Ereignis vom 1. Januar 1296

Kloster Hiddensee

Die Inselkirche als letzter verbliebener Teil des Klosters Hiddensee

Die Inseln Rügen und Hiddensee bildeten zusammen mit ei­nem festländi­schen Teil zwischen der Recknitz-Trebel-Linie und dem Ryk bis 1325 das slavische Fürstentum Rügen mit einem eigenen Dynastengeschlecht. Während im be­nachbarten Pommern die Christianisierung durch Otto von Bamberg be­reits 1124 und 1128 erfolgte und 1140 einen organisatorischen Abschluß durch die Bildung eines Bistums fand, hatte das Christentum bis dahin die Insel Rü­gen noch nicht erreicht. Ausgangspunkt für die Christianisierung der Insel Rügen war die Eroberung der Burgen Arkona und Garz im Juni 1168 durch den Dänenkönig Walde­mar. Mit Arkona wurde gleich­zeitig das Kultzentrum der Rügenslaven zerstört.

Als es dem polnischen Herzog Boles³aw III. 1121 gelang, die Pomoranen militärisch zu un­terwerfen, dauerte es noch 3 Jahre, bis Bischof Otto von Bamberg sein Missions­werk be­ginnen konnte. Nach der Eroberung Arkonas setzte der Sieger jedoch sofort die Taufe der Bewohner durch. Mit Unterstüt­zung des Schweriner Bischofs weihte der dänische Bischof Ab­salon einige Friedhöfe und begann mit dem Bau von Kirchen, die er mit däni­schen Priestern besetzte. Schon ein Jahr später unterstellte Papst Alexander III. die Insel Rügen dem Bistum Roeskilde. Im Unterschied dazu war der festländische Teil des Fürstentums Rügen dem Schweriner Bistum unterstellt. Somit war das Herrschaftsgebiet der Rügenfürsten in kirchlicher Hinsicht gespalten.

Auf der Insel Rügen stiftete Jaromar I. 1193 das Nonnenkloster Bergen und besetzte es mit Zisterzienserinnen aus dem däni­schen Roeskilde. Damit hatte Arkona endgültig seinen kulti­schen Mittelpunkt für die Insel verloren. Weite­re Klo­stergrün­dungen im rügischen Fürstentum waren Eldena bei Greifs­wald (1199) und Nikolaikamp, das heutige Franzburg (1231). Am 13. April 1296 schenkte der Rügenfürst Wizlaw II. dem Klo­ster Nikolai­kamp die ge­samte Insel Hiddensee und schuf damit die materielle Grundlage für die Gründung eines Klosters auf der Insel, des später so genannten Klosters Hiddensee. Die Mönche, Zisterzienser, wurden mit dem Recht des Fischfangs in den Gewässern zwischen Rügen und Hiddensee sowie mit einem Dorf in der Nähe von Neuenkamp ausgestat­tet. Das neue Kloster wurde dem heiligen Nikolaus geweiht.

Nach Hoogeweg war die ursprüngliche Bezeichnung des Klo­sters „Nikolaikamp“ – sicher in Fortführung der Namensge­bung von „Neuenkamp“. Neuenkamp wiederum war ein Toch­ter­kloster von „Altenkamp“, einem Kloster des Erzbi­stums Köln. Später bürgerte sich für Nikolaikamp die Bezeich­nung „Klo­ster Hi­ddensee“ ein. Eine Kapelle, die auf dem Gel­len an der Südspitze der Insel gebaut wurde, war zunächst Pfarrkir­che für die Inselbewohner.

Unmittelbar nach der Gründung begannen Auseinandersetzun­gen mit der Witwe des Ritters Erlandson, die zusammen mit ihrem Sohn die Hälfte der Insel für sich beanspruchte. Der Streit konnte beigelegt werden. Ebenso er­hob der Pfarrer von Schaprode auf Rügen Einspruch. Er war bei der Kloster­grün­dung offenbar nicht gefragt worden. Bisher gehörte die Insel Hiddensee und damit auch die Einnahmen zu seinem Kirch­spiel. Später einigte man sich dahingehend, daß der Schaproder Pastor dem Kloster die Seelsorge für die Inselbewohner gegen

die Zahlung einer Rente überließ. Die eigentlich nur für ihn persönlich gedachte Regelung wurde teilweise auf seine Nach­folger übertragen.

Probleme hatten die Mönche auch mit den Einwohnern der Insel. Das soge­nannte Strandrecht gestattete ihnen die Bergung von Gütern gestrandeter Kaufmannsschiffe. Die gestrandeten Güter durften sie als ihr Eigentum be­trachten. Eine offenbar nicht zu unterschätzende Einnahmequelle. Die Mön­che wollten das abschaffen. Sie stießen dabei auf den erbitterten Wider­stand der Inselbewohner.

Zwei Jahre nach der Gründung brachte eine Visitation ernste wirtschaftli­che Probleme des Klosters an den Tag. Daraufhin überließ das Kloster Neuenkamp seinen Brüdern auf der Insel die Einnahmen aus drei Salzpfannen in Lüneburg. 1306 ver­einbarte das Kloster mit der Stadt Stralsund die Errichtung eines Leuchtturmes auf dem Gellen, der die Schiffe sicherer in den Hafen der Han­sestadt geleiten sollte.

