Ereignis vom 18. Januar 1701

Kurfürst Friedrich III. krönt sich in Königsberg zum König in Preussen

Gedenkbild zur Krönung (1703). Auf einem Kissen die neue preußische Königskrone.

Der Kurfürst von Brandenburg, Friedrich III. (er lebte 1657–1713 und war seit 1688 Kurfürst von Brandenburg), richtete alle seine Anstrengungen darauf, den Königstitel und die Königskrone zu erwerben. Immerhin trug der sächsische Kurfürst August der Starke seit 1697 die polnische Krone, und der Kurfürst von Hannover, der die Kurfürstenwürde erst seit 1692 besaß, hatte Aussicht auf die englische Krone. In diesem Zusammenhang kam dem abgelegenen preußischen Landesteil ei­ne große Bedeutung zu, denn dieses Gebiet war kein Teil des Heiligen Römischen Reiches und gehörte seit dem Frieden von Oliva 1660 (Text: Parry, Clive [ed.], The Consolidated Treaty Series, vol. 6 [1660–1661], 1969, S. 9 ff.; Gornig, Gilbert, Das Nördliche Ostpreußen, 2. Aufl. 1996, Dokument 1.5., S. 268) auch nicht mehr zu Polen. Da Friedrich III. in Brandenburg nicht König werden konnte, gründete er seine königlichen An­sprüche auf das Herzogtum Preußen, über das er souverän herrschte. In diesem Falle mußte nämlich der Kaiser nicht die Krone verleihen, sondern hatte nur seine Zustimmung zu geben. Die ersten Verhandlungen in dieser Richtung fanden 1690 statt. Dabei spielten auch kleinere Gebietsabtretungen sowie die Religionsfrage eine Rol­le. Als sich der Krieg gegen Frankreich fortzusetzen drohte, kamen die Verhandlungen in die entscheidende Phase. Kaiser Leopold I. benötigte nämlich im spanischen Erbfolgekrieg die preußischen Streitkräfte zur militärischen Verteidigung der habsburgischen Ansprüche auf die spanische Erbfolge. Im übri­gen benötigte das Haus Habsburg die Unterstützung Friedrichs bei der Kaiserwahl.

Der Deutsche Ritterorden hatte aber bereits 1657 gegen die kaiserliche Anerkennung der Souveränität Preußens im Vertrag von Wehlau (Text: Parry, a.a.O., vol. 4 [1655–1658], 1969, S. 435ff.; Gornig, a.a.O., Dokument 11.4., S. 263ff.) und 1697 gegen die kaiserliche Billigung des Titels „Herzog von Preußen“ und für die Rückgabe des Schwiebuser Kreises pro­testiert. Im Jahr 1700 meldete schließlich der Orden seine alten Ansprüche auf Preußen wieder an und fand bei einigen katho­lischen Reichsständen Unterstützung. Der Kaiser akzeptierte aber not­gedrungen die preußische Königswürde und vertröstete den Or­den unter grundsätzlicher Wahrung seiner und des Reiches Rechte auf bessere Zeiten.

Im Krontraktat vom 16. November 1700 (Text: Parry, a.a.O., vol. 23 [1700–1701],1969, S. 165ff.; Gornig, a.a.O., Dokument III.1., S. 269ff.) verpflichtete sich Friedrich, mit 8.000 Mann zur Verteidigung der kaiserlichen Ansprüche auf die spanische Erbfolge beizutragen, wofür der Kaiser jährlich 150.000 Taler in Aussicht stellte. Kurfürst Friedrich III. verpflichtete sich fer­ner, die hannoversche Kurwürde anzuerkennen, für die Wiederzulassung der böhmischen Krone zur vollen Ausübung der kurfürstlichen Rechte zu wirken und bei künftiger Kaiserwahl seine Stimme dem Hause Österreich zu geben. Als Gegenlei­stung erreichte er durch Kaiser und Reich die ersehnte Rangerhöhung zum König. Der Kaiser erklärte, er werde für den Bereich des Herzogtums Preußen Friedrichs III. Königstitel anerkennen, wann immer der Kurfürst sich diesen zulege.

