Am 29. Dezember 2019 jährte sich der Todestag des Schriftstellers Otto Alscher
(* 8. Januar 1880 in Perlasz, Königreich Ungarn, Österreich-Ungarn;
† 29. Dezember 1944 in Târgu Jiu, Königreich Rumänien) zum 75. Mal.
„Dichtung ist immer Liebe, sie kann nie Hass und Verkleinerung bezwecken. […] Und es gibt, zumal in der neueren Dichtung, manche Dichter, für welche die Natur, die Landschaft, das Tier- und Pflanzenleben nicht bloß einen Rahmen zum Menschenleben bedeuten, sondern denen der Mensch – wie er es im Sinne der neueren Naturwissenschaft ja auch ist – immer nur ein Stück Natur bleibt, nicht ihr Herr, nur ihr Glied und Teil“, heißt es 1918 im „Geleitwort“ des Bändchens „Strömungen“, herausgegeben von H. Hesse und R. Woltereck. Otto Alscher ist hier mit der Kurzgeschichte „Die Hunde“, aus: „Die Kluft. Rufe von Menschen und Tieren“, München: Albert Langen, 1917 vertreten. Zeitgleich mit dieser ersten Tier-Kurzgeschichte, die erstmals 1911 im „Pester Lloyd“ erschienen ist und vor einem Bruch zwischen Zivilisation und Natur warnt, entstand der Roman „Gogan und das Tier“, S. Fischer Verlag, 1912. Während der Zugfahrt zum Studium antizipiert Gogan, Otto Alschers Alter Ego, ein Dasein „in einer großen Lebenseinheit“. Eine innere Stimme, die „ihm zuraunte: Ein Augenblick und eine Seele“, signalisiert sowohl die Verbundenheit Gogans mit der heimatlichen Landschaft als auch das literarische Ziel des Autors, der ein eigenes Genre über die Schönheit und Großartigkeit der Natur ansteuert. 1912 erschienen sowohl ein Vorabdruck der Erlösungsutopie in der expressionistischen „Halbmonatsschrift. Der Brenner, herausgegeben von Ludwig von Ficker, Brenner-Verlag-Innsbruck“ als auch die Jagd-Szene des Romans, als „Die Hühnerjagd“ betitelt, in der Anthologie des S. Fischer Verlags „das 26. Jahr“. Diese Anthologie machte Hermann Hesse mit Alscher bekannt.
„Einen tiefen erneuenden Atemzug“ versprechen die Kurzgeschichten der Zwanzigerjahre, in dem Band „Tier und Mensch“, München, Albert Langen, 1928. Diese Texte erfahren eine breite Rezeption in Sammelbänden mit Tiergeschichten der Weltliteratur. Die Herausgabe der Tiergeschichten der Dreißiger- und beginnenden Vierzigerjahre wird Alscher jedoch selbst finanzieren „Die Bärin. Besinnliche Tiergeschichten“, 1943 bleibt ohne Resonanz. Einerseits wurde Alscher als „bester Tiergeschichtenerzähler der deutschen Literatur“ von Wilhelm Schneider in „Die auslanddeutsche Dichtung unserer Zeit“, 1936 gewürdigt, andererseits urteilt der Kritiker: „Alscher hat sich mit dem Grundgedanken des Romans ‚Zwei Mörder in der Wildnis’ außerhalb der bürgerlichen Gemeinschaft gestellt.“ Im September 1944 wurde dieser, in innerer Emigration lebende Schriftsteller nach Târgu Jiu interniert. Er floh im Oktober und ging etwa 100 km zu Fuß nach Hause, nach Orşova. In den nächsten Tagen wurde er eines Mittags in der Innenstadt erneut verhaftet.
Die Monografie „Ein Augenblick und eine Seele. Im Werk Otto Alschers“, 2016 herausgegeben von Helga Korodi und gestaltet von Dr. Ernst Gierlich, bietet einen Überblick über Alschers Naturphilosophie in einem transzendentalen Genre der modernen Tiergeschichte. Mit dieser Neuinterpretation wird erinnert an einen Dichter, dessen Tiergestalten über sich hinausweisen und in einem Entfaltungsraum der Evolution den Leser unmittelbar berühren. Sie ist als E-Book erhältlich unter https://www.amazon.de/Ein-Augenblick-eine-Seele-Alschers-ebook/dp/B01M197KB3
Als Auszug aus der Monografie finden Sie hier als kostenlosen Download im pdf-Format:
Otto Alscher, Gogan und das Tier,
Erstausgabe, Berlin, S. Fischer Verlag 1912
mit einem Vorwort von Helga Korodi
Jagd-Szene des Romans, als „Die Hühnerjagd“ betitelt, in der Anthologie des S. Fischer Verlags „das 26. Jahr“ von 1912
„Die Wildkatze“ als Auszug aus der Monografie als Download im pdf-Format
„Die Hunde“ als Auszug aus der Monografie als Download im pdf-Format
Lexikon-Eintrag zu Otto Alscher in der Martin-Opitz-Bibliothek Herne