Am 19. April 1346 hat König Kasimir der Große (Kazimierz Wielki) den „Lokatoren“ Johann Kesselhuth und Conrad das Privileg zur Gründung einer Stadt nach Magdeburger Recht unterhalb der Burg Bydgoszcz erteilt. Der König wünschte nach den langen Auseinandersetzungen mit dem Deutschen Orden, das im Frieden von Kalisch 1343 (Vgl. OGT 1993, S. 219-222) vereinbarte Grenzgebiet zu Pommerellen zu sichern und zu besiedeln. Unterhalb der Burg Bydgoszcz befand sich eine „planicies deserta“, also eine verlassene oder entvölkerte Ebene, auf der noch eine Kapelle und wohl noch einige leere Häuser standen. Dieses Gelände wurde in großzügigem Ausmaß den Lokatoren für die Stadtgründung zugewiesen.
Johann Kesselhuth und Conrad – wir wissen nicht, ob Conrad Bruder oder Genosse („socius“) war – waren Unternehmer, die die Siedler aus deutschen Ländern heranführten und einsetzten. Sie hatten am Zielort die amtliche Gewalt als Vögte (advocati) und erhielten als Ersatz ihrer Aufwendungen den Ertrag der verschiedenen Privilegien, Anteil an Gerichtsgebühren, Grundsteuer, Marktgeld und Anteile an zukünftig anfallenden Gebühren, dazu die Nutzung des Grundstücks Beelitz. Damit war ihr Risiko gedeckt. Für alle Siedler galt eine mehrjährige Steuerfreiheit.
Der Aufbau der Stadt verlief offenbar zügig. Die Abmessung des Marktes, Schiffahrt und Mühlen, waren im Gründungsprivileg schon vorgesehen. Der vom König bestimmte Name der Stadt „Kunigesburg“ hat sich nicht durchgesetzt, er läßt aber erkennen, daß man es mit deutschen Siedlern zu tun hatte. Im Laufe der Jahrhunderte sind die Namen „Bydgoszcz“ für die Burg und „Bromberg“, auch Braheburg oder Bramburg für die Stadt in Gebrauch, aber auch umgekehrt je nach dem Adressaten im Schriftverkehr.
So eingehend uns die Gründungsurkunde unterrichtet, so wenig wissen wir über die Entwicklung der Stadt in den nächsten Jahrzehnten und über ihre Bevölkerung. Die Namen der Lokatoren oder ihrer vertraglich begünstigten Erben treten nicht
mehr auf. 1409 geht die Stadt bei den Kämpfen des Königreichs mit dem Deutschen Orden in Flammen auf. Damit geht alle Überlieferung unter, auch die Gründungsurkunde.
Daß wir trotzdem ihren Inhalt im Wortlaut kennen, ist einer rechtzeitig in die Register der polnischen Reichskanzlei eingetragenen Abschrift zu verdanken. Von dieser Abschrift hat sich die Stadt zur Wahrung ihrer Rechte in der Folgezeit mehrfach neue Ausfertigungen geben lassen, erstmals 1425. Da ein Anspruch der Erben der Lokatoren offenbar nicht bestand, konnte die Stadt alle Privilegien der Gründungsurkunde an sich ziehen. König W³adys³aw II. Jagie³³o bestätigte den alten Text, wonach ihm alle Regalien vorbehalten blieben. Man übernahm den Originalwortlaut mit allen inzwischen überholten Bestimmungen über Anlage der Stadt, Schiffahrt und Mühlenbau, die ja nicht mehr aktuell waren, weil der Stadt die verbrieften Einkünfte und Rechte wichtiger sein mußten. Erhalten geblieben ist im Bromberger Archiv die Ausfertigung vom 30. März 1543, die allen heutigen Untersuchungen zu Grunde liegt. Sie wiederholt den alten Text, wobei nicht sicher ist, ob Änderungen oder Ergänzungen vorgenommen sind. So kann das angeführte Münzprägerecht eine Zutat des Staates sein, da es bis dahin nicht in Anspruch genommen worden war.
Gegenüber den mächtigeren Starosten hat die Stadt ihren Besitz und ihre Privilegien dann mehrfach verteidigen müssen und oft königliche Kommissionen (Lustrationen) zu Hilfe gerufen. In der Zeit der verheerenden Schwedenkriege im 17. Jahrhundert verlor sie jede Autorität. Erst zur Zeit der Kämpfe der Konföderierten von Bar, kurz vor der ersten Teilung Polens, konnte sich die Stadt einiges von ihrem früheren Besitz zurückerobern.
Lit.: Hch. Wuttke: Städtebuch des Landes Posen. Leipzig 1864, S. 274-288. – Erich Schmidt: Die Gründung der Stadt Bromberg, in: Jahrbuch der Hist. Gesellschaft für den Netzedistrikt zu Bromberg. Bromberg 1896, S. 5-26. – Józef Wolf: U progu dziejów miasta Bydgoszczy (An der Schwelle der Geschichte Brombergs), in: Przegl¹d Bydgoski, Heft 18, 1938.
Foto: Bromberg – Bahnhofstraße / Quelle: Wikipedia. Gemeinfrei.
Gerhard Ohlhoff