Am 8. November 1325 starb mit Wizlaw III. das rügische Für­stengeschlecht aus. Um die Nachfolge entbrannten lange, teil­weise sehr blutige Kriege zwi­schen Pommern und Mecklen­burg. Sie sind als die rügischen Erbfolgekriege in die Ge­schichte eingegangen. Letztlich trugen die pommerschen Her­zöge den Sieg davon. Das Fürstentum Rügen wurde in das Herzogtum Pommern-Wolgast eingegliedert. Die Herzöge führten den rügischen Fürstentitel wei­ter. Der pommersche Herzog Wartislaw IV. setzte trotz unklarer Rechtslage bei der Nachfolge der Rügenfürsten sofort ein Zeichen seines An­spruchs auf das Fürstentum und bestätigte den rügischen Stän­den ihre Privilegien und Frei­heiten. So erhielt auch das Kloster Hiddensee am 3.12.1325 eine Bestä­tigung seiner Privilegien.

1373 und 1389 beschädigten Feuersbrünste das Kloster offen­bar so schwer, daß die eigenen Kräfte nicht ausreichten, es wieder aufzubauen. Trotzdem konnte 1410 auf der Insel eine neue Kirche für die Inselbewohner geweiht werden.

In die gleiche Zeit fiel der Beginn eines Streites des Klosters mit den Fischern aus Barth, Stralsund und der benachbarten Insel Rügen. Durch den Einsatz „moderner“ Fischfangmetho­den mittels der Zeesenboote und leistungsfähige­rer Netze wa­ren die Fischgründe des Klosters überfischt. Es kam zu einer ernsten Versorgungskrise des Klosters. Die Konflikte mit den Stralsunder Bürgern arteten in regelrechte Handgreif­lichkeiten aus. Die Stralsunder nahmen Mönche, die gekommen waren, ihnen das Fischen zu untersagen, gefangen und brachten sie nach Stralsund. Dort sperrte man sie unter ent­würdigenden Bedingungen ein. Offenbar durch Vermittlung des pommer­schen Herzogs leisteten die Stralsunder später Ab­bitte. Der Frieden aber hielt nicht lange. Weitere, auch tätliche Ausein­andersetzun­gen ließen sich offenbar nicht vermeiden.

In den Jahren bis zur Säkularisierung kam es immer wieder zu teilweise sehr groben Händeln zwischen dem Kloster und sei­nen adligen Nachbarn. Der Verfall des Klosters war offen­sichtlich nicht mehr aufzuhalten. Immer häufi­ger mußten An­leihen aufgenommen werden. So wurde am 3. Juni 1525 auf Befehl des pommerschen Herzogs ein Ver­zeichnis der kloster­eigenen Klein­odien und der seidenen Gewänder erstellt. Der Herzog ließ diese Gegen­stände nach Wolgast in sein Schloß bringen und verwahrte sie in einem Ka­sten in seinem Schlaf­gemach. Trotzdem erhielten die Mönche 1527 nochmals ihre Privilegien und Freihei­ten von den Herzögen bestätigt.

Bereits 1525 hatte die Stadt Stralsund die neue kirchliche Lehre an­genommen. Kirche und Schulwesen wurden nun nach evangelischen Grund­sätzen eingerichtet. Ob dies der Anlaß war, daß kurz vor 1529 Stralsunder Bür­ger zu einem Plünde­rungszug gegen das Kloster Hiddensee aufbrachen, ist bis heute ungeklärt. Das Kloster wurde vollständig geplündert und angezündet. Die Mönche konnten sich in letzter Se­kunde vor den aufgebrachten Stralsundern in Sicherheit bringen, wie es in ei­nem zeitgenössischen Bericht heißt.

Im Herzogtum Pommern wurde 1534 die Reformation unter tätiger Mithilfe von Johannes Bugenhagen eingeführt. Sie konnte auf dem eigens dazu nach Treptow an der Rega einbe­rufenen Landtag nicht förmlich beschlossen wer­den, weil die Meinungsverschiedenheiten nicht zu überbrücken waren. Den­noch gilt dieser Landtag als der Ausgangspunkt der Reforma­tion im Herzog­tum Pommern. Unmittelbar danach wurde von Johannes Bu­genhagen eine neue Kirchenordnung geschrieben und in Druck gegeben. Überall im Land wurden Visi­tationen durchgeführt. Der Klosterbesitz ging größtenteils in den Besitz der Herzöge über: ein Streitpunkt zwischen der Ritterschaft und den Herzögen.

Von der Säkularisation blieb auch das Kloster Hiddensee nicht verschont. Am 22. Oktober 1536 wurde in einem Vertrag zwi­schen dem Abt des Klo­sters Hiddensee und den pommerschen Herzögen die Übergabe des Klosters geregelt. Danach ging der gesamte Klosterbesitz einschließlich eines Hofes in Stralsund an die Herzöge über. Die Mönche zogen von Hiddensee fort. Ei­nige von ihnen traten zum neuen Glauben über und wurden Prediger. Der letzte Abt von Hiddensee, Georg Vilter, starb 1560 und wurde in der Stral­sunder Nikolaikirche beigesetzt. In die Klostergebäude zog der herzogliche Rentmeister ein. Im Dreißigjähri­gen Krieg wurden die Gebäude zerstört. Steine des ehemaligen Klosters wurden zum Bau des Gutshofes im Dorf Kloster verwandt.

Lit.: Hoogeweg, H.: Die Stifter und Klöster der Provinz Pommern, 2 Bde., Stettin 1924.

Bilder: Die Inselkirche als letzter verbliebener Teil des Klosters Hiddensee / Quelle: Von Andreas Helgert, Attribution, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=3015583

Henning Rischer