Ereignis vom 1. Februar 1745

Hohenfriedberg

Angriff der preussischen Infanterie, Hohenfriedeberg 4. Juni 1748

Der Frieden von Breslau im Juli 1742 hatte zwar Friedrichs II. Besitz über Schlesien zunächst festgeschrieben, doch war Maria Theresia keineswegs gewillt, die Franzosen als Besatzer in Böhmen zu belassen. Diese Aufgabe hätte allerdings Karl von Lothringens militärische Fähigkeiten überstiegen, so daß Khevenhüller mit seinen Truppen das von Österreich besetzte Bayern verließ und bereits im Dezember 1742 Böhmen von französischen Truppen gesäubert hatte. Die restliche französische Besatzung kapitulierte in Prag. Auf diplomatischem Gebiet besserte sich Österreichs Lage ebenfalls zusehends, denn Sardinien trat unter Englands Einfluß auf die Seite Öster­reichs, und im Februar 1743 errang Feldmarschall Otto Ferdi­nand Graf Traun zusammen mit sardisch-piemontesischen Truppen einen Sieg über die Spanier bei Camposanto. Im Norden siegte im Juni ein englisch-hannoveranisch-holländisches Heer, die „Pragmatische Armee“ über die Franzosen bei Dettingen am Main. Zwar erklärte Frankreich im Frühjahr 1744 der österrei­chisch-sardisch-englischen Allianz offiziell den Krieg, doch schon im Juli setzte Karl von Lothringens Armee über den Rhein und fiel im Elsaß ein. Damit schien die Rückgewinnung dieser alten Reichslande in den Bereich des Möglichen zu rücken.

Für Friedrich war es daher nur noch eine Frage der Zeit, wann Österreich die Rückeroberung Schlesiens in Erwägung ziehen würde. Maria Theresia hatte denn auch diesen Gedanken noch keineswegs aufgegeben. So rückte Friedrich im August 1744 wiederum in Böhmen ein und konnte innerhalb kurzer Zeit das Königreich weitgehend besetzen. Daraufhin räumte die öster­reichische Armee das Elsaß und marschierte zum Entsatz nach Böhmen. Diesmal wurde Karl der Feldmarschall Graf Traun als militärischer Berater beigegeben, eine Wahl, die sich als sehr glücklich herausstellte. Traun war ein Spezialist der Defensive und lieferte in den nächsten Monaten ein Lehr­buchbeispiel für eine erfolgreiche Ermattungsstrategie. Traun vermied es, Friedrich direkt anzugreifen. Statt dessen bedrohte er ständig dessen Versorgungslinien, wählte sorgfältig stets strategisch überlegene Positionen, verstärkte gleichzeitig seine Kräfte unter anderem durch Truppen des neuen sächsischen Verbündeten und erhöhte mit dieser Strategie das Risiko eines Angriffs für Friedrich immer mehr. Nach einigen Monaten war Friedrich ohne ein einziges größeres Gefecht gezwungen, Böhmen zu räumen. Unglücklicherweise hielt sich Karl diesen bemerkenswerten Erfolg von Trauns Strategie zugute, worauf ihm die Führung der böhmischen Armee auch für 1745 anver­traut wurde, während Traun zu den österreichischen Kräften nach Deutschland gesandt wurde. Die Rückgewinnung Schle­siens schien nun in greifbare Nähe gerückt zu sein.