Am 18. Januar 1701 krönte sich dann Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg und Herzog in Preußen in einer glanzvollen Zeremonie in seiner Geburtsstadt Königsberg zum König. Schon am 29. Dezember 1700 fand sich der Kurfürst mit der Kur­fürstin, dem Kurprinzen, einem beträchtlichen Hofstaat und mit über 300 Gepäckwagen auf dem Schloß in Königsberg ein. Am 14. Januar bewegte sich ein prachtvoller Zug durch die Stadt. Vier Herolde, 24 Trompeter und zwei Pauker, der Obermarschall mit 60 Edelleuten und eine Schwadron Reiter ritten durch die Stadt und die Herolde verkündeten vor dem Schloß und vor den drei Rathäusern dem jubelnden Volk die bevorstehende Krönung. Die Krönung rückte Königsberg wochenlang in den Mittelpunkt europäischen Interesses und bedeutete für die Stadt von Anfang Januar bis März eine Vielzahl aufwendiger Feste. Am 16. Januar fand ein feierlicher Gottesdienst statt, am 17. Januar, also vor dem Krönungstag, wurde der Orden des Schwarzen Adlers gestiftet, der den Wahlspruch „suum cuique“ trug. Er war in allen Teilen des Landes das einigende Herrschaftssymbol. Am Dienstag, dem 18. Januar, einem kalten und klaren Wintertag, wurde zunächst im Audienzsaal des Schlosses der Krönungsakt vollzogen. Die Huldigung der Stän­de nahm der König im Empfangssaal entgegen. Man hatte die fürstlichen Repräsentationsräume für Krönung und Huldigung gewählt, um damit zum Ausdruck zu bringen, daß der neue König seine neue Würde sich selbst zu verdanken habe. Die Ze­re­monie war unterbrochen worden, als die Königin aus einer Tabatiere – einem Geschenk Zar Peters des Großen – eine Prise nahm. Dies verübelte ihr der auf Formen bedachte Monarch sehr. Daran anschließend erfolgte die kirchliche Zeremonie in der Schloßkirche. In diese begaben sich die Majestäten unter zwei von jeweils acht Edelleuten getragenen Baldachinen. Der Hofstaat, die Deputierten der Stände, die Professoren der Universität, Geistliche und hohe Beamte folgten. Das Königspaar war in rotsamtene Krönungsgewänder, die reich mit Diamanten besetzt, mit goldenen Adlern bestickt und mit Hermelin gefüttert waren, gekleidet. Der Präsident des Tribunals, der Oberstburggraf Christoph Alexander v. Rausch­ke, trug das Reichsschwert, Graf v. Dohna-Reicherts­walde die Reichsfahne, Kanzler Ludwig v. Ostau das Siegel, Landhofmeister Otto Wilhelm v. Perbandt den Reichsapfel. In der Kirche salbte vor etwa 4.000 geladenen Gästen Bischof Ursinus das vor dem Altar knieende Königspaar. Pauken und Trompeten, Kirchenglocken und Geschützdonner verkündeten das große Ereignis. Unter das Volk wurden Huldigungsmünzen aus Gold und Silber im Wert von 6.000 Talern gestreut. Das Volk jubelte dem Paar zu. Die folgenden Tage waren mit Festen, Gottesdiensten, Empfängen und Besichtigungen ausgefüllt. Am 25. Januar erhob der König die Universität zu einer Königlichen Anstalt und den Kronprinzen zum Rektor. Als das Königspaar am 8. März 1701 Königsberg verließ, wurde es von den Bürgern begleitet. Je hundert berittene Hübner und Fleischer eröffneten den Zug. Daran schlossen sich die von dem kneiphöfschen Ratsherrn Christof Ägidius Negelein als Major geführten Bürgerkompanien zu Pferde, die vierspännigen Kutschen der Bürgermeister, die Kavalkade der Adelstrompeter, Pagen und die Schweizer Garde an. Dann erst folgte das Königspaar, den Schluß bildeten mehrere Kompanien Soldaten. Vor dem Tor angekommen kehrte der König allerdings wieder um, übernachtete noch einmal im Schloß und reiste am nächsten Tag nach Pillau und von dort über die See nach Danzig. Er wählte diesen Weg, weil die Weichsel aufgetaut war, die Fähre wegen des Eises aber noch nicht verkehren konnte.

Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg und Herzog in Preußen nannte sich fortan König Friedrich I., und zwar König Friedrich I. in Preußen – „in Preußen“ mit Rücksicht auf das seit 1466 der polnischen Krone unterstehende Westpreußen. Fortan erhielten die Behörden und die Armee den Zusatz „königlich“. „Preußen“ und „preußisch“ bezeichneten von nun an den Gesamtstaat. Genauso wie das Herzogtum Preußen gehörte auch das Königreich Preußen nicht zum Reich. Die Königswürde Friedrichs I. bezog sich nur auf das Gebiet von Preußen, also etwa das spätere Ostpreußen, das außerhalb des Reiches stand. Auch danach trat Preußen nicht in das Reich ein.

Auf die Nachricht von der Krönung Friedrichs III. zum preußischen König sollen die Abgesandten der Woiwodschaft Marienburg im preußischen Landtag eindeutig die Nichtanerkennung des preußischen Königstitels gefordert und Befürchtungen geäußert haben, daß diese Neuerung das unter polnischer Krone stehende Preußen bedrohen könne. Polen, England, Dänemark, Rußland, Holland, die Schweiz, Kurpfalz und Hannover erkannten jedoch die Königswürde an. Ein Einspruch des Papstes gegen die Königskrönung wurde jedoch erwartet, weil dieser Oberherr des Deutschen Ordens war und die Umwandlung des Ordensstaates in ein Herzogtum nicht anerkannte. Friedrich III. machte daher der katholischen Kirche keine Anzeige von der Krönung. In der Tat hat die Kurie bald nach der Krönung gegen den neuen Königstitel protestiert und sich dabei ausdrücklich auf die Rechte des Deutschen Ritterordens berufen. Im päpstlichen Kalender wurden deshalb bis nach dem Tode Friedrichs des Großen 1787 die preußischen Könige als Markgrafen von Brandenburg aufgeführt. Der Papst titulierte Friedrich immer „Herr Markgraf von Brandenburg“ („marchese di Brandenbourg“), Friedrich revanchierte sich und titulierte den Papst „Bischof von Rom“. Erst 1788 wendete der Papst in einem offiziellen Schreiben an Friedrich Wilhelm III. zum ersten Mal den Königstitel an, wenn auch nicht unter ausdrücklicher Anerkennung seines Besitzrechts auf das alte Ordensland.

