Die Inseln Rügen und Hiddensee bildeten zusammen mit einem festländischen Teil zwischen der Recknitz-Trebel-Linie und dem Ryk bis 1325 das slavische Fürstentum Rügen mit einem eigenen Dynastengeschlecht. Während im benachbarten Pommern die Christianisierung durch Otto von Bamberg bereits 1124 und 1128 erfolgte und 1140 einen organisatorischen Abschluß durch die Bildung eines Bistums fand, hatte das Christentum bis dahin die Insel Rügen noch nicht erreicht. Ausgangspunkt für die Christianisierung der Insel Rügen war die Eroberung der Burgen Arkona und Garz im Juni 1168 durch den Dänenkönig Waldemar. Mit Arkona wurde gleichzeitig das Kultzentrum der Rügenslaven zerstört.
Als es dem polnischen Herzog Boles³aw III. 1121 gelang, die Pomoranen militärisch zu unterwerfen, dauerte es noch 3 Jahre, bis Bischof Otto von Bamberg sein Missionswerk beginnen konnte. Nach der Eroberung Arkonas setzte der Sieger jedoch sofort die Taufe der Bewohner durch. Mit Unterstützung des Schweriner Bischofs weihte der dänische Bischof Absalon einige Friedhöfe und begann mit dem Bau von Kirchen, die er mit dänischen Priestern besetzte. Schon ein Jahr später unterstellte Papst Alexander III. die Insel Rügen dem Bistum Roeskilde. Im Unterschied dazu war der festländische Teil des Fürstentums Rügen dem Schweriner Bistum unterstellt. Somit war das Herrschaftsgebiet der Rügenfürsten in kirchlicher Hinsicht gespalten.
Auf der Insel Rügen stiftete Jaromar I. 1193 das Nonnenkloster Bergen und besetzte es mit Zisterzienserinnen aus dem dänischen Roeskilde. Damit hatte Arkona endgültig seinen kultischen Mittelpunkt für die Insel verloren. Weitere Klostergründungen im rügischen Fürstentum waren Eldena bei Greifswald (1199) und Nikolaikamp, das heutige Franzburg (1231). Am 13. April 1296 schenkte der Rügenfürst Wizlaw II. dem Kloster Nikolaikamp die gesamte Insel Hiddensee und schuf damit die materielle Grundlage für die Gründung eines Klosters auf der Insel, des später so genannten Klosters Hiddensee. Die Mönche, Zisterzienser, wurden mit dem Recht des Fischfangs in den Gewässern zwischen Rügen und Hiddensee sowie mit einem Dorf in der Nähe von Neuenkamp ausgestattet. Das neue Kloster wurde dem heiligen Nikolaus geweiht.
Nach Hoogeweg war die ursprüngliche Bezeichnung des Klosters „Nikolaikamp“ – sicher in Fortführung der Namensgebung von „Neuenkamp“. Neuenkamp wiederum war ein Tochterkloster von „Altenkamp“, einem Kloster des Erzbistums Köln. Später bürgerte sich für Nikolaikamp die Bezeichnung „Kloster Hiddensee“ ein. Eine Kapelle, die auf dem Gellen an der Südspitze der Insel gebaut wurde, war zunächst Pfarrkirche für die Inselbewohner.
Unmittelbar nach der Gründung begannen Auseinandersetzungen mit der Witwe des Ritters Erlandson, die zusammen mit ihrem Sohn die Hälfte der Insel für sich beanspruchte. Der Streit konnte beigelegt werden. Ebenso erhob der Pfarrer von Schaprode auf Rügen Einspruch. Er war bei der Klostergründung offenbar nicht gefragt worden. Bisher gehörte die Insel Hiddensee und damit auch die Einnahmen zu seinem Kirchspiel. Später einigte man sich dahingehend, daß der Schaproder Pastor dem Kloster die Seelsorge für die Inselbewohner gegen
die Zahlung einer Rente überließ. Die eigentlich nur für ihn persönlich gedachte Regelung wurde teilweise auf seine Nachfolger übertragen.
Probleme hatten die Mönche auch mit den Einwohnern der Insel. Das sogenannte Strandrecht gestattete ihnen die Bergung von Gütern gestrandeter Kaufmannsschiffe. Die gestrandeten Güter durften sie als ihr Eigentum betrachten. Eine offenbar nicht zu unterschätzende Einnahmequelle. Die Mönche wollten das abschaffen. Sie stießen dabei auf den erbitterten Widerstand der Inselbewohner.
Zwei Jahre nach der Gründung brachte eine Visitation ernste wirtschaftliche Probleme des Klosters an den Tag. Daraufhin überließ das Kloster Neuenkamp seinen Brüdern auf der Insel die Einnahmen aus drei Salzpfannen in Lüneburg. 1306 vereinbarte das Kloster mit der Stadt Stralsund die Errichtung eines Leuchtturmes auf dem Gellen, der die Schiffe sicherer in den Hafen der Hansestadt geleiten sollte.