Friedrich hingegen befand sich in einer schwierigen Lage. Die Tatsache, daß er keine Schlacht erzwingen konnte, sondern von den Österreichern stets ausmanövriert wurde, weckte Zweifel an seiner militärischen Führungskunst. Für ihn selber blieb der böhmische Feldzug zeitlebens ein traumatisches Erlebnis, sah er doch seinen Ruhm als Feldherr und König aufs Spiel gesetzt. Er selbst schrieb über den böhmischen Feldzug: „Wie der König selbst zugestehen mußte, hat er diesen Feld­zug als Schule des Krieges und Traun als seinen Lehrmeister ange­sehen“. Bis zum Frühjahr 1745 desertierten außerdem insge­samt 17.000 Mann seiner Truppen, von denen ein erheb­licher Teil zum Gegner überlief. Aber nicht nur das. Durch den Tod des unglücklichen Wittelsbachers Kaiser Karl VII. am 20.1.1745 zerbrach auch die Hoffnung auf ein von Preußen und Frankreich abhängiges Kaisertum. Durch den Frieden von Füssen am 22.4.1745, der dank österreichischer Zuge­ständnis­se an Bayern zu einem Ausgleich zwischen beiden Ländern führte, fiel Bayern nunmehr als Verbündeter aus. Friedrichs Versuche, Londons Vermittlung zu erreichen, schlugen fehl, da man sich dort durch die Landung des Stuart-Prätendenten Charles Edward bedroht fühlte, während Rußland zu aktiver Hilfe für Preußen nicht bereit war. Hinzu kam die Erschöpfung der finanziellen Mittel Preußens, die eine ra­sche militärische Entscheidung erforderte.

Friedrich, der sich seit dem März 1745 bei seinen Truppen aufhielt und Drill und Ausbildung überwachte, beabsichtigte die Entscheidung auf schlesischem Boden zu erzwingen.

Der österreichisch-sächsische Operationsplan sah den Vor­marsch der verbündeten Armeen von Königgrätz in das schle­sische Landeshut vor. Um dieses Ziel zu verschleiern, sollten zahlreiche Streifzüge kleinerer Kontingente von der Lausitz bis Polen die Preußen verwirren. Anschließend sollte Friedrich von seinen Nachschublinien abgeschnitten und mit überlege­nen Kräften angegriffen und vernichtet werden. Die­ser hatte in Erwartung des Angriffs die Hauptmasse seiner Truppen bis zum 30.4.1745 im Südosten Schlesiens zwischen Frankenstein und Neisse zusammengezogen. Die österrei­chisch-sächsischen Bewegungen zeichneten sich durch allzu große Langsamkeit aus. Erst am 29.5.1745 vereinigten sich die beiden Armeen bei Landeshut. Dies war wesentlich später als ursprünglich vorge­sehen und durch einen weiteren mehr­tägigen Aufenthalt bei Landeshut ging das Überraschungs­moment endgültig verloren. Friedrich gewann dadurch mehr Zeit, als er angenommen hatte, und brachte sein Heer durch die bis dahin im Grenzschutz eingesetzten Abteilungen auf ca. 65.000 Mann, so daß die Österreicher und Sachsen mit etwa 70.000 Mann nur noch eine geringe Überlegenheit besaßen.

Am 2.6. lagerten Österreicher und Sachsen auf einer Linie zwischen Quolsdorf, Nieder-Baumgarten und Ober-Wolmsdorf. Am nächsten Tag gewann das österreichisch-sächsische Heer die Ebene und schwenkte über Hohenfriedberg nach rechts gegen Schweidnitz, da man dort die Masse der preußi­schen Truppen vermutete. Gegen Abend des 3.6. befand sich das Heer der Verbündeten auf einer halbkreisförmigen, etwa 6 km langen Linie von Neu-Ullersdorf bis Pilgramshain: Auf dem äußersten rechten Flügel zwischen Neu-Ullersdorf und westlich von Thomaswaldau die Masse der österreichischen Kavallerie, die Infanterie zwischen den Wegen nach Tho­mas­wal­dau und Günthersdorf, die Sachsen zwischen Pilgramshain und Günthersdorf, hinter ihnen, südwestlich Pilgramshain die Ka­vallerie des linken Flügels. Östlich von Pilgramshain hatte man eine Vorhut aus 18 Gre­na­dier­kom­pa­nien, einem Chevaux­le­gers-Re­gi­ment und 1100 Ulanen unter Gene­ral von Schlich­ting gegen Striegau vorgeschoben.

