Wissenschaftliche Fachtagung „Kulturbeziehungen zwischen Deutschland und den Baltischen Ländern 1850 – 1950: Medien – Institutionen – Akteure“

Vom 10. bis 13. Oktober 2024 veranstaltete die Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen in Zusammenarbeit mit der Eutiner Landesbibliothek und dem lettischen Wissenschaftsrat eine interdisziplinäre wissenschaftliche Tagung, welche die kulturellen Verflechtungen zwischen Deutschland und den baltischen Ländern im Zeitraum von 1850 bis 1950 zum Inhalt hatte.  An der Fachtagung nahmen auch Vertreter der Deutsch-Baltischen Gesellschaft und der deutschen Minderheit im Baltikum teil.

Das komplette Programm der Tagung finden Sie hier

Mehr als 25 Wissenschaftler aus Deutschland, Estland, Lettland und Litauen beleuchteten in Vorträgen und Diskussionen die vielfältigen kulturellen und institutionellen Beziehungen zwischen Deutschland und den baltischen Staaten. Im Zentrum standen die kulturellen, literarischen und medialen Austauschprozesse sowie deren Einfluss auf die identitätsstiftenden und politischen Entwicklungen in der Region. Die historische Spannweite umfasste dabei die Ereignisse der beiden Weltkriege, die Nationalbewegungen der baltischen Staaten und die Umsiedlungen deutsch-baltischer Bevölkerungsgruppen. Deutsche, jüdische und russische Einflüsse in der Region sowie die Entwicklung der Begrifflichkeit, welche geografischen Gebiete das Baltikum im Wandel der Zeit umfasste und heute umfasst wurden ebenfalls behandelt.

Zur Eröffnung der Tagung begrüßte Petra Kirner, Kreispräsidentin des Kreises Ostholstein, die Gäste. Anja Sierks-Pfaff, Geschäftsführerin der Stiftung Eutiner Landesbibliothek betonte die Relevanz des kulturellen Erbes und die Rolle ihrer Stiftung als Förderin solcher Dialoge. Thomas Konhäuser, wiss. Leiter und Geschäftsführer der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen erinnerte an die historische Rolle der Deutschbalten als Kulturvermittler und die Möglichkeiten der Nutbarmachung des deutschen kulturellen Erbes für grenzüberschreitende Verständigung und Zusammenarbeit im Geiste eines gemeinsamen Europas , während Andreas Hansen, Bundesvorsitzender der Deutsch-Baltischen Gesellschaft, hob die Bedeutung der wissenschaftlichen Forschung hin um kultur- und zeithistorische Zusammenhänge, auch im politischen Kontext zur Gegenwart, im Baltikum zu verstehen. Zum Abschluss sprach Prof. Dr. Axel E. Walter, Leiter der Eutiner Landesbibliothek, und unterstrich die Bedeutung der Konferenz als Plattform für neue Perspektiven auf die deutsch-baltischen Beziehungen.

Geschäftsführer Konhäuser übereichte zu Tagungsbeginn Prof. Walter und Frau Sierks-Paff eine Dankurkunde für 5 Jahre Zusammenarbeit in Wissenschaft und Forschung zwischen der Kulturstiftung und der Eutiner Landesbibliothek.

Urkundenüberreichung, v.l.: Prof. Dr. Axel E. Walter, Leiter der Eutiner Landesbibliothek, Thomas Konhäuser, Geschäftsführer der Kulturstiftung, Anja Sierks-Pfaff, Geschäftsführerin der Kulturstiftung Eutiner Landesbobliothek

Die Vorträge und Diskussionen führten die Teilnehmenden durch ein dichtes Netzwerk transnationaler Beziehungen. Mit Themen wie der Darstellung baltischer Motive in der Reiseliteratur und der Zusammenarbeit baltisch-deutscher Kulturinstitutionen im 20. Jahrhundert wurde die Tagung ihrem Anspruch gerecht, die kulturellen Interaktionen in dieser wenig erforschten Region differenziert darzustellen. Unter anderem verschaffte die Fachtagung auch einen Überblick über baltische Nationalepen und Sängerfeste, die im 19. Jahrhundert sowohl die deutschbaltische als auch die estnische Presse prägten. Ein weiterer Schwerpunkt lag auf der Rolle der Übersetzung als Mittel der nationalen Emanzipation in der estnischen Literatur.

Die Veranstaltung endete mit einer kulturhistorischen Analyse, die die Erkenntnisse der Konferenz zusammenfassten und neue Forschungsfragen formulierten.

Im Rahmen der Fachtagung fanden auch Programmpunkte für eine interessierte Öffentlichkeit statt, darunter ein öffentlicher Vortrag von Prof. Dr. Karsten Brüggemann, der das Baltikum aus russisch-sowjetischer Perspektive als potenziellen „Brückenkopf des Imperialismus“ beschrieb. Weiterer Höhepunkt war die Vorführung des Films „Pelnu sanatorija“ des lettischen Regisseurs Dāvis Sīmanis, der zuvor einen Fachvortrag zu seinem Film hielt.

Insgesamt schloss die Fachtagung Forschungslücken, trug nachhaltig zur grenzüberschreitenden Vernetzung von Wissenschaftlern bei und setzte wertvolle Impulse für die zukünftige Forschung zu den deutsch-baltischen Kulturbeziehungen.