Am 8. November 1325 starb mit Wizlaw III. das rügische Fürstengeschlecht aus. Um die Nachfolge entbrannten lange, teilweise sehr blutige Kriege zwischen Pommern und Mecklenburg. Sie sind als die rügischen Erbfolgekriege in die Geschichte eingegangen. Letztlich trugen die pommerschen Herzöge den Sieg davon. Das Fürstentum Rügen wurde in das Herzogtum Pommern-Wolgast eingegliedert. Die Herzöge führten den rügischen Fürstentitel weiter. Der pommersche Herzog Wartislaw IV. setzte trotz unklarer Rechtslage bei der Nachfolge der Rügenfürsten sofort ein Zeichen seines Anspruchs auf das Fürstentum und bestätigte den rügischen Ständen ihre Privilegien und Freiheiten. So erhielt auch das Kloster Hiddensee am 3.12.1325 eine Bestätigung seiner Privilegien.
1373 und 1389 beschädigten Feuersbrünste das Kloster offenbar so schwer, daß die eigenen Kräfte nicht ausreichten, es wieder aufzubauen. Trotzdem konnte 1410 auf der Insel eine neue Kirche für die Inselbewohner geweiht werden.
In die gleiche Zeit fiel der Beginn eines Streites des Klosters mit den Fischern aus Barth, Stralsund und der benachbarten Insel Rügen. Durch den Einsatz „moderner“ Fischfangmethoden mittels der Zeesenboote und leistungsfähigerer Netze waren die Fischgründe des Klosters überfischt. Es kam zu einer ernsten Versorgungskrise des Klosters. Die Konflikte mit den Stralsunder Bürgern arteten in regelrechte Handgreiflichkeiten aus. Die Stralsunder nahmen Mönche, die gekommen waren, ihnen das Fischen zu untersagen, gefangen und brachten sie nach Stralsund. Dort sperrte man sie unter entwürdigenden Bedingungen ein. Offenbar durch Vermittlung des pommerschen Herzogs leisteten die Stralsunder später Abbitte. Der Frieden aber hielt nicht lange. Weitere, auch tätliche Auseinandersetzungen ließen sich offenbar nicht vermeiden.
In den Jahren bis zur Säkularisierung kam es immer wieder zu teilweise sehr groben Händeln zwischen dem Kloster und seinen adligen Nachbarn. Der Verfall des Klosters war offensichtlich nicht mehr aufzuhalten. Immer häufiger mußten Anleihen aufgenommen werden. So wurde am 3. Juni 1525 auf Befehl des pommerschen Herzogs ein Verzeichnis der klostereigenen Kleinodien und der seidenen Gewänder erstellt. Der Herzog ließ diese Gegenstände nach Wolgast in sein Schloß bringen und verwahrte sie in einem Kasten in seinem Schlafgemach. Trotzdem erhielten die Mönche 1527 nochmals ihre Privilegien und Freiheiten von den Herzögen bestätigt.
Bereits 1525 hatte die Stadt Stralsund die neue kirchliche Lehre angenommen. Kirche und Schulwesen wurden nun nach evangelischen Grundsätzen eingerichtet. Ob dies der Anlaß war, daß kurz vor 1529 Stralsunder Bürger zu einem Plünderungszug gegen das Kloster Hiddensee aufbrachen, ist bis heute ungeklärt. Das Kloster wurde vollständig geplündert und angezündet. Die Mönche konnten sich in letzter Sekunde vor den aufgebrachten Stralsundern in Sicherheit bringen, wie es in einem zeitgenössischen Bericht heißt.
Im Herzogtum Pommern wurde 1534 die Reformation unter tätiger Mithilfe von Johannes Bugenhagen eingeführt. Sie konnte auf dem eigens dazu nach Treptow an der Rega einberufenen Landtag nicht förmlich beschlossen werden, weil die Meinungsverschiedenheiten nicht zu überbrücken waren. Dennoch gilt dieser Landtag als der Ausgangspunkt der Reformation im Herzogtum Pommern. Unmittelbar danach wurde von Johannes Bugenhagen eine neue Kirchenordnung geschrieben und in Druck gegeben. Überall im Land wurden Visitationen durchgeführt. Der Klosterbesitz ging größtenteils in den Besitz der Herzöge über: ein Streitpunkt zwischen der Ritterschaft und den Herzögen.
Von der Säkularisation blieb auch das Kloster Hiddensee nicht verschont. Am 22. Oktober 1536 wurde in einem Vertrag zwischen dem Abt des Klosters Hiddensee und den pommerschen Herzögen die Übergabe des Klosters geregelt. Danach ging der gesamte Klosterbesitz einschließlich eines Hofes in Stralsund an die Herzöge über. Die Mönche zogen von Hiddensee fort. Einige von ihnen traten zum neuen Glauben über und wurden Prediger. Der letzte Abt von Hiddensee, Georg Vilter, starb 1560 und wurde in der Stralsunder Nikolaikirche beigesetzt. In die Klostergebäude zog der herzogliche Rentmeister ein. Im Dreißigjährigen Krieg wurden die Gebäude zerstört. Steine des ehemaligen Klosters wurden zum Bau des Gutshofes im Dorf Kloster verwandt.
Lit.: Hoogeweg, H.: Die Stifter und Klöster der Provinz Pommern, 2 Bde., Stettin 1924.
Bilder: Die Inselkirche als letzter verbliebener Teil des Klosters Hiddensee / Quelle: Von Andreas Helgert, Attribution, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=3015583
Henning Rischer