansprüche auf das Allodialerbe des bayerischen Kurfürsten an beweglichen und unbeweglichen Gütern.

Der bayerische Erbfolgekonflikt wurde im Frieden von Teschen also durch einen Kompromiß beigelegt, der zu Lasten Bayerns ging, weil dieses das Innviertel, den Teil Bayerns, welcher zwischen der Donau, dem Inn und der Salzach liegt, an Österreich abtreten mußte. Es handelte sich um fruchtbares Bauernland mit den Städten Braunau und Schärding, den Märkten Mattighofen, Mauerkirchen und Ried. Es war die Heimat Wernher des Gärtners und Stephan Krumenauers, Georg Meindls und Thomas Schwanthalers. Karl Theodor kehrte vorübergehend in die Pfalz zurück, um dort einen Statthalter einzusetzen, und vereinigte dann die die obersten pfälzischen Regierungsinstanzen mit denen Bayerns. Österreich mußte die annektierten Gebiete herausgeben und einer Vereinigung der fränkischen Markgraftümer Ansbach-Bayreuth mit Preußen zustimmen. Österreich erhielt aus seiner Sicht „nur“ das bayerische Innviertel mit den Städten Braunau und Schärding. Friedrichs Erbansprüche auf die Markgrafschaften Ansbach und Bayreuth wurden bestätigt. Karl Theodor mußte aus Mannheim nach München umsiedeln und bayerischer Kurfürst werden. Rußland erhielt die gewünschte Stellung als Garant der Reichsverfassung in Teschen nicht zweifelsfrei zugesichert, beanspruchte diese Stellung aber in der Zukunft. Infolge des neuen Bündnisses mit Österreich engagierte sich die russische Diplomatie in den 80er Jahren sehr stark für den Plan, den verbliebenen Wittelsbacher Linien einen Tausch Bayerns gegen die österreichischen Niederlande schmackhaft zu machen.

Lit.: P. P. Bernard: Joseph II. and Bavaria, 1965. – K. Gutkas: Kaiser Joseph II., 1989. – Dietz-Rüdiger Moser: Karl Theodor. Der Kurfürst und die Schönen Künste, in: Alois Schmid/ Katharina Weigand (Hg.), Die Herrscher Bayerns, 2001, S. 279 ff. – Adolf Unzer: Der Friede von Teschen, ein Beitrag zur Geschichte des bayerischen Erbfolgestreits, 1903.

Bild: Der Friede von Teschen / Quelle: Wikipedia. Gemeinfrei.

Gilbert Gornig (OGT 2004, 346)