Biographie

Huber, Richard

Herkunft: Sudeten (Böhmen u. Mähren, österr. Schlesien)
Beruf: Jurist und Sammler
* 19. August 1860 in Karolinenthal/ Böhmen
† 27. November 1920 in Reichenberg

Richard Huber wurde am 19. August 1860 als jüngstes von acht Kindern in eine Fabrikanten-Familie in Karolinenthal geboren. Der Vater Salomon Huber und dessen Brüder waren erst in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts aus dem Kanton Zürich nach Böhmen gekommen.

Richard absolvierte 1883 das Obergymnasium Leitmeritz und widmete sich dann bis 1888 dem Studium der Rechtswissenschaften in Prag. Er sammelte praktische Erfahrungen ebenfalls unter anderem in Prag, bevor er 1893 die Richteramtsprüfung beim Kreisgericht Eger ablegte. Nach weiteren Stationen in Karlsbad, Arnau und Töplitz trat er 1902 seinen Dienst beim Kreisgericht Reichenberg an. Einige Dienstjahre verbrachte er an den Bezirksgerichten in Ronsperg und in Gablonz, bevor er 1911 zum Oberlandesgerichtsrat in Reichenberg ernannt wurde.

Seit seiner Kindheit war er leidenschaftlicher Sammler, seit 1907 sammelte er Gebrauchszinn. Auf ausgedehnten Reisen be­suchte er Museen in Österreich, Deutschland und Siebenbürgen, um sich Wissen zu den veschiedenen Zinnformen anzueignen. Besonders intensiv beschäftigte er sich mit den Zinngießern in Siebenbürgen. In mehreren Städten studierte er Zunftbücher und Kirchenmatrikeln, um die Namen, Wirkungszeiten und Meisterzeichen der Zinngießer zusammenzustellen. Seine umfangreichen Studien der Zinnmarken ließ er vom Lithographen Gustav Oertel zeichnen. Zuletzt arbeitete er im Herbst 1918 in Hermannstadt an einer Schrift über das Siebenbürgische Zinngießerhandwerk, als am 2. November die Revolution ausbrach. Seine Aufzeichnungen fielen dem Raubüberfall einer Béla-Kun-Bande zum Opfer. Die erneute Erstellung wurde durch Grenzschließungen verhindert. Richard Huber starb am 27. November 1920 in Reichenberg.

1936 gab sein Bruder, der Bauingenieur Ulrich Huber (siehe OGT 2016, S. 160), mit Gustav Oertel einen Teil seines Konzepts und vorhandene Zeichnungen heraus. Neben Tafeln zu Zinnmarken, Zinnproben, Gefäßformen, Kronstädter und Hermanstädter Protokollbüchern und einem allgemeinen Zinngießermeister-Verzeichnis enthält das Buch das Bestandsverzeichnis der 784 Stück umfassenden Sammlung des Richard Huber. Ulrich Huber sandte kurz vor seinem Tod Ende August 1941 die gesamte Zinnsammlung in zwölf Kisten an die Staatliche Gemäldegalerie Dresden, wo sie begutachtet und als handwerklich und entwicklungsgeschichtlich von Interesse be­wertet wurde. Die Provinienz jedes einzelnen Stücks der vielseitigen Sammlung wurde ja bereits durch das 1936 gedruckte Bestandsverzeichnis nachgewiesen. Von Dresden wurde sie ans Staatliche Museum für Volkskunde in Berlin weitergeleitet. Am 8. Oktober 1941 wurde das Museum Besitzer der „Zinnsammlung Huber“, die in die Sammlung von deutschem Handwerksgut integriert werden sollte. Dazu kam es nicht, denn die Sammlung wurde wahrscheinlich in einem Magazingebäude gelagert, in das in den letzten Kriegstagen eine Bombe fiel.

Quellen: Personalnachrichten, in: Verordnungsblatt des k. k. Justizministeriums, XX. Jg., Wien 31.5.1904, S. 184. – Der Ministerpräsident als Leiter des Justizministeriums hat ernannt, in: Reichenberger Zeitung. Organ für die deutsch-nationale Partei in Böhmen, 45. Jg., Beilage zu Nr. 202, Abend-Ausgabe, S. 2. – Personalnachrichten, in: Verordnungsblatt des k. k. Justizministeriums, XX. Jg., Wien 31.8.1904, S. 263. – (Sterbefall) in: Reichenberger Zeitung. Tagblatt für das deutsche Volk in Böhmen, 61. Jg., Beilage zu Nr. 276, Abend-Ausgabe, 29.11.1920, S. 3. – Ulrich Huber/ Gustav Oertel, Siebenbürgisch-sächsisches und anderes Zinn. Die Altzinnsammlung von OGR. Richard Huber, † 1920. Reichenberg (Gebrüder Stiepel) 1936, 300 S.

Lit.: Siebenbürgisch-sächsisches und anderes Zinn, in: Reichenberger Zeitung. Tagblatt für das deutsche Volk in der Tschechoslowakei, 77. Jg., Nr. 209, 6.9.1936, S. 25. – Auf der Suche nach der größten siebenbürgischen Zinnsammlung. Kostbare sächsische Stücke überall begehrt, in Siebenbürgische Zeitung. Das Blatt der Landsmannschaften der Siebenbürger Sachsen, 28. Jg., 30.4.1978, Folge Nr. 7. – Mitteilungen der Staatliche Museen zu Berlin – Stiftung Preußischer Kulturbesitz vom Juli 2019.

Normdatensatz (GND): http://d-nb.info/gnd/140861564.

Bild: Siebenbürgisch-sächsisches und anderes Zinn, s.o.

Stephanie Glagla-Dietz