Friedrich rückte am Abend auf der Straße Schweidnitz-Striegau vor und bezog bis 02.00 Uhr am 4.6. eine Stellung süd­westlich Striegau zwischen Gräben und Stanowitz. Noch bei Dunkelheit überquerten die preußischen Truppen das „Strie­gau­er Wasser“ und marschierten mit dem rechten Flügel zwi­schen Günthersdorf und Pilgramshain auf, mit Front gegen den lin­ken Flügel der Verbündeten. Der linke preußische Flü­gel mar­schierte unter Kavalleriedeckung gegen Thomas­wald­au. Zu die­sem Zeitpunkt befand sich das verbündete Heer in einer außerordentlich günstigen Position, die zur Einkrei­sung und Vernichtung der preußischen Truppen hätte führen kön­nen. Man blieb jedoch stehen, während sich Schlichtings Vorhut auf Pilgramshain zurückzog und dabei von preußischer Kavallerie unter DuMoulin angegriffen wurde. Dabei kam es zu einem größeren Kavalleriegefecht, das die Preußen für sich ent­schei­den konnten, die Kavallerie des linken Flügels der Ver­bün­de­ten zog sich westlich nach Häslicht zurück. Die preußische In­fan­terie griff nun die Stellungen der Sachsen und Österreicher zwischen Günthersdorf und Pilgramshain frontal an, zugleich be­drohte die dort erfolgreiche preußische Kaval­lerie die Stel­lun­gen der Verbündeten im Rücken. Bereits um 07.00 Uhr war der linke Flügel des verbündeten Heeres ge­schlagen, doch Karl von Lothringen unternahm keinerlei An­stalten, dem bedräng­ten Flügel zur Hilfe zu kommen, denn er hielt das deutlich hör­ba­re Geschützfeuer für eine Ge­fecht zwischen der sächsischen und preußischen Vorhut bei Striegau. Lediglich die öster­rei­chi­sche Infanterie wurde nun gegen den Schwenz-Graben zwi­schen Günthersdorf und Tho­maswaldau vorgeführt, die Kaval­le­rie mit insgesamt 66 Schwa­dro­nen marschierte nördlich Neu-Ullersdorf auf. Dort wurde sie zunächst von 10 Schwadronen unter Kyau angegrif­fen, doch konnten die Österreicher wegen der zahlreichen Gräben und Sümpfe ihre Überlegenheit nicht voll zum Tragen bringen. Die hart bedrängten Preußen erhiel­ten bald Unterstüt­zung durch 10 Schwadronen unter Zieten und 25 Schwadro­nen unter dem Grafen von Nassau und ent­schieden das Kaval­leriegefecht trotz des ungünstigen Kräfte­ver­hältnisses für sich.

Inzwischen hatte sich die preußische Infanterie des linken Flügels gegenüber der Masse der österreichischen Infanterie formiert. Friedrich ließ zwei Regimenter und 16 Bataillone des zweiten Treffens nach Norden über Günthersdorf ein­schwen­ken, um den Gegner zu umfassen. Infolge einer un­richtigen Übermittlung dieses unkonventionellen Befehls kam es zu einer Lücke in der preußischen Angriffslinie, die durch das nach vorne geführte Bayreuther Dragonerregiment ge­schlossen werden konnte. Der preußische Angriff nahm zuerst Thomas­waldau, dann durch die gelungene Umgehung Günthersdorf. Nur noch die zwischen den beiden preußischen Flügeln ste­henden Österreicher leisteten erbitterten Wider­stand und fügten den Preußen schwere Verluste zu, konnten aber die eigene Niederlage nicht mehr abwenden, die durch den Stoß der Bay­reuther Dragoner in das österreichische Zen­trum besiegelt wurde. Die österreichischen Verluste beliefen sich mit Gefan­genen auf ca. 13.600 Mann, während die Preu­ßen etwa 4.700 verloren.

