Ereignis vom 12. Juni 1346

Gründung der Stadt Bütow

Burg Bütow und Stadtverwaltung

Das älteste Siegel der Stadt BütowAm 12. Juli 1346 stellte der Hochmeister des Deutschen Or­dens, Heinrich Dusemer, eine Handfeste aus, mit der er die Stadt Bütow den beiden Lokato­ren Hannos Beschorn und Grote Johan zu ewigem Besitz übergab. Dies er­folgte zu Kul­mer Recht wie bei fast allen Städten des Deutschordenslandes. Die Gerichts- und Abga­be­verhältnisse wurden in der üblichen Weise gere­­gelt. Die Fläche der Stadt wird mit nur 32 Hufen angegeben. Statt­des­sen hat derselbe Hoch­mei­ster einen Tag später in einer weiteren Handfe­ste den bei­den Loka­to­ren 100 Hufen an Feld­­mark bei der Stadt Bütow ebenfalls nach Kul­mer Recht übertra­gen. Erst mit dieser Ur­kun­de wur­den die recht­li­chen Grund­lagen für eine ange­messene wirt­schaft­li­che Entwick­lung der neuen Stadt geschaffen, denn neben den Freihufen des Pfarrers und der beiden Lo­katoren entstand hier das Stadtdorf Hygendorf im Süden der Stadt.

Die Gründung der Stadt erfolgte zu Füßen einer Burg, die erst verhältnis­mäßig spät, nämlich 1329, erstmalig in schriftlichen Quellen genannt wird. Sie war Mittelpunkt des Landes Bütow, das ursprünglich zur pommerschen Kastella­nei Stolp, seit dem 13. Jahrhundert zum Herzogtum Pommerellen gehörte. 1309, als der Orden die pommerellische Frage diplomatisch und mili­tärisch zu seinen Gunsten löste, gelangte Stolp mit Bütow an die Mark­grafen von Brandenburg, die das Gebiet 1317 an den Herzog von Pommern-Wolgast abtraten. Gleichzeitig ging die­ses in den Pfandbesitz des Deutschen Ordens über, der hier mit Sitz in Stolp eine Komturei einrichtete. Das hierzu gehöri­ge Land Bütow, das der pommersche Herzog 1321 seinem Mar­schall Hen­ning von Beer verliehen hatte, wurde 1329 von des­sen Erben an den Orden verkauft. Als dieser – vermutlich ent­ge­gen seinen Erwartungen – den Pfand­besitz nicht halten konn­te, weil die pommerschen Herzöge das Löse­geld auf­brach­ten und 1342 Stolp wieder einlösten, blieb ihm jedoch das Land Bütow. Dieses wurde damit auf Dauer eine Grenz­land­schaft der Deut­schordensherr­schaft gegenüber Pommern.

Um diese Zeit hat der Orden auch das Bütower Gebiet in seine aktive Sied­lungspolitik einbezogen. In diesen Zusammenhang ge­hört die Gründung der Stadt Bütow, die nach dem Vorbild anderer Landesteile des Ordenslandes erfolgte, wo mit der Anlegung von Kleinstädten innerhalb von großen Komtu­reien kleinere wirtschaftliche Mittelpunkte geschaffen wurden, die vor allem in überschaubaren Räumen als Marktzentren dienen sollten. In der Ordens­verwaltung war einer solchen Kleinstadt ein sogenannter unselbstän­diger Gebietiger, meist mit dem Titel eines Vogtes oder Pflegers, zugeord­net. Nach 1342 gab es in Bütow zunächst noch Komture – vielleicht in der Hoff­nung, daß doch noch eine Erweiterung der Ordensherrschaft nach We­sten möglich werden könnte. Nach 1350 residierten hier Pfleger, die jedoch nicht der benachbarten großen Komturei Danzig, sondern unmittelbar der Ordens­leitung in der Marien­burg unterstellt wurden. Die neue Stadt Bütow mit ih­rem Stadt­dorf wurde Mittelpunkt von vorwiegend deutschrechtli­chen Dör­­fern, die durch die Umwandlung vorhandener Sied­lungen ent­standen. In einem weiteren Umkreis gab es eine Reihe von Dienstgütern, denen für die Entwicklung der Lan­deskultur eine größere Bedeutung zugeschrieben wird.

