Ereignis vom 1. Januar 1412

Verpfändung von 13 Zipser Städten an Polen

Zipser Burg

Um seinen Krieg gegen die Republik Venedig zu finanzieren und dafür Kredit aufzunehmen, verpfändete 1412 der König von Ungarn Sigismund von Luxemburg 13 Städte der Zips für 87.000 böhmische Groschen an den polnischen König Wladislaw II. Jagiello. Das Gebiet der Zips in der heutigen Slowakei gehörte damals als Oberungarn zum Reich der Stephanskrone wie das Königreich Kroatien, das in Personalunion in dieses Reich integriert war und wo Sigismund die mächtigen Venezianer als Nachbar hatte.

Der 1358 in Nürnberg geborene Sohn des Kaisers Karl IV. war seit 1387 König von Ungarn, dann auch König von Böhmen und Römischer Kaiser, der das Konzil von Konstanz einberief. Zwar sollten die 13 verpfändeten Städte weiterhin zum Königreich Ungarn gehören und es wurden nur ihre Steuereinnahmen und andere wirtschaftliche Nutzung verpfändet, aber es dauerte 360 Jahre, bis diese Städte unter Maria Theresia im Rahmen der Ersten Teilung Polens 1772 an Ungarn zurückfielen. Das Jahr 1412 brachte eine entscheidende Teilung der Zips und bedeutete das Ende des Bundes der 24 Zipser Städte.

Seit dem 13. Jahrhundert, vor allem nach dem Mongoleneinfall 1242 nach der Schlacht bei Liegnitz hatten die ungarischen Könige deutsche Siedler ins Land geholt. Sie kamen aus Schlesien, Sachsen und Thüringen, es waren Handwerker, Bauern und Bergleute. Verwaltungstechnisch war die Zips (ungarisch Szepes, slowakisch Spiš, lateinisch Scepusiumhttps://kulturstiftung.org/wp-content/uploads/1353-Burg_Allenstein-660×440.jpg) eine Gespanschaft (comitatus Scepusiensis), an deren Spitze der Zipser Graf stand, den die Richter von 24 Städten wählten. Diese 24 Städte hatten als politische Organisation den Bund der 24 Zipser Städte geschaffen und parallel dazu eine geistliche Organisation, die Bruderschaft der 24 königlichen Pfarrer. Ein eigenes einheitliches Zipser Recht, die sogenannte Zipser Willkür, war Grundlage des Lebens in den 24 Städten des Bundes und in 20 weiteren Zipser Siedlungen. König Stephan V. hatte 1271 das Privileg ausgestellt, das der Gemeinschaft der Zipser Sachsen Sonderrechte gewährte und sie von Steuern und Abgaben befreite. Es war ein kollektives Privileg, das nicht dem einzelnen Städter erteilt wurde, sondern der Gemeinschaft der Zipser als Gesamtheit. Sitz der Gemeinschaft war Leutschau (Levoča).

Verpfändet wurden 1412 die Städte Zipser Neudorf/Spišská Nova Ves, Kirchdrauf/Spišske Podhradie, Wallendorf/Spišske Vlachy, Deutschendorf/Poprad, Felka/Velka, Georgenberg/ Spišska Sobota, Michelsdorf/Straže, Matzdorf/Matějovice, Zip­ser Bela/Spišska Bela, Menhardsdorf/Vrbov, Leibitz/L’ubica, Rißdorf/Ruskinovce und Durchsdorf/Tvarožna sowie Altlubau/ Stara L’ubovna, wo fürderhin ein polnischer Vogt residierte.

Bei Ungarn blieben die elf Städte Donnersmark/Spišský Stvr­tok, Sperndorf/Iliašovce, Eisdorf/Žakovce, Kabsdorf/Hra­bu­ši-ce, Kirn/Kurimany, Mühlbach/Mlynica, Großschlagendorf/ Vel­ky Slavkov, Dirn/Odorin, Palmsdorf/Harichovce, Eulenbach/Bystrany und Kunzendorf/Vlkovce.

Sie bildeten nun unter Beibehaltung der bisherigen Rechte und Privilegien der Zipser die Gemeinschaft der elf Zipser Städte (communitas XI regalium civitatum terrae Scepusiensis). König Sigismund befreite sie zwar 1418 von allen königlichen Steuern, es kam aber bald zu Problemen, so dass man 1440 den polnischen König bat, gemeinsam mit 13 verpfändeten Städten den Grafen zu wählen, wozu es aber nicht kam.

Während die 13 verpfändeten Städte durch Privilegien beider Staaten aufblühten, gerieten die verbliebenen Städte seit 1465 mehr und mehr in die Abhängigkeit der Herren auf der Zipser Burg.

Sie verloren ihre Privilegien und sanken teilweise zu bedeutungslosen Dörfern hinab, auch verloren sie zum großen Teil ihren deutschen Charakter. Heute erahnen wir nur durch die Bauwerke ihrer Kirchen und ihrer kunsthistorischen Denkmäler die alte Größe und lange bestehende Sonderstellung dieser alten Städte, die einst die communitates XI oppidorum ad arcem Scepusiensem pertinentium waren.

Die 13 Städte, die pfandrechtlich (in inscriptione) unter polnischer Verwaltung standen, konnten unter polnischer Aufsicht ihre Selbstverwaltung lange wahren. Der Vogt auf der Burg Alt-Lublau kontrollierte die Verwaltung, wobei ihm der Kapitän der Burg zur Seite stand. Erst 1593 gerieten sie unter Sebastian L’ubomirsky in die Abhängigkeit eines Landesherrn. L’ubo­mirsky erhielt die Städte als Schenkung des Königs und mischte sich bald in die Selbstverwaltung der Städte ein, indem er die Wahl des Grafen bestätigte und im Gerichtswesen auch gegen die Urteile des Grafen einschreiten konnte.

Heute wird in der Slowakei als einem EU-Mitgliedsland die Geschichte der Zips als einer reichen mitteleuropäischen Kulturregion neu entdeckt, als eine Region vieler Völker, in der die Deutschen zwischen Slowaken und Ungarn ihr Bekenntnis zur deutschen Sprache und Kultur, aber auch zur Zugehörigkeit zum Reich der Stephanskrone lebten.

Bild: Zipser Burg / Quelle: No machine-readable author provided. Slawojar assumed (based on copyright claims)., Spis Castle, SlovakiaCC BY-SA 3.0

Rudolf Grulich