Bemerkenswert an dieser Schlacht waren mehrere Dinge. Er­stens gelang es Friedrich, die beiden Flügel des Gegners nach­einander zu schlagen. Dabei blieb die schwächere preußi­sche Kavallerie nicht nur Sieger über ihren Gegner, sondern konnte sogar zum Teil erneut ins Gefecht geführt werden. Schließlich ent­schied die gelungene Umfassung der Österrei­cher durch die weit ausholende Umgehung Günthersdorfs un­ter Einsatz des preußischen zweiten Treffens die Schlacht – Mollwitz war der Sieg Schwerins gewesen – und sie endete mit einem großen Sieg, wie es auch im „Hohenfriedberger Marsch“ nachklingt.

Doch brachte auch Hohenfriedberg keinen Frieden. Immerhin schied England aus der Phalanx der Gegner aus, da Georg II. unter dem Eindruck der schottischen Rebellion keine Lust an weiteren Kriegsabenteuern auf dem Kontinent verspürte. So schloß England am 26.8.1745 mit Preußen einen Präliminar­frieden, der Friedrichs schlesische Eroberung bestätigte. In Wien hingegen wollte man von einem Frieden nichts wissen, denn Maria Theresia ging es nicht nur um Schlesien, sie war auch davon überzeugt, einen gerechten Krieg gegen einen Rechts­brecher zu führen, dessen Macht sie zerschlagen wollte. Ihre Zuversicht wurde noch gesteigert, als am 13.9.1745 ihr Gemahl, der Großherzog Franz von Toskana unter Einschluß der Stimmen Sachsens, Bayerns und Hannovers zum Kaiser gewählt wurde. So blieb für Friedrich keine andere Wahl, als den Frieden auf dem Schlachtfeld zu erzwingen, und dies ge­lang durch zwei Siege. Bei Soor schlug Friedrich am 30.9. mit 22.000 Mann eine doppelt so starke österreichische Armee, die wiederum von Karl von Lothringen geführt wurde, an dem Maria Theresia unverständlicherweise festhielt. Bei Kessels­dorf schlug Fürst Leopold von Anhalt-Dessau am 15.12.1745 die sächsische Armee und öffnete damit den Weg nach Dres­den, wo am 25.12.1745 der Friede von Dresden geschlossen wurde, der den zweiten Schlesischen Krieg beendete. Darin wurde für Preußen der Besitz Schlesiens bestätigt, allerdings muß­te Friedrich Franz von Toskana als Kaiser anerkennen. War dieser Preis für Friedrich durchaus akzeptabel, so hatte Maria Theresia schon im Frieden von Füssen auf Bayern ver­zichtet und damit die Kompensation für den Verlust Schle­siens preisgegeben. Somit war es nur eine Frage der Zeit und der Kräfteverhältnisse, wann es zum nächsten Krieg zwischen Öster­reich und Preußen kommen würde.

Lit.: Die Werke Friedrichs des Großen. In deutscher Übersetzung. hg. von G.B. Volz, 10 Bde., Berlin 1912-1914. – Die Kriege Fried­richs des Großen, hg. vom Großen Generalstab, Abt. Kriegsgeschich­te, Tl. 2: Der zweite Schlesische Krieg 1744/45. 3 Bde., Berlin 1895/96. – Ch. Duffy: The Army of Frederick the Great. New York 1974. – Ders.: The Army of Maria Theresia, New York 1977. – Maria There­sia. Beiträge zur Geschichte des Heerwesens ihrer Zeit (Bd. 3 der Schriften des Heeresgeschichtlichen Museums in Wien). Wien 1967. – Johann Christoph Allmayer Beck/Erich Lessing: Das Heer unter dem Dop­peladler. Habsburgs Armeen 1718-1848. München 1981. – Theo­dor Schieder: Friedrich der Große. Ein Königtum der Widersprüche. Frank­furt/M. – Berlin – Wien 1983.

Bild: Angriff der preussischen Infanterie, Hohenfriedeberg 4. Juni 1748 – abgebildet: Grenadiergardebataillon (1806: No. 6). / Quelle: Wikipedia. Gemeinfrei.

Romedio Graf von Thun-Hohenstein