Die Stadt ist neben der Burg mit sich rechtwinklig schneiden­den Straßen an­gelegt worden. Sie erhielt einen größeren Markt und daneben einen kleineren Kirchplatz, den späteren Töpfer­markt. Das Rathaus in der Mitte des Markt­platzes wird in schriftlichen Quellen jedoch erst im Jahre 1629 erstmalig ge­nannt. Die Pfarrkirche St. Katharinen ist zwar schon aus dem Mittelalter be­kannt; infolge von verschiedenen Stadtbränden, von denen auch Bütow nicht verschont blieb, wurde das Kir­chengebäude im 17. und 18. Jahrhundert mehrmals erneuert, bis nach den Zerstörungen des letzten Krieges nach 1945 nur noch der Turm erhalten blieb. Neben der Pfarrkirche, die für jede Stadt selbstverständlich ist, gab es bereits im Mittelalter auf einer Anhöhe süd­westlich der Stadt eine Georgenkapelle, die 1675 durch einen größeren Kirchbau ersetzt wurde, der als „Bergkirche“ bezeichnet wurde. Die Stadt erhielt keine Stadt­mauer, der Orden ließ es bei Wall und Pallisadenzaun be­wen­den. Es gab drei Stadttore, die später Stolper, Danziger und Schloßtor genannt wurden. Das Stadtbild blieb in dieser Weise bis zum 18. Jahrhundert erhalten. Im Osten der Stadt lag der Wirtschaftshof des Deutschen Ordens, auch Schloßvorwerk genannt. Die Einwohner der Stadt lebten als Ackerbür­ger vom Handwerk und vom örtlichen Handel, der ja eine Hauptauf­gabe die­ser Stadtgründung gewesen war.

Das bedeutendste Gebäude der Stadt war die Burg. Unter dem Deutschor­denspfleger Jakob von Reinach (1393-1405) wurde die alte pommersche Burg durch einen modernen Steinbau ersetzt. Als Baumeister wurde von der Ordensleitung Niclaus Fellensteyn entsandt, der vor allem durch seine Arbei­ten an der Marienburg bekannt geworden ist. Errichtet wurde ein Bau von 72,5 : 52,5 m Länge mit einem quadratischen Hauptturm im Nordwesten und vier Rundtürmen an den drei anderen Ecken. Lediglich an der Westseite stand ein Haus, da der Pfleger, sein Kaplan und das übrige Personal nicht den Raumbedarf eines Konventshauses hatten. Stattdessen wurde Hofraum be­nötigt, um im Kriegsfall gegebenenfalls Soldtruppen oder auch flie­hende Landbewohner aufnehmen zu können.

Mit dem unglücklichen Ausgang des 13jährigen Krieges (1454/66) hat der Orden auch Bütow verloren. Die Krone Polen gab Bütow mit Lauenburg als Lehen an die Herzöge von Pommern. Die Ordensburg wurde als Nebenresi­denz mit Her­zogshaus und Kanzlei weiter ausgebaut. Nach dem Aussterben der pommerschen Herzöge 1637 übernahm Polen zunächst unmittelbar die Herrschaft und versuchte sogar die Einführung der Reformation rückgängig zu machen. Doch 1657, als der Kurfürst von Brandenburg für das Herzog­tum Preußen die Lehnsunabhängigkeit erhielt, übernahm der Kurfürst zu­gleich Bütow neben Lauenburg als Lehen, ehe diese 1772 im Zuge der Er­sten Teilung Polens ganz an Brandenburg-Preußen fie­len. Zunächst kam es im Rück­griff auf die mittelalterliche Tradition an die neugeschaffene Provinz West­preußen, doch schon 1777 an Pommern. Bütow bildete anfänglich zu­sammen mit Lauenburg einen Kreis, ehe es 1846 ein eigenständiger Kreis wurde.

Der Orden hatte mit der Gründung von Bütow eine Grenzstadt errichtet, die in den folgenden Jahrhunderten stets Verbindun­gen in östliche und westliche Richtung, also zum Preußenland und Pommern hatte. Nach Ende des Ersten Weltkriegs wurde die Kreisstadt mit damals 8.720 Einwohnern Grenzstadt zum neugeschaffenen polnischen Staat. Obwohl damit die traditio­nellen Verbindungen nach Osten stark unterbrochen waren, nahm die Einwohner­zahl bis zum Ausbruch des Zweiten Welt­krieges auf fast 10.000 Einwohner zu. Heute unter polnischer Herrschaft sind handels- und verkehrspolitisch wieder Ver­hältnisse eingetreten, die denen vor 1919 ähneln.

Quellen u. Lit.: Preußisches Urkundenbuch Bd. 4, hg. Hans Koeppen. Marburg 1960, Nr. 40 f. – Karl Kasiske: Das Deutsche Siedelwerk des Mittelalters in Pom­merellen. Königsberg (Pr.) 1938, S. 110 f., 159-163. – Erich Winguth: Art. Bütow, in: Erich Keyser: Deutsches Städ­tebuch. Bd. 1. Stuttgart, Berlin 1939, S. 149-151. – Dehio-Handbuch der Kunstdenkmäler West- und Ost­preußen, bearb. v. Michael Antoni. München, Berlin 1993, S. 77.

Foto:  Burg Bütow und Stadtverwaltung / Quelle: Jörg Blobelt creator QS:P170,Q28598952, 19700803150NR Bytow (Polen) Rathaus und Burg BütowCC BY-SA 4.0

Bernhart Jähnig