Das Heilige Römische Reich deutscher Nation erkannte bis zu seinem Ende 1806 einen brandenburg-preußischen Gesamtstaat formal nicht an. Brandenburg-Preußen war 1701 noch keineswegs ein zentralisierter Einheitsstaat, sondern eine Anhäufung von Territorien, die ihre alten besonderen Verfassungen und Verwaltungseinrichtungen zum großen Teil noch bewahrt hatten und daran festhielten, so daß der Zusammenhang mit nicht-preußischen Gebieten teils enger war als mit entfernten brandenburg-preußischen Landesteilen. Brandenburg und Preußen wuchsen aber von da an zu einem Staat zusammen. Der Name „Preußen“ ging allmählich auf den ganzen Herrschaftsbereich der Hohenzollern über. Es bildete sich ein „preußisches“ Staatsbewußtsein heraus. Gleichzeitig verlor das Preußenland an territorialer Eigenständigkeit.

An den politischen Machtverhältnissen hat die Krönung nichts geändert, die Krone war aber für den jungen brandenburgisch-preußischen Staat ein Symbol einigender Kraft für die weit auseinander liegenden Landesteile.

Lit.: J. v. Besser: Preußische Krönungsgeschichte, 1702 (Neudruck 1901). – Hartmut Boockmann: Deutsche Geschichte im Osten Europas. Ostpreußen und Westpreußen, 1992. – Conrad Bornhak: Preußische Staats- und Rechtsgeschichte, 1903. – Martin Broszat: 200 Jahre deutsche Polenpolitik, 1963. – Fritz Gause: Deutsch-slavische Schicksalsgemeinschaft. Abriß einer Geschichte Ostdeutschlands und seiner Nachbarländer. 3. Aufl., 1967. – Fritz Gause: Geschichte des Preußenlandes, 1966. – Gilbert H. Gornig: Das Nördliche Ostpreußen. Eine historische und rechtliche Betrachtung, 2. Aufl. 1996. – Gilbert H. Gornig: Territoriale Entwicklung und Untergang Preußens, 2000. – Gerd Heinrich: Geschichte Preußens. Staat und Dynastie, 1981. – Vol­ker Hentschel: Preußens streitbare Geschichte: 1594–1945, 1980. –Wal­ther Hubatsch: Preußen, in: Wilhelm Sante/A.G. Ploetz-Verlag (Hg.), Geschichte der Deutschen Länder. „Territorien-Ploetz“. 2. Band: Die deutschen Länder vom Wiener Kongreß bis zur Gegenwart, 1971, S. 70ff. – Hannsjoachim W. Koch: Geschichte Preußens, 1986. – Gottfried Lengnich: Geschichte der Preußischen Lande königlich-polnischen Antheils seit dem Jahr 1526 biß auf den Todt Königes Sigismundi I., Bd. IX 1772, Bd. II 1724. – Janusz Małłek: Das königliche Preußen und der preußisch-brandenburgische Staat in den Jahren 1525–1772, in: Janusz Mallek: Preußen und Polen. Politik, Stände, Kirche und Kultur vom 16. bis zum 18. Jahrhundert. 1992, S. 45ff. – Golo Mann: Das Ende Preußens, in: Otto Büsch/Wolfgang Neugebauer (Hg.): Moderne preußische Geschichte, 1648–1947. Veröffentlichung der Historischen Kommission zu Berlin, Bd. 52, 1981. – Herbert Marzian: Die Rolle Brandenburg-Preußens in der europäischen Ostpolitik 1648–1815, in: Göttinger Arbeitskreis (Hg.): Das östliche Deutschland. Ein Handbuch, 1959, S. 239 ff. – Nikolaus von Preradovich: Königsberg l993. – Leopold von Ranke: Preußische Geschichte, 0. J. – Theodor Schieder: Die preußische Königskrönung von 1701 und die politische Ideengeschichte, in: Altpreußische Forschung 12 (1935), S. 64 ff. – Manfred Schlenke (Hg.): Preußen-Ploetz. Eine historische Bilanz in Daten und Deutungen, 1983, S. 33ff. – Bruno Schumacher: Geschichte Ost- und Westpreußens, 7. Aufl., 1984. – Günter Vogler/Klaus Netter: Preußen. Von den Anfängen bis zur Reichsgründung, 1974. Bildmaterial: Hohenzollernjahrbuch, Jahrgang 4, 1904.

Bild: Gedenkbild zur Krönung (1703). Auf einem Kissen die neue preußische Königskrone von Peter Schenk. / Quelle: Wikipedia. Gemeinfrei.

Gilbert Gornig (OGT 2001, 329)